Und ewig lockt der Pennystock könnte man leicht abgewandelt in Anspielung auf den legendären Kinoklassiker mit Brigitte Bardot formulieren.
Zu groß ist der Traum vieler Anleger vom schnellen Geld, um scheinbar profitablen Versuchungen widerstehen zu können. Diese Woche blieben diejenigen, die nicht rechtzeitig wieder verkauft hatten, gleich zweimal auf dem Schwarzen Peter bzw. hohen Verlusten sitzen.
Fall 1: Wizcom. Die Israelis sind ein typisches Hype-Unternehmen aus glorreichen Dot.com-Boomzeiten, deren Aktien unmittelbar nach der Erstnotiz im heißen Börsensommer 1999 einmalig einen Kurs jenseits der 20-Euro-Marke erreicht hatten.
Mit operativen Erfolgen konnte man diese Vorschusslorbeeren (Börsenbewertung im Hoch damals 240 Millionen Euro!) aber nie unterlegen. Der durch das IPO einmalig angehäufte Cashberg schmolz wie die viel zitierte Butter in der Sonne, so dass die Aktie seither einen stetigen Kursverfall bis auf nur noch 0,055 Euro im März 2009 hinter sich gebracht hatte. Von den brutto 48 Millionen Euro, die während des Börsengangs erlöst wurden (Ausgabe von vier Millionen Aktien zu 12,00 Euro am 12. März 1999), waren am 6. Juli 2009 gerade einmal noch 240.000 US-Dollar (ca. 169.000 Euro) übrig.
Trotzdem stieg der Kurs seit März im Zuge eines freundlicheren Gesamtmarkts wieder an. Zunächst moderat, und ohne dass jemand größere Notiz davon genommen hätte.
Nachdem Anfang Juni dann der Vorstand ausgetauscht worden war und den Aktionären in einer diesbezüglichen Pressemeldung wieder einmal mit inhaltslosem Blabla Hoffnung gemacht wurde (Vorstand Shimon Amouyal: "In jüngster Zeit wurden große Anstrengungen unternommen, um die Marktposition des Unternehmens zu verbessern. Diesen Weg plane ich konsequent weiter zu verfolgen..."), beschleunigte sich der Anstieg.
Von rund 20 Cent bis auf ein kurzfristiges Hoch bei 0,95 Euro am Montag dieser Woche unmittelbar nach Handelsbeginn, verfünffachte sich der Kurs in der Spitze - ohne dass irgendwelche Fakten aufgetaucht wären, die diesen Anstieg gerechtfertigt hätten.
Im Gegenteil: Der Quartalsbericht am 6. Juli enttäuschte wieder einmal. Der Umsatz sank von einem ohnehin niedrigen Niveau von 2,2 Millionen Euro um 23 Prozent auf 1,7 Millionen Euro. Der operative Verlust in Höhe von 146.000 US-Dollar konnte nur durch eine drastische Reduzierung der Personalkosten und geringere Mietkosten durch einen Umzug in kleinere Räume leicht reduziert werden. Dabei waren diese Maßnahmen wohl einzig und allein aus der Not geboren, weil dem Unternehmen schlicht das Geld auszugehen drohte.
*Der Schock folgt auf dem Fuße
Am Montag folgte dann der Schock auf dem Fuße: Unmittelbar nach Handelsschluss, am 27.07.2009 um 20:04 Uhr, meldete Wizcom, dass ein Lieferausfall die Produktion der "persönlichen, mobilen Scanner-Stifte, die Menschen beim Lesen und Bearbeiten von Texten unterstützen" bis auf Weiteres lahm lege. Dadurch könnten Bestellungen von "Anfang August bis Mitte September" nicht mehr bedient werden. Ein Liquiditätsengpass drohe. Mit anderen Worten: Es herrscht akute Insolvenzgefahr!
Die Reaktion des Kurses war entsprechend: Unmittelbar nach Handelsbeginn wurde am Dienstag ein vorübergehendes Tief von 0,38 Euro erreicht, nachdem der Schlusskurs am Vortag noch bei über 0,85 Euro gelegen hatte. Wieder einmal saßen die Johnny-come-latelys, die zu spät auf den Zug aufgesprungen waren, am Ende auf hohen Verlusten.
Ich kann nicht beurteilen, inwieweit tatsächlich der Lieferausfall beim Lieferanten einfach Pech für Wizcom war und inwieweit eigenes Verschulden die Ursache am Liquiditätsengpass ist bzw. welche Rolle die allgemeine Finanzkrise gespielt hat. Ich werde mich auch hüten hier meine persönliche Meinung oder Mutmaßungen zu verlautbaren. Das Ganze ist mir keinen Rechtsstreit wert.
