Welche Taktiken verfolgen Trolle? Und was ist ihr Ziel?
Während es den eigentlichen Internet-Trollen um Spaß am Stören gehe (Studien attestieren ihnen gar einen Hang zu Alltagssadismus), würden typische Troll-Taktiken inzwischen auch für ökonomische oder politische Ziele eingesetzt, bisweilen sogar von professionellen und industriefinanzierten Dienstleistern. Aber natürlich dürfe man, betont Huertas, nicht jede Kritik und jede unbequeme Nachfrage als das Werk eines Trolls abtun. Seiner Erfahrung nach jedoch zeige sich schnell (schon nach ein bis zwei Wortmeldungen), ob jemand ein ernsthaftes Diskussions- und Erkenntnisinteresse habe oder nicht. Denn die Markenzeichen von Trollen seien klar erkennbar:
Zitate werden aus dem Zusammenhang gerissen und/oder leicht verändert eine Replik bezieht sich nicht auf vorher Gesagtes, sondern beginnt ein völlig neues Thema das Betonen, man wolle "nur mal Fragen stellen" Behauptungen werden nicht durch Quellen belegt bzw. angegebene Quellen belegen in Wahrheit gar nicht das Behauptete persönliche Angriffe, Beleidigungen, Herabwürdigungen "Gish Galloping", die nach einem US-Kreationisten benannte Debattentaktik, sein Gegenüber mit so vielen Argumenten und Halbwahrheiten zu überschütten, dass er unmöglich auf alle antworten kann die Behauptung, zu wissen, was das Gegenüber "wirklich will" - statt auf dessen tatsächliche Aussagen einzugehen
Auch wenn es schwerfalle, mahnt Huertas, sollte man sich als Wissenschaftler oder Wissenschaftskommunikator von Troll-Angriffen nicht getroffen fühlen. "Unsere instinktive Reaktion ist, sich zu verteidigen." Doch bevor man dies (wenn überhaupt) tut, solle man sich zuallererst bewusstmachen, was ein Troll beabsichtige:
die Zielperson soll glauben, sie stehe vor einem großen und bedeutsamen Publikum schlecht da durch das Schaffen einer negativen und gehässigen Stimmung soll das Gegenüber dazu gebracht werden, nur noch zögerlich seine Positionen zu vertreten die Zielperson soll ärgerlich und wütend werden und die Fassung verlieren und zu emotionalen Antworten verleitet werden
Sollte man reagieren? Falls ja, wie? 1. Ignorieren - Bei den meisten Trollen gelte auch für Wissenschaftskommunikatoren das eingangs erwähnte Grundmotto, das Füttern zu unterlassen. Bekomme ein Troll keine Aufmerksamkeit, wende er sich in der Regel sehr schnell anderen Themen oder Personen zu.
2. Blockieren - Mit Blick auf Twitter, Facebook oder den Kommentarbereich eines Online-Blogs sagt Huertas salopp: "Die Block-Buttons gibt's nicht ohne Grund." Mit einem Klick darauf, versperre man Trollen ganz einfach ihren Sendekanal. "Jemanden zu blockieren, ist keine Zensur und auch kein Eingeständnis einer Niederlage - es ist schlicht ein Filter, so wie wir uns ja auch nicht jede Fernsehshow anschauen."
3. Sich kurzfassen - "Mit einem Troll zu argumentieren, ist wie ein Ringkampf mit einem Schwein", schreibt Huertas. "Beide werden dreckig, und dem Schwein macht es Spaß." Deshalb solle man, hält man tatsächlich eine Reaktion für notwendig, strikt darauf achten, sich in keine Diskussion hineinziehen zu lassen. Sondern nur einmalig antworten und die Replik so knapp wie möglich fassen: "Hallo, das habe ich nicht gemeint, aber danke für den Hinweis" oder "Das kann man sicherlich so sehen, danke" oder "Davon habe ich auch schon gehört, hier ist ein Link dazu ..." Überhaupt sei es ziemlich elegant, einfach mit einem passenden Link zu antworten. "Trolle lesen nicht wirklich Links, denn dies würde aufrichtige Neugier voraussetzen. Deshalb ist dies meist das Ende der Konversation."
4. Generalantwort bereitstellen - Falls man tatsächlich immer und immer wieder und zu einem spezifischen Thema oder gar öffentlichkeitswirksam angegangen wird, dann sollte man eine grundsätzliche Replik verfassen. Diese sollte man an einem Ort ins Internet stellen, den man selbst kontrolliert (auf einer eigenen Website oder der seines Instituts o.ä.). Damit ist sichergestellt, dass man seine Argumente in selbstgewählter Form, Länge und Reihenfolge und vor allem ohne destruktive Unterbrechung darlegen kann. Dort können auch Hintergründe zum Konflikt geschildert werden. Vor allem spart man sich, immer wieder und auf verschiedenen Plattformen Entgegnungen verfassen zu müssen. Es genügt jeweils das Posten eines Links zur Generalantwort - und dieser Link kann bei Bedarf auch an Journalisten oder andere Personen gesandt werden, die auf den Konflikt aufmerksam werden. Als Beispiel für eine solche Entgegnung verweist Huertas auf die Website des Ökonomen Frank Ackerman zu fortgesetzten Vorwürfen des Fachkollegen Richard Tol.
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