Mittwoch, 9. November 2005 Wo die Erde eine Scheibe ist Kansas zieht Darwin in Zweifel
Der US-Bundesstaat Kansas ändert seinen Lehrplan für den Biologie-Unterricht. Auf Druck christlicher Fundamentalisten werden an den Schulen von Kansas künftig Zweifel an der Evolutionslehre zum Unterrichtsstoff gehören. Der Beschluss wurde vom zuständigen Gremium mit sechs zu vier Stimmen gefasst. Die Ideologie der religiösen Rechten, dass sich die Natur nicht durch Evolution allein entwickelt, sondern von höherer Gewalt gelenkt wird, nennt sich "Intelligentes Design" (ID). Verfechter dieser Lehre feierten die Entscheidung von Kansas als großen Sieg. Auch wenn die Verfechter des Design-Konzepts religiöse Untertöne bewusst vermeiden, ließ der Schulrat keinen Zweifel an seiner Motivation. "Ein schlechter Tag für Atheisten", sagte Ratsmitglied John Bacon der Lokalzeitung "Capital-Journal". "Ein schlechter Tag für die Bildung in Kansas", meinte dagegen seine Kollegin Carol Rupe. Ein ähnlicher Vorstoß hatte sich in Kansas schon 1999 durchgesetzt, war aber nach der Abwahl mehrerer Schulräte wieder verworfen worden. Nach Angaben des Discovery-Instituts in Seattle, das die ID-Theorie propagiert, ist Kansas der fünfte Bundesstaat, der Zweifel an der Evolutionslehre nach Darwin in den Unterricht integriert. Mit Spannung erwarten Wissenschaftler das Urteil im ersten Prozess gegen die Design-Theorie, der vergangene Woche in Pennsylvania zu Ende ging. Der Richter will bis Ende des Jahres entscheiden, ob Schulräte gegen die Trennung von Staat und Kirche verstoßen, wenn sie Unterricht über die Design-Lehre anordnen. In manchen Bundesstaaten kleben schon Aufkleber auf Bio-Büchern mit Hinweisen wie diesem: "Die Evolutionstheorie reicht nicht aus, um den Ursprung des Lebens zu erklären." US-Präsident George W. Bush hat damit keine Schwierigkeiten. "Beide Seiten sollten gelehrt werden, damit die Leute verstehen, worum es geht", meinte er unlängst auf Reporterfragen. "Es ist Teil der Ausbildung, die Schüler verschiedenen Denkschulen auszusetzen." "Wir machen uns in der ganzen Welt lächerlich", sagte dagegen der ehemalige Präsident des angesehenen Wissenschaftsverbandes AAAS, Francisco Ayala, zur Entscheidung in Kansas. Auch die demokratische Gouverneurin des Bundesstaates, Kathleen Sebelius, kritisierte den Beschluss: "Wenn wir hochkarätige Arbeitsplätze in Kansas ansiedeln wollen, müssen wir die Wissenschaft fördern, nicht schwächen."
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