Wirtschaftsnews - & Kolumne - 03.02.11 Kongo: Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Es gibt weltweit nur wenige Länder, die über vergleichbar viele Bodenschätze wie die Demokratische Republik Kongo verfügen. Dennoch rangiert das Land unter den zehn ärmsten Staaten der Welt.
EMFIS sprach mit I.E. Clementine Shakembo Kamanga, der Botschafterin der Demokratischen Republik Kongo, über die Probleme des Landes, die Vorurteile des Westens und über die Perspektiven für Investoren.
EMFIS: Exzellenz, die Demokratische Republik Kongo gilt als das an Bodenschätzen und natürlichen Ressourcen reichste Land in Afrika, und zählt trotzdem zu den 10 ärmsten Ländern dieser Erde? Wie passt das zusammen?
Clementine Shakembo Kamanga: Man muss dies historisch sehen. Unser Land wurde 150 Jahre lang ausgebeutet. Die Landwirtschaft wurde auf die Kautschuk- und Baumwollgewinnung reduziert; die Bauern unter Androhung der Todesstrafe gezwungen, ihr Augenmerk ausschließlich darauf zu richten. Seit unserer Unabhängigkeit 1960 wurde das nicht wesentlich besser. Unser Land wurde von den USA zum Bollwerk gegen den Kommunismus und die Sowjetunion aufgerüstet. Es wurden kolonial-ähnliche Machtstrukturen zementiert, die jede Entwicklung behinderten. Am Fortschritt und dem Wohlergehen der Bevölkerung hatte man gar kein Interesse. Das Ergebnis ist, dass trotz der vielfältigen Ressourcen die Bevölkerung und das Land arm sind.
EMFIS: Wem kommt denn der Reichtum an Bodenschätzen zugute - einer kleinen Minderheit? Die Korruption soll ja gerade in Ihrem Land stark blühen.
Clementine Shakembo Kamanga: Unsere Regierung arbeitet mit Nachdruck daran, dass der natürliche Reichtum unseres Landes der Bevölkerung zugute kommt. Die Demokratische Republik Kongo hat viele Fortschritte gerade auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung gemacht. Das sollte die Weltöffentlichkeit zur Kenntnis nehmen. Zunächst ist es so, dass Korruption auch bei uns ein Straftatbestand ist und verfolgt wird. Und trifft es nicht auch zu, dass zur Korruption immer zwei gehören - einer der besticht und einer, der sich bestechen lässt? Warum meinen denn gerade die Interessensvertreter aus den reichen Staaten, dass sie immer mit Geld winken müssten. Sind die Produkte oder Dienstleistungen so schlecht, dass man sie uns nur so verkaufen kann?
Seit Beginn der Regierung unseres Präsidenten Josef Kabila Kabange wird alles getan, um die Korruption zu bekämpfen. Nehmen Sie als Beispiel die Bezahlung unseres Staates für die Schürfrechte, die wir an die Chinesen verkauft haben. Wir werden dafür von China in Naturalien, sprich in Form des Straßenausbaus von Kinshasa nach Kisangani im Osten bezahlt. Unser Außenminister Alexis Thambwe Mwamba hat hier bereits viel bewirkt. Freilich ist auch noch viel zu tun.
EMFIS: Wenn man ?Kongo? hört, denkt man automatisch an Bürgerkrieg und marodierende Armeeteile. Das ist nicht gerade ein gutes Umfeld für Investments.
Clementine Shakembo Kamanga: Wenn in Sizilien eine Mordserie der Mafia die Leute entsetzt, sprechen Sie dann auch von einem ?Bürgerkrieg in Europa?? Wir haben im Kongo Banden, die ? getrieben von der Gier nach Reichtum ? in die Ostprovinzen einfallen, denn dort werden die begehrten seltenen Erden gefördert. Diese Banden werden von selbsternannten Generälen geführt. Das ist aber kein Bürgerkrieg, sondern Bandenkriminalität, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Und unsere Regierung hat genau das getan. Unsere Außenminister Thambwe Mwamba war es wiederum, der ein Abkommen zwischen den ehemals verfeindeten Staaten Demokratische Republik Kongo, Ruanda und Uganda herbeigeführt hat. Seitdem gehen die drei Staaten jetzt gemeinsam gegen diese Banden vor, und bieten ihnen keinen Unterschlupf mehr. Dadurch soll der Rückzugsraum für diese Kriminellen versperrt werden.
