Union greift Steinbrück an
Steffen Kampeter etwa, der Haushaltsexperte der CDU, nutzte Merkels Ausführungen für massive Attacken auf Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Kampeter warf dem SPD-Politiker in der "Frankfurter Rundschau" vor, mit seinen Enteignungsentwürfen die Menschen zu verunsichern. Erst einmal müsse die Bundesregierung klären, ob eine "Sanierungsübernahme" des angeschlagenen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate wirklich unvermeidlich sei. Steinbrück hatte die Verstaatlichung bereits zuvor ins Spiel gebracht. Seinen Plänen zufolge sollen Enteignungen strauchelnder Institute wie der HRE befristet bis zum 31. Dezember gegen Entschädigung möglich sein. Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des parlamentarischen Kontrollgremiums zur Überwachung des Banken-Rettungsschirms, Albert Rupprecht, forderte Steinbrück im rbb-Inforadio auf, für jene Banken, denen die Pleite droht, zunächst andere Varianten vorlegen.
Der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, sprach angesichts der Verstaatlichungspläne gar vor einer "Rutschbahn in die Staatswirtschaft". "Damit würden alle Grundlinien unserer Wirtschaftsordnung durchbrochen. Das wäre ein ordnungspolitischer Super-GAU, der Wirkungen weit über den konkreten Fall hinaus hätte", kritisierte Michelbach.
In letzter Konsequenz allerdings will sich die die Unions-Fraktion im Bundestag nicht gegen eine gesetzliche Regelung sperren, die die Übernahme eines notleidenden Instituts ermöglicht. Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU werde ein entsprechendes Gesetz "im Notfall" mittragen, erklärte deren finanzpolitischer Sprecher Otto Bernhardt im NDR-Inforadio. Kein Kreditinstitut dürfe in die Insolvenz gehen.
Einen solchen generellen Freibrief mochte Vize-Regierungssprecher Steg indes nicht ausstellen. Umso umfassender war die Garantie, die er für die Hypo Real Estate aussprach. "Das Institut hat systemische Relevanz für den gesamten Finanz- und Bankenmarkt", erklärte er. Der Bund werde deshalb einen Zusammenbruch mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern. Auch Steinbrücks Sprecher Thorsten Albig betonte, eine Belastung der Steuerzahler in nicht hinnehmbarer Größenordnung müsse verhindert werden.
Immerhin: Dass der Hypothekenfinanzierer nicht untergehen darf, davon ist die überwiegende Mehrheit überzeugt. Zu weit würden die Ausläufer des Bebens reichen, die ein Zusammenbruch auslösen würde. Schließlich zählt die HRE über ihre Tochter Depfa zu den größten Emittenten von Pfandbriefen, die als eine der sichersten Anlageformen überhaupt gelten, weil konkreter Immobilienbesitz als Sicherheit für die Rückzahlung dient. Würde jedoch die ausgebende Bank zusammenbrechen, wären die Pfandbriefe vom einen auf den anderen Tag wertlos. Millionen von Anlegern würden ihr Investment verlieren - die Wirkung einer HRE-Pleite wäre verheerend.
Auch eine effektive Kontrolle sieht Siekmann nicht sichergestellt, wenn Bund und die Finanzaufsicht BaFin die Führung der HRE übernähmen. Als Beleg für seine Skepsis führt er die Garantieerklärungen an, die der Bund zuvor für die HRE und andere Banken abgegeben hatte. "Im Gegenzug hätte man sich viel größere Kontrollbefugnisse zusichern lassen sollen, um sicherstellen zu können, dass das Geld vernünftig verwendet wird. Stattdessen ließen sich die zuständigen Stellen immer wieder von neuen schlechten Nachrichten überraschen."
Sollte aber die finanzielle Lage der HRE tatsächlich noch desolater sein, als bekannt, so könnte der Bund womöglich mit dem Grundgesetz in Konflikt geraten, wenn er die Existenz der Bank garantiert. "Die Verfassung fordert für ein solches Engagement, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit erfüllt ist", erklärt Siekmann. Im Klartext: Kosten und Nutzen der Rettungsaktion müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Eine Verstaatlichung der HRE hält er dagegen rein rechtlich für unproblematisch. "Die Verfassung sieht solche Möglichkeiten vor. Die Frage ist eher, ob es politisch gewollt ist."
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