Aber einige Sachen hinterlassen hier doch ein ganz besonderes "Gschmäckle" wie es in meiner schwäbischen Heimat heißt. Zufälligerweise setzte der erste heftige Abverkauf nach x-Gewinntagen in Folge exakt an diesem 27. Juli im vormittäglichen Handel ein. Nachdem der Hype bei 0,95 Euro seinen Höhepunkt erreicht hatte, wurden auf einmal ungewöhnlich große Stückzahlen auf den Markt geworfen und der Kurs innerhalb weniger Minuten von 0,95 bis auf 0,61 Euro gedrückt.
An diesem besagten 27. Juli hatten am Handelsende über 640.000 Wizcom-Aktien den Besitzer gewechselt. Soviel wie an keinem anderen Tag in diesem Jahr. Zum Handelsende hin wurde die Aktie dann wieder "hochgezogen", bei wesentlich geringerem Handelsvolumen.
Alles nur ein unglücklicher Zufall?
*Bitterer Beigeschmack
Mehr als unglücklich ist auf jeden Fall, dass ebenfalls am Abend dieses ominösen 27. Juli drei Meldungen über Insiderverkäufe veröffentlicht worden sind - um 17:05 Uhr, um 18:11 Uhr und um 18:37 Uhr. Dabei handelte es sich um Verkäufe des Großaktionärs Izakson Investment Ltd., die im Zeitraum zwischen dem 16. und 20. Juli 2009 durchgeführt worden sind. Dabei ging es zwar nur um einen erlösten Betrag von gut 20.000 Euro, trotzdem bleibt ein bitterer Beigeschmack. Man muss sich jedenfalls nicht wundern, wenn nun über verbotenen Insiderhandel spekuliert wird.
Wer sich vor einem Kauf der Aktie etwas näher mit dem Unternehmen beschäftigt hat bzw. hätte, bei dem wären gleich mehrere rote Warnleuchten angegangen:
Warnleuchte Nummer 1: Die Ergebnisse des ersten Quartals wurden erst mit deutlicher Verspätung am 6. Juli 2009 veröffentlicht, also nachdem auch das zweite Quartal bereits beendet war. Die Erfahrung zeigt: Das ist selten ein gutes Zeichen und deutet auf Probleme in der Firma hin!
Warnleuchte Nummer 2: Der CEO, also der Vorstandsvorsitzende, wurde ohne Angabe von Gründen ausgetauscht. Das deutet auf schwerwiegende Differenzen über die weitere strategische Ausrichtung oder sonstige Probleme hin.
Warnleuchte Nummer 3: Der CFO, also der Finanzvorstand, wurde ebenfalls ohne Angabe von Gründen ausgetauscht. Dito.
Warnleuchte Nummer 4: Der Wirtschaftsprüfer wurde ebenfalls ausgetauscht. Dito.
Ich habe nun schon mehrmals festgestellt, dass bei Unternehmen, die in akuten Schwierigkeiten sind, die Verantwortlichen das sinkende Schiff verlassen haben, kurz bevor es zum Komplettzusammenbruch gekommen ist. Dies dürfte auch Haftungshintergründe haben.
Warnleuchte Nummer 5: Das Unternehmen erwirtschaftete in den mir zur Verfügung stehenden Daten seit 2004 mit Ausnahme von 2006 nur Verluste: 2004 minus 850.000 Euro, 2005 minus 900.000 Euro, 2007 minus 180.000 Euro. 2008 dann der Rekordverlust mit minus 1,8 Millionen Euro. Dazwischen gab es 2006 nur einen Mini-Gewinn von 160.000 Euro.
Warnleuchte Nummer 6: Es gelang seit 2004 nicht, die Umsätze nachhaltig zu steigern. Für ein "Wachstumsunternehmen" in einer Zukunftstechnologie ist das ein äußerst schlechtes Zeichen.
Warnleuchte Nummer 7: Die Aktie notierte seit Herbst 2001 unter einem Euro, ein typischer Pennystock also. Die wenigsten Firmen schaffen nach solch einer langen Durststrecke nochmals ein Comeback.
Warnleuchte Nummer 8: Die Aktie wurde in einschlägig bekannten Börsenforen stark diskutiert und dabei allerlei Vermutungen gestreut, die andere Anleger zum Kauf animieren sollten. So wurde immer wieder gemutmaßt, die Wizcom-Technologie könnte für Handyhersteller interessant sein, um sie als neues Feature in Handys zu integrieren.
Fazit: Achten Sie auf solche Warnsignale und investieren Sie auf der Basis von handfesten, positiven Fakten wie Umsatz- und vor allem Gewinnsteigerungen und nicht auf Basis von Versprechungen oder Vermutungen.
Quelle:Geldanlage Report [info@geldanlage-report.de]
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