...und trotzdem störe ich sie jetzt mal kurz :-).
Guten Tag !
Ich habe Gesco schon seit Jahren in meinem Depot. Früher war der Anteil mal ziemlich groß, dann habe ich aber sukzessive den Bestand reduziert als Gesco in meinen Augen nahezu jede Dynamik verloren hat. Was meine ich damit?
Zunächst einmal gab es immer wieder Firmen, die in irgendeine Krise geraten sind - zuletzt waren es aus vollkommen unterschiedlichen Gründen Protomaster und MAE. Und immer wenn irgendeine Firma "abgetaucht" ist, hatte das erhebliche Auswirkungen auf den Gewinn. Die Reperaturen haben teilweise auch deutlich länger gedauert als man zunächst gedacht hat (bzw. bei Protomaster hat am Schluss nur noch der Verkauf geholfen, obwohl sich sogar der seinerzeitige Vorstand Dr. Mayrose in dem Unternehmen engagiert hatte). Jedenfalls waren die schönen EpS Reihen der Vergangenheit eben genau das "Vergangenheit".
Zweiter Grund für die in meinen Augenfehlende Dynamik war die äußerst restrektive Einkaufspolitik. Während ein Konkurrent wie Indus gleich reihenweise neue Beteiligungsunternehmen ins Portfolio aufgenommen hat, kam bei Gesco gar nix (und wenn man sich dann doch einmal aus der Deckung gewagt hat, wie bei Protomomaster ist es dann schief gegangen).
Und last but not least besteht bei Gesco mMn auch ein veritables Klumpenrisiko, weil Doerrenberg Edelstahl die mit Abstand größte Beteiligung der Gesco AG ist und alleine schon von daher eine große Abhängigkeit der Gesco von den Märkten der Doerrenberg besteht (auch deshalb war der sehr sparsame Ausbau des Portfolios nicht wirklich vorteilhaft, weil man diese Abhängigkeit von Doerrenberg ja nur dadurch beseitigen kann, dass man Mehrumsatz durch neue Beteiligungsunternehmen hinzukauft).
An dieser Sachlage hat sich in der Zwischenzeit nun auch nicht wirklich ALLES geändert. Dennoch stocke ich meinen Bestand derzeit wieder auf.
Bei Gesco hat mir immer die sehr konservative Bilanzierungspolitik gefallen. Man muss nur einmal den Ansatz der Firmenwerte in den Bilanzen von Gesco und dem ebenfalls börsennotierten Mitbewerber Indus vergleichen. Indus weist Firmenwerte von 428,5 Mio Euro aus - das entspricht in etwa 26% der Bilanzsumme und etwa 63% des ausgewiesenen Eigenkapitals. Bei Gesco werden nur 19,1 Mio Euro Firmenwert ausgewiesen; dies entspricht nur gut 4% der Bilanzsumme und 8,5% vom Eigenkapital - ganz andere Zahlen!
Wie kommen die zustande und was bewirken diese Unterschiede? Wenn eine Firma eine Beteiligung für einen bestimmten Kaufpreis erwirbt, dann wird dieser Kaufpreis auf die im Unternehmen vorhandenen Wirtschaftsgüter verteilt und anschließend auf eine bestimmte Nutzungsdauer abgeschrieben, was dann jeweils den Gewinn mindert. Nun gibt es Wirtschaftsgüter, deren Bewertung recht einfach ist. Eine Maschine hat einen bestimmten Gebrauchtwert, der sich in der Regel aus irgendwelchen Listen ergibt. Aber wie bewertet man z.B. den Kundenstamm eines Unternehmens? Hier gibt es schon Bewertungsspielräume. Alles was letztendlich nicht auf bestimmte Wirtschaftsgüter verteilt werden kann, landet letztlich im Firmenwertansatz der übernehmenden Gesellschaft. Gesco zahlt also für die von ihnen übernommenen Unternehmen also entweder ein deutlich geringeres Aufgeld oder schafft es, den Kaufpreis so zu verteilen, dass nicht annähernd so viel auf Firmenwerte gebucht werden muss wie Indus.
Ist das nicht eigentlich "pott wie Deckel"? Nein! Alle Wirtschaftsgüter eines Unternehmens (auch der Kundenstamm und die meisten anderen immateriellen Wirtschaftsgüter) werden auf eine bestimmten Zeitraum abgeschrieben und diese Abschreibungen mindern den Firmengewinn.
Der Firmenwert dagegen wird nicht so ohne Weiteres abgeschrieben sondern wird erst einmal am Ende des Wirtschaftsjahres überprüft. Und da fängt dann die Schwierigkeit für den Kleinaktionär an. Denn die Wirtschaftsprüfer gehen mit irgendwelchen Variablen in die Überprüfung der Werthaltigkeit des Firmenwerts, die von Außenstehenden eigentlich nicht überprüft werden können. Theoretisch kann es sein, dass ein Firmenwert nicht mehr werthaltig ist und abgeschrieben werden muss - meistens ergibt die Überprüfung aber in normalen Zeiten keinen Abschreibungsbedarf.
Folge: Das Unternehmen, das den Kaufpreis auf "normale Wirtschaftsgüter" verteilt, hat im laufenden Betrieb höhere Abschreibungen (und damit einen niedrigeren Gewinn), dafür aber auch das deutlich geringere Risiko, dass, z.B. in Phasen einer wirtschaftlichen Stagnation, die vielleicht in Boomzeiten gezahlten hohen Preise für eine Beteiligung sich in Form von außerplanmäßigen Firmenwertabschreibungen rächen. Zudem ist die Bilanz des Unternehmens, das nicht so exzessiv mit Firmenwerte arbeitet, für den Aktionär transparenter.
Da ich derzeit nicht ausschließen kann, dass sich das Konjunkturklima weltweit vielleicht etwas abkühlt, achte ich derzeit eben wieder verstärkt auf "konservativere Unternehmen", die nicht so große Risiken mit sich schleppen. Zudem hat Gesco (und das ist der zweite relavante Grund für meine Aufstockung) angedeutet, dass die ganz schlechten Zeiten vielleicht so langsam auch mal wieder vorbei sein könnten. Man hat zwar weiterhin kaum auf dem M&A Markt agiert (weil den Verantwortlichen die Unternehmen immer noch zu teuer und die Konkurrenz zu groß ist), investiert dafür aber inzwischen ordentlich in die bestehenden Beteiligungsunternehmen (das macht Indus allerdings auch!).
Dadurch haben sich die Kennziffern von Gesco, grade auch im Vergleich zu Indus, wieder deutlich verbessert. Für das laufende Jahr erwartet man ein EpS von etwa 2,50 Euro - das entspricht einem KGV von ca. 11. Wenn ich als Vergleich wieder Indus (dynamischer aber eben auch risikobehafteter wegen den hohen Firmenwerten- jedenfalls mMn) heranziehe, dann beträgt das KGV dort derzeit (auf der Basis der Schätzungen für das laufenden Jahr) bei über 14,5 !
Alles in allem bevorzuge ich derzeit die etwas "langweiligere" Gesco, weil diese günstiger bewertet ist und zusätzlich auch etwas weniger risikoaffin zu sein scheint.
Das sind aber natürlich alles nur meine persönlichen Überlegungen und keinesfalls Handlungsempfehlungen an andere Nutzer.
Ein schönes Wochenende allersseits.
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