Man muss aber auch endlich damit aufhören, die Missstände, die wir in der Nach-Mobutu-Zeit hatten, ständig auch heute noch überall zu sehen, obwohl diese Gespenster längst der Vergangenheit angehören. Die letzten Unruhestifter, wie etwa Herrn Bemba, hat mein Land nach Den Haag zum internationalen Gerichtshof überstellt. Mir sind umgekehrt Länder in Ost-Europa bekannt, die sich noch heute mit der Auslieferung von Kriegsverbrechern schwer tun.
Und wenn im Kongo einzelne unserer Soldaten marodieren, was in jeder Armee vorkommen kann, dann werden sie vor Gericht gestellt und abgeurteilt. Es ist aber unverantwortlich, der kongolesischen Armee Gräueltaten in die Schuhe zu schieben. Dies geschieht meistens von Leuten, die noch nicht einmal die Uniformen der Armee und der kriminellen Banden auseinander halten können.
EMFIS: Wollen Sie uns damit sagen, dass die Demokratische Republik Kongo jetzt ein friedliches und freundliches Land ist?
Clementine Shakembo Kamanga: In meinem Land sind die Menschen friedlich. Die Stürme der Nach-Kolonial-Zeit und der Nach-Mobutu-Zeit gehören der Vergangenheit an. Es gibt auch keine militanten Religionsgruppen. Die meisten Kongolesen gehören christlichen Religionen an, und sind fest in diesen Glaubensrichtungen verwurzelt.
Überhaupt denken die Kongolesen wie die Europäer. Unsere Eliten sind im frankophonen Europa ausgebildet, zunehmend aber auch in Großbritannien, in den USA und auch in Deutschland. Französisch ist bekanntermaßen unsere Staatssprache, aber auch English wird gesprochen. Wir verfügen über eine wachsende Zahl von gut ausgebildeten jungen Menschen, auch in den Provinzen. Unsere Eliten kommen wieder ins Land zurück, und übernehmen Positionen im Staat, an den Universitäten, in der Industrie oder im Bauwesen.
Natürlich gibt es viel zu verbessern, gerade in den ländlichen Regionen. Hier setzen wir auf die Hilfe unserer internationalen Partner, aber auch auf unsere eigenen Fähigkeiten und Bemühungen. Ich glaube aber, dass die Deutschen wissen sollten, dass hier genügend gebildete und ausgebildete Manpower für Projekte zur Verfügung steht.
EMFIS: Was würden Sie meinen, wären für ambitionierte und risikofreudige Investoren in Ihrem Land die idealen Felder?
Clementine Shakembo Kamanga: Mir fallen da spontan fünf Gebiete ein, und zwar die Energiewirtschaft, die Landwirtschaft, der Transportsektor, der Spezialtourismus und der Bildungssektor.
EMFIS: Könnten Sie das näher erläutern?
Clementine Shakembo Kamanga: Alle Welt spricht von dem Gigantprojekt ?Desertec? - die Sonnenkraftwerke in der Wüste zur Stromerzeugung für Europa. Wir haben den Kongo, einen der wasserreichsten Flüsse der Welt. Der Kongo treibt die Turbinen eines Wasserkraftwerkes in Inga an. Pläne für den Ausbau Inga 3 und Inga 4 liegen seit ein paar Jahren vor. Mit der Kraft des Kongo-Stroms könnte man ganz Zentralafrika mit ökologisch einwandfreiem Strom versorgen, und damit einen Strommarkt von mehr als 300 Millionen Menschen. Dies ist sicher ein Großprojekt, aber gemessen an den Kosten für Desertec sind die Investitionskosten sehr gering.
