Rentenmarkt 2012: Unternehmen sind die besseren Staaten
Die Schuldenkrise in Europa und den USA hat das Vertrauen der Anleger in Staatsanleihen erschuettert. Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege fuer Privat- und Geschaeftskunden der Deutschen Bank, setzt 2012 verstaerkt auf Unternehmensan- leihen.
Europa muss sparen. Die Konsolidierung der Staatshaushalte wird die Wachstumsaussichten daempfen und zu einer struktu- rellen Anpassungskrise fuehren - so die Erwartung von Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege fuer Privat- und Ge- schaeftskunden der Deutschen Bank. Auch aus der Geldpolitik koennen keine massiven Impulse mehr kommen, da die Notenban- ken ihre Zinssaetze bereits deutlich gesenkt haben. Stephan erwartet deshalb 2012 einen Rueckgang der Wirtschaftsleistung des Euroraums auf minus 0,5 Prozent.
Bedeutet die Wachstumsschwaeche auch eine Gefahr fuer den Euro? Stephan ist zuversichtlich: "Die Schuldenkrise ist zwar noch nicht geloest, aber aus der Politik kommen positive Signale und die Europaeische Zentralbank spielt bei der Kri- senbewaeltigung eine konstruktive Rolle. Ich gehe davon aus, dass wir 2012 notwendige Reformen in den Eurolaendern sehen werden. Besonders Italien ist dabei von zentraler Bedeutung. Wir werden uns schrittweise an eine Fiskalunion annaehern, was die Maerkte beruhigen duerfte."
In der Schuldenkrise sind die Renditedifferenzen am Markt fuer europaeische Staatsanleihen extrem angestiegen. Dies bedeutet, dass Anleger fuer die Finanzierung von Peripherie- staaten wie Griechenland oder Portugal einen deutlich hoehe- ren Zinssatz erwarten als beim Kauf von Bundesanleihen. Auch Spanien und Italien muessen hoehere Zinsen zahlen. Gestiegene Zinsen stellen fuer die betroffenen Staaten ein Problem dar, weil ihre Haushalte mit hohen Zinszahlungen belastet werden. "Je mehr wir uns einer Loesung der Schuldenkrise naehern, umso mehr sollte sich der Markt fuer europaeische Staatsan- leihen aber normalisieren", sagt Stephan. "Die Kurse von Anleihen bonitaetsstarker Schuldner wie der Bundesrepublik duerften dann zunehmend unter Druck geraten. Ihre niedrige Verzinsung macht diese Papiere derzeit eher unattraktiv - nach Inflation und Steuern drohen Anlegern reale Verluste."
Aussichtsreiche Emittenten: Unternehmen und Schwellenlaender
Eine interessante Alternative stellen aus Sicht der Deutschen Bank Anleihen dar, die von Unternehmen ausgegeben werden. "Viele Unternehmensanleihen bieten aktuell eine gute Rendite, kombiniert mit Kurspotenzial", erklaert Stephan. Bonitaets- starke Unternehmen im Investment Grade Bereich weisen in der Regel gesunde Bilanzen und Finanzierungsstrukturen auf. Hoch- zins-Anleihen von Unternehmen schwaecherer Bonitaet bieten eine attraktive Verzinsung, dafuer aber ein hoeheres Ausfall- risiko. "Bleibt eine tiefe Rezession aus - wovon wir ausgehen - sind diese Papiere ebenfalls eine Ueberlegung wert", so Stephan.
Bei Staatsanleihen sieht der Anlagestratege Potenzial in den Schwellenlaendern. "Die Staatsverschuldung der Schwellenlaen- der liegt mit rund 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deut- lich niedriger als die der Industrienationen - und sie sollte weiter sinken. Solide Haushalte und eine relativ hohe Verzin- sung sprechen fuer Anleihen von Schuldnern aus den aufstre- benden Nationen, besonders aus Asien."
Fazit: Im Jahr 2012 duerften sich Unternehmen aus Sicht von Anlegern oft als die besseren Staaten erweisen. "Je nach den persoenlichen Zielen und Erwartungen", so Stephan, "sollte ein ausgewogenes Vermoegensportfolio fuer Privatanleger jetzt zu rund zwei Fuenfteln in Anleihen investiert sein. Papiere von Unternehmen und Schwellenlaendern duerfen innerhalb der Anlageklasse relativ hoch gewichtet werden."
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