Susanne Osthoff Tapfer und eigensinnig
Susanne Osthoff muss eine besondere Frau sein. Glaubt man denen, die sie kennen, ist sie tapfer, mutig, und tatkräftig. Um im Irak zu helfen, ließ sie sogar den Kontakt zur Heimat und zur Familie weitgehend abreißen. Die Archäologin, die den Irak und seine Menschen als junge Studentin kennen und lieben lernte, lebte ganz ihre Aufgabe - und sie missachtete Gefahren, um helfen zu können. Das Bild der Susanne Osthoff setzt sich aus vielen Facetten zusammen. Die Studentin der vorderasiatischen Archäologie und Semitistik schrieb eine Magisterarbeit mit dem Titel "Der Spiegel im Vorderen Orient", unternahm mehrere Studien- und Ausgrabungsreisen in die Türkei, nach Syrien, Tunesien, Jordanien, Algerien, Marokko, Ägypten, in den Irak und den Jemen und durchquerte zwei Mal mit dem Motorrad die Sahara. In den 90er-Jahren konvertierte Osthoff zum Islam, heiratete einen Jordanier, von dem sie inzwischen wieder geschieden ist. Aus dieser Ehe ging eine heute zwölfjährige Tochter hervor, die seit der Scheidung in Deutschland lebt. Osthoff selbst lebte bis zu ihrer Entführung teilweise im Irak, teilweise in Deutschland. In Glonn, einem Dorf westlich von München, in dem sie einige Jahre lebte, ist Osthoff den meisten Menschen kein Begriff, obgleich die 43-Jährige eine gewisse Bekanntheit erlangte. 2003 erhielt die unermüdliche Helferin einen Preis für Zivilcourage. Im Frühjahr desselben Jahres war sie, mit dem Lkw voller Medikamente von Damaskus kommend, die erste Privatperson aus dem Westen, die kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner Bagdad erreichte. Der Glonner Bürgermeister Martin Esterl lernte Susanne Osthoff im März 2003 kennen, als sie mit einem alten VW-Transporter zu der Hilfslieferung in den Irak aufbrach. Bis obenhin voll gestopft mit Medikamenten und Lebensmitteln sei das Fahrzeug gewesen. "Es hat mich sehr beeindruckt, mit welcher Zielstrebigkeit und Konsequenz sie ihre Ziele verfolgt hat. Ich hatte den Eindruck, dass sie niemand von ihrem Ziel abbringen konnte", sagte Esterl. Vier Jahre lang habe sie in Glonn gewohnt. Am Dorfleben habe sie nicht teilgenommen. Der Archäologie-Experte Roger Atwood, mit dem sie im altbabylonischen Isin südlich von Bagdad unter Einsatz ihres Lebens die alten Ausgrabungsstätten ihres Studiums besuchte, nannte sie "die tapferste Frau, die ich jemals erlebt habe". Osthoff selbst war nur traurig, weil sie das Grabungsfeld kaum wiedererkennen konnte. Zu brutal hatten Plünderer gewütet. Kaum Kontakt zur Familie Die Archäologin, Helferin und Krankenschwester ohne Ausbildung ist gebürtige Münchnerin und nimmt es hin, dass die Familie wenig Verständnis für ihre gewagten und von manchem als eigensinnig empfundenen Aktionen hat: "Die wollten, dass ich bei Aldi arbeite", beschwerte sie sich im März 2004 in einem Interview. Ihre Mutter Ingrid Hala sagte nach Bekanntwerden der Entführung, sie habe ihre Tochter fast fünf Jahre nicht mehr gesehen. Auch Osthoffs Schwester Anja, die zusammen mit der Mutter einen bewegenden Appell über den arabischen Nachrichtensender al-Dschasira an die Entführer richtete, hat sie mehrere Jahre nicht mehr gesehen. Der Onkel der Freigelassenen, Peter Osthoff, hatte "schon immer im Hinterstüberl gehabt, dass so was passieren kann". Denn sie habe immer gefährliche Sachen gemacht. "Mit der gesamten Verwandtschaft hat sie fast keinen Kontakt mehr gehabt." Der Onkel weiß nicht einmal, wo Susanne Osthoffs Tochter lebt. "Sie müsste in einem Internat sein, was man so gehört hat", sagte Peter Osthoff.
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