Unsere Landwirtschaft bedarf dringend einer Modernisierung. Das ist eine Chance für Landwirte aus Europa. Unser Staat, soweit er Eigentümer ist, stellt das Land auf Erbpacht zu Verfügung, immer auf 30 Jahre mit Verlängerung. Natürlich können die Unternehmer auch Land von privat kaufen. Wäre es nicht reizvoll für einen unternehmerisch denkenden Landwirt, ein Gut von 5000 Hektar zu betrieben? Der Boden ist fruchtbar, die Niederschläge ausreichend und die Märkte liegen vor der Tür.
Auch im Transportbereich lassen sich Vermögen machen. Wenn die Straße von Kinshasa nach Kisangani fertig ist, dann sind das 1500 Kilometer. Und die Menschen im Osten brauchen die Güter, die im Westen im Seehafen Banana angelandet werden. Das kann entweder mit dem LKW oder mit Frachtschiffen erfolgen. Der Kongo ist schiffbar ab Kinshasa stromaufwärts - ein riesiger Markt mit enormen Wachstumschancen.
Auch im Spezialtourismus lässt sich Geld verdienen, wir haben viel Natur und eine unberührte Pflanzen- und Tierwelt. Das sind lohnende Ziele für den individuellen Reisenden.
Bei der Bildung geht es natürlich nicht so sehr ums Geldverdienen, sondern um die Zusammenarbeit auf vielen Gebieten der Wissenschaft. Freilich kann die Grundlagen- und Spezialforschung in den afrikanischen Tropen vielleicht auch eine Basis für zukünftige Geschäfte sein.
EMFIS: Und wie sieht es mit Rohstoffen aus?
Clementine Shakembo Kamanga: Natürlich gibt es auch die. Noch lange sind nicht alle Vorkommen an Gold, Diamanten Öl oder seltenen Erden bekannt, geschwiege denn ausgebeutet. Auch hier eröffnet sich für Investoren ein riesiges Feld.
EMFIS: Muss man Angst um seine Gesundheit haben, wenn man den Kongo besucht?
Clementine Shakembo Kamanga: Die Demokratische Republik Kongo ist ein tropisches Land. Natürlich haben wir mit Abstand nicht die medizinische Versorgung, die Sie hier in Europa gewöhnt sind. Es gibt die bekannten Tropenkrankheiten. Aber als Europäer kann man sich doch entsprechend schützen, und sich impfen lassen nach den Empfehlungen der WHO.
EMFIS: Also gibt es für Investoren interessante Ansätze?
Clementine Shakembo Kamanga: Ja, kommen Sie uns besuchen; Sie werden keines der üblichen Vorurteile bestätigt finden. In Afrika ist die Demokratische Republik Kongo das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
EMFIS: Exzellenz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Die Demokratische Republik Kongo ist nach dem Sudan und Algerien das flächenmäßig drittgrößte Land Afrikas. Im Gegensatz zu den beiden anderen Ländern gibt es dort aber keine Wüsten; das Land ist sehr wasserreich. Die Fläche des Staatsgebiets ist mehr als sechsmal so groß wie Deutschland; die West-Ost-Ausdehnung beträgt 1900 Kilometer und die Nord-Süd-Ausdehnung sogar 2100 Kilometer. Auf Europa projiziert, würde das Land von der Nordspitze Dänemarks bis nach Palermo, und vom ehemaligen Ostpreußen bis nach Galizien in Westspanien reichen.
Die Demokratische Republik Kongo war bis 1960 belgische Kolonie. Zu unterscheiden ist der Nachbarstaat, die Republik Kongo - früher eine französische Kolonie, auch Kongo-Brazzaville genannt. Das Staatsgebiet der Republik Kongo umfasst nur rund 15 Prozent der Demokratischen Republik Kongo.
Die Währung des Landes ist der Kongolesische Franc (CFR), der zum US-Dollar referenziert ist. Das Bankensystem ist flächendeckend ausgebaut.
Quelle: EMFIS.COM, Autor: (gh)
http://www.rohstoffe-go.de/index.php?id=771&tx_asiabeitrag2_? ----------- Greeny
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