Falsche Töne
Sehr geehrter Anleger,
" Hochmut kommt vor dem Fall ", sagt bekanntlich der Volksmund. Wobei die wenigsten wissen werden, dass dieses Sprichwort - wie übrigens viele, die wir ohne Nachzudenken auf den Lippen tragen - aus der Bibel und dort aus dem Buch der Sprichwörter stammt. So heißt es in 16 ,18 : "Hoffart kommt vor dem Sturz und Hochmut kommt vor dem Fall. Besser bescheiden sein mit Demütigen, als Beute teilen mit Stolzen." Weise Worte, die nach der Finanzkrise aktueller sind denn je. Und so kann ich Ihnen als einer der die Bibel in jungen Jahren tatsächlich einmal ganz - also von vorn bis hinten durchgelesen hat - nur empfehlen sich zumindest das Kapitel " Buch der Sprichwörter " einmal zu Gemüte zu führen. Es lohnt sich. Und obwohl ich deshalb auch weiß, dass Schadensfreude keinen Deut besser als Hochmut ist, so lassen Sie mich dennoch auf diese Tiefebene hinabsteigen. Weil es einfach auch mal Freude macht, wenn man sieht, wie Große in ihrer Arroganz stolpern und man im Nachhinein doch Recht bekommt. Und so erinnere ich mich und Sie gerne immer wieder an meinen Ausspruch " Allianz der Geldvernichter ", mit dem sogar das Handelsblatt den Vorstandsvorsitzenden der Allianz konfrontierte und unter der Überschrift " Allianz erntet Beifall " in 2008 wiedergab. Weil ich der einzige Analyst auf weiter Flur war, der nicht der Schleimspur folgte. Sondern getreu dem biblischen Motto " An Ihren Früchten sollt ihr sie erkennen " einfach nur die Daten und Fakten zur Kenntnis nahmen. Wie z.B. das Dresdner Bank Desaster oder die Beteiligung an der Heidelberger Druck, die auch nicht gerade ein Highflyer war und ist. Von über 50 Euro in 2002 auf unter 8 Euro lässt an der Kunst der Geldanlage durch die Allianzer zweifeln. Wobei ich die Kirche im Dorf lassen will, da jedem Investor einmal ein Missgeschick passieren kann. Nur häufen die sich bei der Allianz eben. Aber obwohl ich das damals noch gar nicht wusste, gibt es wohl noch ein paar weitere ähnlich " heiße " Kandidaten im Portfolio der Allianz SE, bei der man angeblich doch so gut versichert sei. Und so verzeichnet der größte europäische Versicherungskonzern. kommend von einem Gewinn im Vorjahreszeitraum von +548 Mio. Euro- einen Verlust im Bereich " non-operating items " von -597 Mio. Euro, wozu offenbar Private Equity Investments und Wertberichtungen auf Firmenwerte zu verzeichnen waren. Und so eifert die Allianz dem großen Vorbild ihres Vorstandsvorsitzenden Herrn Dieckmann, der American International Group Inc. nach. Die hat nämlich auch eine Wertberichtigung auf den Firmenwert einer Tochter, die an die Met Life Inc. verhökert wurde, in Höhe von -2 ,7 Mrd. Dollar vornehmen müssen. Und so frage ich mich bei beiden, was die wohl noch so für Überraschungen in ihren Büchern haben. Und vor allem, frage ich mich, wieso solch hohe Wertberichtigungen auf Bewertungsansätze erst jetzt zu Tage treten? Wo die Krise doch am Auslaufen ist und der Markt schon wieder und nicht erst seit gestern nach oben geht? Übrigens legte nicht nur die Allianz, von über 170 Euro in 2007 auf jetzt um die 90 Euro den Rückwärtsgang ein. Sondern mit ihr auch eine ganze Menge von Analysten aus " renommierten " Häusern. So gehen wir doch zu dem Artikel im Handelsblatt zurück und schauen einmal, wer da was gesagt hat. Sie wissen ja das Motto lautet: " An ihren Früchten".. Spencer Horgan von der Deutsche Bank AG gratulierte Diekmann sogar und begeisterte sich so für die " strategische Logik " der Versicherung, dass er das Kursziel auf 144 bis 150 Euro anhob. Und nicht nur da lag er daneben. Das Risiko Investment-Banking " verringere sich deutlich " gab er auch noch von sich. James Quin von der Citigroup bestätige sein Kursziel von 138 Euro ebenfalls. Und die in der Krise nicht gerade vorbildlich zu nennende Ratingagentur Standard & Poors gefiel die Partnerschaft in der Vermögensverwaltung mit der Cominvest. Ob Sie ihr wohl immer noch gefällt? Jedenfalls ist heute - zwei Jahre später - der Kurs immer noch nur bei 90 Euro. Also knapp -40 % unter den Analystenschätzungen. So viel zum Wert von Analystenschätzungen aus den Zentralen von Großbanken und Ratingagenturen. Meine kritischen Anmerkungen zur Vermögensverwaltung (" Geldvernichtung ") und dem Investmentgeschäft wies Herr Diekmann damals bekanntlich zurück, weil die Deals nicht vergleichbar seien. Dass sein Kurs sich seit 2007- mal gerade halbiert hat und das Niveau von damals bei weitem nicht wieder aufholen konnte, wird er wohl diesmal nicht bestreiten wollen, oder? Wobei zur Ehrenrettung gesagt werden muss, dass die Allianz immerhin einen Gewinn von 1 ,02 Mrd. Euro machte. Wenngleich das ein Gewinnrückgang von -46 % ist. Und schön ist auch, dass die Analysten bezüglich der Allianz wieder positiv gestimmt sind und wieder ins gleiche Rohr blasen. War das eigentlich schon einmal anders? Und auch wenn wir im Verhältnis zur Allianz SE nur ein kleines und bescheidenes Unternehmen sind, so kommt es darauf gar nicht an. Denn die Schnellen fressen die Langsamen. Und die die genauer hinschauen, diejenigen die bedenkenlos wie und undifferenziert ins Rohr blasen. Möglicherweise mit der Hoffnung, dass die falschen Töne schon keiner hören wird. Und so sind wir/bin ich noch immer nicht positiv für die Allianz SE gestimmt. Weil ich eben auf Daten und Fakten Wert lege.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.
Ihr Norbert Lohrke
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