bet. Moskau ⋅ Eine Buchungskorrektur verhilft der russischen Gazprom im ersten Quartal zu einem ansprechenden Ergebnis. Der weltgrösste Erdgaskonzern, der traditionell spät seine Geschäftszahlen vorlegt, weist für Januar bis März einen Anstieg des Umsatzes um 19% gegenüber der Vorjahresperiode auf 1461 Mrd. Rbl. (40,8 Mrd. Fr.) aus. Unter dem Strich verbleibt ein mit umgerechnet 10,7 Mrd. Fr. um 5% höherer Reingewinn, wie Gazprom am Dienstag mitteilte. Rund ein Drittel des Umsatzanstieges hat Gazprom einer Neubewertung der Preisnachlässe für seine europäischen Grosskunden zu verdanken: Vor einem Jahr musste der Konzern, der sein Erdgas über langfristige Verträge und an die Erdölnotiz gekoppelte Preise verkauft, Rabatte über 2,2 Mrd. Fr. als Umsatzminderung verbuchen. Weil nach der jüngsten Verhandlungsrunde die im ersten Quartal 2013 fälligen Preisnachlässe niedriger ausfielen als erwartet, kann der Konzern diesmal 2,1 Mrd. Fr. zu seinem Umsatz hinzufügen. Man habe zuvor mit dem schlimmsten Szenario kalkuliert, hiess es auf Nachfrage, und dieses sei nicht eingetreten.
Dieser Effekt stärkt das Europa-Geschäft, wo Gazprom knapp die Hälfte seines Erlöses aus dem Verkauf von Erdgas erzielte. Es hat sich von allen drei Absatzgebieten im ersten Quartal am besten entwickelt. Die verkauften Volumina in den ehemaligen Sowjetrepubliken und im Inland sind hingegen gesunken; in Russland ist Gazproms Marktanteil von 80% im Jahr 2008 auf nun geschätzt 71% geschrumpft. Doch nach Europa und in die Türkei verkaufte Gazprom aufgrund des kalten Winters und des Auffüllbedarfs der leeren Speicher mit 45 Mrd. m³ rund 6% mehr Erdgas als im Vorjahresquartal. Der Verkaufspreis legte auf umgerechnet 390 $ je 1000 m³ ebenfalls leicht zu. Für Europa und die Türkei strebt der russische Riese in diesem Jahr eine um 9% höhere Verkaufsmenge an. Ihm kommt dabei zupass, dass der alte Kontinent weniger verflüssigtes Erdgas (LNG) importiert, weil die Lieferungen nach Asien gelenkt werden, wo LNG höhere Preise erzielt.
Nachdem Gazprom im Jahr 2012 rund 4% weniger Erdgas nach Europa geliefert hat, sieht die Welt dort nun etwas freundlicher aus. Für das laufende Jahr rechnet der Konzern mit deutlich geringeren Preisnachlässen im Umfang von weniger als 840 Mio. Fr., auch wenn er im Juli ein vielbeachtetes Schiedsverfahren gegen die deutsche RWE um die Zulässigkeit seiner Verträge verloren hat. In den übrigen Märkten bleibt der Konzern unter Druck: In Russland ist er aufgrund des gestiegenen Wettbewerbs sogar bereit, in neuen Verträgen für hiesige Grosskunden keine Abnahmeverpflichtungen («Take or pay») mehr festzuschreiben. In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres förderte Gazprom mit 304 Mrd. m³ zwar 71% allen russischen Erdgases, aber knapp 4% weniger als im Vorjahreszeitraum. Ende Juni gab der Konzern an, er erwarte für das Gesamtjahr einen Rückgang des Reingewinns um ein Zehntel.
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