Handelsblatt.com - Vorsorge + Anlage / Anlagestrategie Anlageexperten raten bei Morphosys zu Gewinnmitnahmen Donnerstag 18. November 2004, 09:43 Uhr Mit einem Kursplus von deutlich über 250 Prozent seit Jahresanfang gehört die Aktie des Biotechnologiekonzerns Morphosys zu den größten Gewinnern an der Börse. Analysten sehen das Unternehmen weiter auf dem richtigen Weg, äußern sich mit Blick auf den deutlichen Kursanstieg inzwischen aber immer skeptischer zu den Aussichten der Aktie.
HB DÜSSELDORF. Auslöser für deren Höhenflug war lange Zeit der Aufstieg in den deutschen Technologieindex TecDax. Zuletzt beflügelten außerdem überraschend gute Quartalsergebnisse den Kurs. „Vor allem die Zahlen zum dritten Quartal haben die Aktie noch einmal angetrieben“, sagt Hanns Frohnmeyer, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Diese positiven Nachrichten seien aber mittlerweile längst eingepreist, sagt Frohnmeyer.
Bei den aktuellen Kursen um die 40 Euro sprechen auch andere Anzeige Experten inzwischen von einer Überbewertung. „Der faire Wert liegt bei 35 Euro“, sagt beispielsweise Martin Possienke, Analyst beim Brokerhaus Equinet. Aus diesem Grund hat er vor wenigen Tagen die Aktie von „kaufen“ auf „halten“ herabgestuft. Insgesamt raten nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg zurzeit noch sechs von zwölf Analysten, die Morphosys (Xetra: 663200.DE - Nachrichten - Forum) -Aktien bewerten, zum Kauf der Papiere, fünf stufen sie mit „halten“ und einer gar mit „verkaufen“ ein. Dabei stand der Titel noch vor wenigen Wochen bei fast allen Experten auf der Liste der Kaufempfehlungen.
Doch dass die Aktie auf Dauer weitere Höchststände verzeichnen wird, gilt als unwahrscheinlich. „Zumindest fundamental wäre das nicht gerechtfertigt“, sagt Frohnmeyer. Auch er hat sein Anlageurteil für Morphosys-Titel erst kürzlich von „kaufen“ auf „halten“ gesenkt und beziffert das Kursziel auf 30 bis 35 Euro.
Anlass zur Vorsicht gibt auch die Tatsache, dass in den vergangenen vier Wochen hauptsächlich nur Gerüchte den Kurs bewegten. Vor rund einer Woche legte das Papier zeitweise über 13 Prozent zu, als am Markt erneut spekuliert wurde, dass Schering oder Novartis (Virt-X: NOVN.VX - Nachrichten) das Unternehmen übernehmen könnte. Die Pharmakonzerne vertiefen ihre Partnerschaften mit dem Biotech-Spezialisten seit Monaten. Schering hält zudem bereits über sechs Prozent der Morphosys-Anteile. Novartis ist mit fast zehn Prozent zweitgrößter Aktionär des Konzerns.
Eine Sprecherin von Novartis erteilte den Übernahmephantasien auf Anfrage des Handelsblatts allerdings einen Dämpfer. „Von unserer Seite ist in dieser Hinsicht nichts geplant.“ Schering wollte die Gerüchte nicht kommentieren.
„Eine Übernahme wäre zwar mit Sicherheit ein weiterer Kurstreiber“, sagt Possienke. Gleichzeitig rät der Analyst aber zur Vorsicht: „Die Morphosys-Aktie wurde schon oft von Spekulationen angetrieben und ist dann später eingebrochen“, sagt Possienke. Auch am Markt überwiegt mittlerweile die Skepsis. Seit dem plötzlichen Kurssprung in der Vorwoche hat sich die Aktie um rund 15 Prozent verbilligt und notiert wieder deutlich unter dem bisherigen Jahreshoch.
Auffällig sei die zuletzt hohe Zahl an kleineren Orders, sagt LBBW- Analyst Frohnmeyer. Dies deute darauf hin, dass fast nur noch Kleinanleger und Privatinvestoren versuchten, „auf den rollenden Zug aufzuspringen“. Institutionelle Investoren haben sich dagegen großteils aus dem Wert zurückgezogen. Gleiches rät Frohnmeyer Privatanlegern: „Sie sollten angesichts der bereits kräftigen Kursgewinne ruhig über Gewinnmitnahmen nachdenken.“
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