Gerade gestern wurde wieder fundamental diskutiert hier im AZ. Es ging um das alte Thema der Zockerbanken, Bernanke, die Situation Amerikas. Und parallel lese ich ähnliches im BT; auch da wird immerzu erklärt, warum was nicht funktionieren kann, weil in den Jahren/Jahrzehnten zuvor etwas falsch gelaufen ist.
Platsch fragte ?was genau soll mir so ein Artikel konkret bringen in Sachen Entscheidungshilfe?? Das war eine rhetorische Frage, ganz klar.
Es ist dieses übliche Thema, dass Menschen (je älter sie werden) gerne nach hinten schauen ? ist ja auch einfacher, weil man dann erklären kann, was man hätte machen können. Der Wetterbericht über die letzten drei Tage wäre ja auch einfacher herzustellen und er würde stimmen. Maximal wird die Entwicklung der Vergangenheit als Trendextrapolation in die Zukunft verlängert.
Und wenn man mit dem Thema X mal recht hatte, wird es noch mal aufgewärmt als X 2.0, aber neue Erkenntnisse gibt das nicht.
Wenn man nicht weiß, was kommt, wenn man keine komplette Ahnung hat von der Zukunft, kann man zumindest Thesen aufstellen, die man einfacher ? da überschaubarer ? analysieren und diskutieren kann. Thesen kann man zu allem möglichen aufstellen. Ich will einfach nach Ländern/Regionen/Kontinenten vorgehen und zu jedem meine bescheidene, universaldilettantische Meinung kund tun.
USA Die Zeiten der Supermacht USA sind vorbei ? zumindest die Zeiten der unangefochtenen Supermacht. Ein Ende des Unilateralismus. Die USA leiden ? um ein Schlagwort aufzugreifen ? an imperialer Überdehnung. Das muss, das wird in den nächsten Jahren zurückgefahren werden. So wie aus der Position der Superbescheidenheit nach 1945 Deutschland in Jahrzehnten wieder ein normales Land wurde, wird die USA auch ein normales Land werden. Eine Abkopplung der Börsen ist zwangsläufig ? aber das dauert noch?
Europa Helmut Schmidt wurde vor vielen Jahren in den USA mal befragt, welche Länder/Regionen er für zukunftsfähig hält. Er hat trocken (und rauchend) geantwortet ?Europa und Asien?. ?Nicht die USA??, kam die Gegenfrage und der paffende Schmidt wartete kurz ab und sagt ? ?Nein, die USA nicht.? Es wurde viel gefaselt von einem pazifischen Zeitalter. Ich glaube da nicht daran. Mit der Euro-Einführung hat sich Europa in die Gruppe der Supermächte reinkatapultiert, mit dem A380 ein für die USA überaus schmerzhaftes Zeichen gesetzt. In den USA ? zumindest in den zivilisierten Städten ? ist Europa cool: Die Autos, die Modelabels ? ganz NY besteht nur aus europäischen Top-Brands ? ein paar Ausnahmen gibt es mit Marc Jacobs, Michael Kors und James Perse. Dieses Image und eine bestehende industrielle Basis und die Heterogenität sind eine gute Basis dafür, dass Europa als Kontinent, als ?Denkhaltung? nicht abgehängt wird.
Afrika Afrika ist für mich, wenn ich es mit der Zeit meines Studiums vergleiche eine riesige Überraschung: Schatten (noch) und sehr viel Licht. Der Maghreb hat eine unglaubliche Entwicklung hingelegt. Man kann erkennen, wie eine islamische, moderne Bürgergesellschaft aussehen könnte. Und in Schwarz-Afrika gibt es viele Hoffnung machende Entwicklungen. Letztlich auch dank der Rohstoffe und der Chinesen. Laut der alten Triade-Theorie nach Ohmae sollte jede entwickelte Region sich auch um einen Teil der dritten Welt kümmern. Für Europa hat er Afrika vorgesehen und wenn jetzt die Chinesen uns liebevoll dort in den Hinter treten, dass man da aus den Puschen kommt ? umso besser. Andererseits hat Ohmae auch vorgesehen, dass sich Nordamerika um Südamerika kümmern möge ? da war die spanisch/portugiesische Verwandtschaft doch stärker?
Deutschland Hier wird ein Thema langsam brennend: Der demographische Wandel. Die Arbeitslosenzahl sinkt rapide ? wir werden in diesem Jahr eine AL-Zahl von unter 3 Mio. sehen ? man stelle sich vor ? 2,xx Mio. Arbeitslose ? das hätte kaum einer in den letzten Jahren für möglich gehalten! Und das wird uns zwingen das Migrationsproblem, die Migrationschance anzugehen. Ich will nicht auf den Hetzer Sarazin eingehen ? muss man auch nicht. Aufgerüttelt hat mich ein Vergleich: In Hannover gehen überdurchschnittlich viele Türken aufs Gymnasium, in Berlin unterdurchschnittlich viele ? da steckt in dieser Migraten- oder Migratennachfolgegruppe ein riesiges Potenzial, dass man heben muss. Im Interesse dieser Mensch, im Interesse der Deutschen Volkswirtschaft.
Das war meine Sicht auf die Welt, wie ich sie mir zu Recht lege. Klar gibt es Probleme, Hindernisse, die auch ich sehe, aber ich weigere mich immerzu auf diese Banken, auf die Vergangenheit etc. zu blicken. Und mir ist bewusst, dass ich vieles weggelassen habe (Rohstoffe, Inflation, Währungen), aber auch hierzu habe ich meine Ideen.
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