Staat verkauft Telekom-Aktien an Finanzinvestor
Amerikanischer Beteiligungsfonds Blackstone erwirbt Aktienpaket von 4,5 Prozent
bü./da./hap. BONN/FRANKFURT, 24. April. Die amerikanische Beteiligungsgesellschaft Blackstone wird Großaktionär der Deutschen Telekom. Sie hat von der staatseigenen KfW-Bankengruppe für 2,68Milliarden Euro T-Aktien gekauft und kommt auf einen Kapitalanteil von 4,5 Prozent. Somit hat erstmals ein ausländischer Private-Equity-Fonds eine größere Beteiligung an einem Unternehmen des Deutschen Aktienindex erworben. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bezeichnete den Verkauf des Aktienpaketes als konsequenten Schritt zur Privatisierung der Telekom. Man habe einen strategischen Investor gewonnen, "der an langfristiger Wertsteigerung und Wertschöpfung interessiert ist". Damit setzte sich Steinbrück deutlich vom früheren SPD-Vorsitzenden und jetzigen Vizekanzler Franz Müntefering ab. Der hatte Beteiligungsgesellschaften und Hedge-Fonds als "Heuschrecken" verunglimpft. Müntefering wollte sich nicht zu dem aktuellen Geschäft äußern.
Der Aktienverkauf bringt dem Bund nach Angaben des Finanzministeriums keine zusätzlichen Einnahmen. Die Erlöse aus den Aktien waren bereits bei der früheren Übertragung an die KfW verbucht worden. Allerdings macht die Transaktion den Weg frei, damit der Staat weitere Anteilscheine für eine spätere Plazierung am Kapitalmarkt bei der KfW unterbringen kann. Steinbrück rechnet damit eher im kommenden als im laufenden Jahr. Im nächsten Jahr will er die Nettokreditaufnahme unter den Investitionsausgaben halten, wie es das Grundgesetz vorsieht.
Auf die im Rahmen des Stabilitätspakts zulässige Defizitquote wirken sich Privatisierungserlöse nicht aus. Der Bund hält 15,2 Prozent der Telekom-Aktien. Weitere 17,3 Prozent liegen jetzt noch bei der KfW. Sie wird mindestens ein Jahr lang keine weiteren Anteile abgeben. Auch der Bund wird direkt keine Aktien plazieren. Solange die KfW Aktien der Telekom hält, sollen die Titel vereinbarungsgemäß ausschließlich über die staatseigene Bank plaziert werden.
Der in der KfW zuständige Generalbevollmächtigte Günther Bräunig sagte dieser Zeitung, die Bank müsse mit ihren Finanzierungsformen mit dem Markt gehen und das tun, was gerade "en vogue" sei. Private-Equity-Gesellschaften bündelten inzwischen Geld solcher Investoren, die früher derartige Angebote direkt angenommen hätten. "Die Anlegerseite ändert sich, darauf müssen wir uns einstellen", sagte Bräunig. Der Zeitpunkt zum Verkauf an einen privaten Investor sei günstig, der erzielte Preis liege leicht über dem Börsenkurs, und die KfW bleibe zudem größter Anteilseigner - alles prima, findet Bräunig. Die Telekom wertete den Einstieg als Vertrauensbeweis für den Konzern, den Analysten vor allem wegen des bröckelnden Festnetzgeschäftes unter Druck sehen.
Blackstone hat sich verpflichtet, seine Telekom-Aktien mindestens zwei Jahre lang zu halten. (btw: die KfW muß auch noch 1 Jahr halten)
Pläne, den Aktienbesitz weiter aufzustocken, gibt es bislang nicht. Die Börse reagierte mit einem Kursgewinn von zeitweise fast 5 Prozent auf das Geschäft. Blackstone-Gründer und -Vorstandschef Stephen Schwarzmann lobte die Telekom als "hervorragendes Unternehmen mit einem starken Management sowie attraktiven Kennzahlen und Marktchancen". "Auch die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland beurteilen wir positiv", sagte er.
Nach Angaben der Telekom sind mit anderen potentiellen Investoren ebenfalls Gespräche geführt worden. In Finanzkreisen verlautete, dabei habe es sich um eine Gruppe von Finanzinvestoren gehandelt, die gemeinsam einen weitaus höheren Anteil erwerben wollten als Blackstone. Dagegen habe sich aber die Bundesregierung gesperrt.
Blackstone strebt nun eine Vertretung im Aufsichtsrat an, um direkten Einfluß auf die Geschäftspolitik der Telekom zu bekommen. Ziel sei es, "eine Strategie der langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes umzusetzen, die allen Anteilseignern zugute kommt", sagte Schwarzmann. Als wahrscheinlichster Kandidat für den Aufsichtsrat wird Lawrence Guffey gehandelt, der für Beteiligungen im Medien- und Kommunikationsmarkt verantwortlich ist. Der ehemalige Telekom-Chef Ron Sommer, der Blackstone seit zwei Jahren berät, werde nicht in das Gremium gehen. Die Forderung nach einem Sitz im Aufsichtsrat bezeichnete der Telekom-Sprecher als "legitimen Wunsch" des neuen Großaktionärs.
Für die Hauptversammlung in der kommenden Woche, bei der eine ganze Reihe von Neubesetzungen des Kontrollgremiums auf der Tagesordnung steht, kommt die Personalie zu spät. Für eine Nachnominierung müßte ein anderer Vertreter der Eignerseite den Posten räumen. Der Aufsichtsrat werde sich mit dem Thema zu gegebener Zeit beschäftigen, sagte der Sprecher. Im Umfeld des Unternehmens rechnet man damit, daß der Großaktionär auf eine beschleunigte Verringerung der Personalkosten dringen könnte. Bisheriges Ziel der Telekom ist es, sich bis 2008 von 32000 Mitarbeitern zu trennen.
Ein Finanzinvestor für die Telekom, Seite 16
Text: F.A.Z., 25.04.2006, Nr. 96 / Seite 13 MfG kiiwii
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