Interview mit Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management.
https://www.vdi-nachrichten.com/technik/automobil/...chwieriges-jahr/
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Kann es sein, dass Autohersteller im Zuge der Elektromobilität ganz andere Zulieferer benötigen, als die, die sie vielleicht seit Jahrzehnten hatten?
Ja, das ist Teil der Transformation. Viele Teile für Verbrenner werden weniger oder gar nicht mehr benötigt. Zulieferer, die in diesem Spektrum unterwegs sind, müssen mit Umsatzverlusten rechnen. Und mit allem rund um die Batteriezelle ? dem Teil eines E-Fahrzeugs mit der höchsten Wertschöpfung ? kommen eben ganz neue Player ins Spiel. Und unter den Top Ten der weltweit größten Batteriezelllieferanten ist kein einziges europäisches Unternehmen. Dieser Markt wird vor allem von chinesischen Firmen wie CATL und BYD sowie von koreanischen und japanischen Zulieferern dominiert.
Bei ZF stehen dem Vernehmen nach 12 000 Stellen auf dem Spiel, bei Conti 6000, bei Bosch 3500 usw.. Sind das die, den Elektromobilitätstrend etwas verschlafen haben?
Nein, das würde ich nicht sagen. Hier schlägt eben durch, dass durch den Transformationsprozess weniger Arbeitskräfte gebraucht werden. ZF ist ein Paradebeispiel dafür, dass ein Zulieferer, der erstklassige Getriebe für Verbrennerfahrzeuge baut, nun vor dem Problem seht, dass ein Elektrofahrzeug im Grunde genommen gar kein Getriebe benötigt. Daher benötigt ZF nicht mehr so viele Beschäftigte. Hinzu kommt bei vielen Zulieferern wie ZF oder Conti eine hohe Verschuldung und die hohen Zinsen drücken zusätzlich. Langfristig mache ich mir bei beiden keine Sorgen, aber es kommt eben zum Stellenabbau. Das ist ein Transformationsprozess, der lange vorhersehbar war und der jetzt ? wenn auch schmerzhaft ? abgelesen werden kann in Beschäftigungsrückgängen.
Aber ist es für Sie nicht ein Alarmsignal, wenn ein Zulieferer wie Bosch 1500 Stellen im Bereich Forschung & Entwicklung abbauen will?
Das würde ich jetzt noch nicht so hoch bewerten. Auch Microsoft, Alphabet und andere Big-Tech-Player bauen Arbeitsplätze ab. Aber es zeigt im Grunde, dass innovationsstarke Unternehmen wie Bosch, aber auch Conti oder ZF nicht umhinkommen, Personalkosten einzusparen. Was man früher durch starkes Wachstum in anderen Feldern noch kompensieren konnte, das geht eben jetzt nicht mehr, weil die Wettbewerbsintensität mittlerweile sehr groß ist. Eben auch durch neue Player, die hinzukommen. Vor 15 Jahren sprach in der Autoindustrie niemand von Unternehmen wie Nvidia, Microsoft oder Alphabet, jetzt sind sie nicht mehr wegzudenken und machen einen großen Teil der Innovation und Wertschöpfung aus.
Wie können den neuen Playern unter den Zulieferern denn Paroli geboten werden?
Das geht nicht von heute auf morgen, denn diese neuen Wettbewerber haben in ihren Feldern größere Erfahrungen. Es müssen schnell neue Kompetenzen erlernt, neue Kooperationen geschlossen werden und es braucht teilweise einen kulturellen Wandel, um in diesem Aufholkampf zu bestehen, eine Art Angreifermentalität ist hier notwendig.
In welchen Bereichen haben Automobilhersteller und Zulieferer akuten Nachholbedarf?
Die Baustellen sind eigentlich bekannt. Da ist zum Beispiel das große Feld der Vernetzung. Bei vielen Hersteller wird das softwaredefinierte Fahrzeug gerade erst mal aufgebaut. Das kann Tesla besser, vielleicht sogar der eine oder andere chinesische Autobauer. Bei dem Thema spielt auch KI eine ganz zentrale Rolle und die damit zusammenhängenden, vernetzten Dienstleistungen, um den Kunden Mehrwerte zu bieten. Aber auch hier müssen die neue Geschäftsfelder erst entwickelt werden.
Und wo sind deutsche Autobauer und Zulieferer gut?
Es gibt viele Felder, in denen die deutschen Unternehmen gut sind, und es sind nicht nur die klassischen Felder des Fahrzeugbaus. Bei Fahrerassistenzsystemen und beim Autonomen Fahren Level 3, dem Autobahnpilot, mischen deutsche Unternehmen ganz vorne mit. In diesem Feld muss man jetzt versuchen, in die Breite zu gehen, da geht es um Skalierung.
Bei der VW-Softwaretochter Cariad sollen rund ein Drittel der 6500 Mitarbeitenden gehen. Was ist das schief gelaufen, wo doch Software im Auto eine immer wichtigere Rolle einnimmt?
Die organisatorische Entwicklung und prozessuale Einbindung von Cariad in Volkswagen hat überhaupt nicht funktioniert. Man kann nicht einfach nur Koordinatoren einstellen und Köpfe zählen. Und die eigentliche Arbeit machen dann irgendwelche Dienstleister. Gerade im Softwarebereich heißt es nicht: ?Wenn du doppelt so viele Leute einstellst, geht es doppelt so schnell?. Das Gegenteil ist oft der Fall. Das ging bei Volkswagen schief und jetzt wird dort konsolidiert.
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