Man könnte schreien vor Zorn! Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland wird wahrscheinlich bald die Fünf-Millionen-Grenze erreichen. Ganze Jahrgänge von gut und teuer ausgebildeten Hochschulabsolventen beginnen ihre berufliche Karriere deprimiert in den Wartezimmern der Arbeitsämter. Nahezu 40 000 Unternehmen werden dieses Jahr in den Konkurs gehen. Namhafte Konzerne planen aus Kostengründen ihren Exodus aus Deutschland, was hierzulande den Verlust weiterer Arbeitsplätze zur Folge haben wird.
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist es mithin längst 5 nach 12 Uhr, doch gleichzeitig läuft eine Handvoll linker Träumer Amok gegen diesen Staat.
Aufgeheizt von einem verantwortungslosen Politikrentner namens Lafontaine und lautstark unterstützt von verschreckten Gewerkschaftsfunktionären, die um ihre Macht bangen, wagen sich einige Ewig-Gestrige aus ihren sozialistischen Ruinen, um die deutsche Gegenwart heimzuholen in die scheinbar verblichene DDR.
Mit den sehnsüchtigen Erinnerungen an einen bankrotten Sozialismus, der für eine kollektive Rundumversorgung seiner Mitbürger in allen Lebenslagen stand, wird nun ein Regierungsprogramm bekämpft, das - zwar reichlich verspätet und zu zaghaft - den Staat als Selbstbedienungsladen zugunsten einer Gesellschaft verändern will, die zuerst auf die eigene Verantwortung setzt und nur im Notfall nach öffentlicher Hilfe ruft.
An den Wurzeln der "deutschen Krankheit" ansetzenMit seiner Agenda 2010 ist Bundeskanzler Schröder endlich in der deutschen Realität angekommen. Im Zeitalter der Globalisierung und einer modernen Dienstleistungsgesellschaft ist der Sozialstaat deutscher Lesart nicht mehr überlebensfähig, weil nicht mehr bezahlbar. Zu Recht will Schröders Regierungsprogramm dort ansetzen, wo die Wurzeln der deutschen Krankheit liegen:
- Beispielsweise beim Moloch Sozialstaat, der sich bislang nur um die Verteilung der Mittel, kaum aber um ihre Entstehung kümmert. Der unter dem Vorwand allumfassender Gerechtigkeit in aller Form zum Missbrauch einlädt. So werden nach jüngsten Erkenntnissen jährlich Milliarden Euro an Scheinarbeitslose vergeudet.
- Bei einer Arbeitsmarktregulierung, die nicht zuletzt dem Machterhalt einzelner Gewerkschaftsfunktionäre dient, den Arbeitssuchenden aber in seiner Arbeitslosigkeit einmauert
- Bei den explodierenden Lohnnebenkosten, die dem Beschäftigten fälschlich, vielleicht gar bewusst irreführend, als Arbeitgeberanteil "verkauft" werden. Wiesen die Arbeitgeber auf den Lohn- oder Gehaltsabrechnungen das tatsächliche Bruttogehalt ihrer Beschäftigten aus, würde das Gerede von der paritätischen Finanzierung der Sozialabgaben schnell als reine Augenwischerei enttarnt.
- Bei der gesetzlichen Altersversorgung. Der Vorschlag der Rürup-Kommission, das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre heraufzusetzen macht durchaus Sinn, selbst wenn der tatsächliche Rentenbeginn eher unter 60 denn bei 65 Jahren liegt, würde doch ein vorzeitiger Ruhestand durch Abschläge bei den Rentenbezügen berücksichtigt, die freilich höher ausfallen müssten als die derzeitigen Abschläge, auch wenn dies älteren Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern, die vom Vorruhestand profitiert haben, nicht unbedingt gefallen dürfte. Dadurch würden aber die Lohnnebenkosten sinken, was am Ende wiederum zu höheren Rentenanpassungen führt.
Reformen müssen nicht unsozial seinEs ist richtig, dass dieses Konzept zu finanziellen Einbußen bei vielen Bundesbürgern führen wird. Jede Kürzung von Zahlungen, seien es nun staatliche Zuschüsse oder Subventionen, wird irgendeinem Teil der Bevölkerung etwas nehmen. Aber das ist, angesichts der leeren Kassen dieses Staates, schließlich der Zweck der angestrebten Reformen. Und das muss nicht einmal unbedingt unsozial sein. Im Gegenteil! Indem die Wucherungen des deutschen Sozialstaates herausgeschnitten werden, bleiben dem Staat mehr Mittel, den wirklich Bedürftigen zu helfen. Durch niedrigere Lohnnebenkosten und geringere Abgaben wird in Deutschland der Aufbau neuer, zumindest der Erhalt bestehender Arbeitsplätze attraktiver. Dadurch wird die Arbeitslosigkeit abgebaut und gleichzeitig der Staat von Ausgaben für die Arbeitslosen entlastet werden, zugunsten anderer Aufgaben. Durch die Möglichkeit, sich unterhalb der geltenden Tarife zu verdingen, erhält der Arbeitslose eine bessere Chance, der höchst unsozialen Langzeitarbeitslosigkeit zu entkommen.
Dass diese Überlegungen von vielen Gewerkschaftsfunktionären als Kahlschlag verteufelt werden, kann niemanden verwundern, verstehen sich doch die DGB-Gewerkschaften zuerst und vor allem als Lobbyisten der Arbeitsplatzbesitzer, profitieren sie doch im Grunde von der Angst vor einer drohenden Arbeitslosigkeit. Aus dieser Angst könnten ihnen neue Mitglieder erwachsen, derer sie dringend bedürfen, um sich in der heraufdämmernden Dienstleistungsgesellschaft überhaupt noch eine Überlebenschance ausrechnen zu können. Schließlich signalisieren die abnehmenden Mitgliederzahlen den stetigen Bedeutungsverlust der Gewerkschaftsbewegung in einer Dienstleistungsgesellschaft, die verstärkt auf Individualismus setzt und kaum noch auf Kollektivismus. Auch für die Linken in der SPD sind das offenbar abscheuliche Aussichten.
Selbstgerechte Maßlosigkeit im Kampf gegen ReformenInsofern ist es im Grunde auch verständlich, dass Gewerkschafter und Sozialisten gegen die Reformpläne des Kanzlers die Straße mobilisieren und - so unglaublich es klingen mag - aus jeder Pleite eines Unternehmens auch noch ihren Honig saugen. Kann man doch verängstigte Bürger leichter zum Kampf für die soziale Gerechtigkeit - was ist eigentlich sozial und was gerecht? - hinter roten Fahnen versammeln, Steuergelder für unsinnige Konjunkturprogramme und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen freipressen oder für fragwürdige Umschulungs- und Förderprogramme, die tunlichst von gewerkschaftsnahen Einrichtungen angeboten werden.
So profitieren diese "guten Menschen" letztlich sogar noch von dem Zusammenbruch der Wirtschaft, den sie in ihrer selbstgerechten Maßlosigkeit mit verursacht haben.
Finanzieren könnte man ja diesen Wohlfahrtsstaat über höhere Abgaben und Steuern "der da oben", wer immer das sein mag und was immer es tatsächlich bringen mag. Kein Wunder, dass jeden Tag eine neue "Steuersau" durchs Dorf getrieben wird, um dann doch einer immer noch vorhandenen Restgröße von Vernunft im Regierungslager wieder zum Opfer zu fallen. Und wenn alle Stricke reißen, dann muss der Staat halt mehr Schulden machen. Wenn dadurch die Inflation, eine wahrhaftig unsoziale Erscheinung, wieder zum Leben erweckt werden würde, wäre das auch kein Beinbruch. Höhere Preise führen dann eben zu steigenden Lohnforderungen und machen die Gewerkschaftsbewegung wieder attraktiv.
Zum Skandal aber wächst sich diese absurde Reformblockade aus, wenn die Gewerkschaftsbewegung Arm in Arm mit den Sozialisten in der SPD auf die Straße geht und die Macht der Regierung für sich proklamiert. Dabei ist nicht der Versuch der Einflussnahme der eigentliche Skandal, sondern die Tatsache, dass eine demokratisch bestimmte Regierung offenkundig bereit ist, diesen Strömungen ein offenes Ohr zu gewähren. Leidvolle Erinnerungen werden wach.
Zukunft aller Bundesbürger wird aufs Spiel gesetztWas der Kanzler als innerparteilichen Wahlkampf um die Zustimmung zu seiner Agenda 2010 verkündet, wird am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Kompromiss umgemünzt, der dieses Minimalprogramm weit in die Zukunft verschieben und bis zur Unwirksamkeit verwässern könnte. Weil 670 000 Genossen um den Verstand ringen, weil einzelne Gewerkschaftsfunktionäre um ihre Macht fürchten, wird die Zukunft aller Bundesbürger aufs Spiel gesetzt. In einem unseligen Drang zur Konsensgesellschaft gefangen, lässt sich diese demokratisch gewählte Bundesregierung , lassen wir uns alle in Geiselhaft nehmen von einer Minderheit, die mit ihren Pfeifen, roten Fahnen und Spruchbändern die Strassen und damit die Massenmedien bereits erobert haben.
Wenn sich die deutsche Mehrheit nicht sehr schnell ebenso lautstark zu Wort meldet und dem Kanzler bedeutet, dass er dem ganzen deutschen Volk verpflichtet ist und nicht nur seiner SPD mit ihren Wahlhelfern aus dem Gewerkschaftslager, dann kann man unserer Jugend nur empfehlen, ihre Zukunft außerhalb der deutschen Grenzen zu suchen, für viele Leistungsträger ist dies doch schon längst die Gegenwart.
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