Meine Gedanken dazu: Für beide Unternehmen wurden durch die Einigung Risiken abgewendet, Apple hat nun 6 (+2?) Jahre Ruhe und Planungssicherheit, Qualcomm ebenfalls.
Dass, wie in vielen Medien betont, Qualcomm sich durchgesetzt hat, obwohl die Rahmenbedingungen für die Einigung nicht bekannt sind, halte ich für gewagt. Man einigt sich, wenn beide aus der Einigung Vorteile ziehen. Und anzunehmen, dass Qualcomm sich vollständig durchgesetzt hätte, würde mich sehr wundern.
Dass Qualcomm für die Modem Chips bezahlt werden musste, hat Apple nie abgestritten. Strittig war die Höhe der Zahlungen, und ob diese am Preis des iPhone Gerätes prozentual festgemacht werden dürfen.
Diesbezüglich bin ich zuversichtlich, dass bei diesem Punkt Apple sich durchgesetzt hat. Nur deswegen ging es ja aus Sicht von Apple.
Als Hauptgrund für das Settlement sehe ich Intels Rückzug aus dem Modem Geschäft für Smartphones.
Die entscheidende Frage ist meiner Meinung nach, ob Apple VORAB vom Intel CEO informiert wurde, dass Intel sich aus dem 5G Modem Geschäft zurückziehen will. Ich vermute, dass das so war - auch weil Intel in der Entwicklung um Jahre zurücklag, und nicht vor Ende 2020 5G Chips zu liefern in der Lage gewesen wäre.
Beides wäre denkbar:
A. Der neue Intel Chef will das Geschäft einstellen, und informiert Apple -> Settlement. Dann hätte Apple kaum noch eine Wahl gehabt, als ein Settlement anzustreben.
ODER
B. Apple informiert Intel, dass es ein Settlement anstrebt (evtl. mit der Begründung, dass Intel nicht liefert) -> Rückzug Intels aus 5G Modem Geschäft. Dann hat Apple sich gegen Intel entschieden, der größte Kunde für Intel bricht weg, und 5G Entwicklung wird eingestampft.
Ich halte A. zwar für realistischer, andererseits dürfte es Apple auch gewurmt haben, dass Intel in der Entwicklung zusehends mehr zurückliegt, und damit stieg der Druck für eine Einigung mit Qualcomm, wenn man 5G Modems verbauen will.
Es wurden zwar zwei andere Modem Hersteller erwähnt, u.a. Samsung, aber inwieweit diese die benötigten Stückzahlen liefern können, dürfte unklar sein, und Apple wird zweifellos wenig Interesse haben sich wieder in eine größere Abhängigkeit von Samsung zu begeben.
Ergo: die Einigung dürfte für Apple die sinnvollste Option gewesen sein, und die entscheidende Frage werden wir so schnell nicht beantwortet kriegen - zu welchen Bedingungen. Dass Qualcomm weiterhin an den Verkaufspreis der Geräte gebundene prozentuale Preise kriegen dürfte, halte ich für ausgeschlossen - dann wäre der Prozess weitergegangen, weil genau das für Apple nicht hinnehmbar war.
Nachwort: Hätte Qualcomm den Prozess verloren, wäre es wohl finanziell sehr stark angeschlagen gewesen, mit möglicherweise schlimmsten Konsequenzen. So gesehen, ist das erst mal ein Sieg.
ABER: Das Verfahren mit der FTC läuft noch, und sollte das gegen Qualcomm enden, könnte sich das heutige Settlement als Pyrrhussieg erweisen. Für diesen Fall dürfte es in dem Settlement sicherlich eine Klausel geben - und dann zahlt Apple definitiv nur die Preise, die die FTC als fair reasonable etc. also nach FRAND als angemessen ansieht.
Gut möglich, dass auch dieser Punkt bei Apple eine wichtige Rolle gespielt hat, und dass sie nun a. einerseits durch das Settlement die finanziellen Risiken des Geschworenen Verfahrens begrenzt haben, weil sie b. Anhaltspunkt haben, dass die FTC in ihrem Sinne entscheiden könnte - und sie durch die Hintertür am Ende sich doch durchgesetzt hätten.
Und dann würde es für Qualcomm wieder sehr, sehr eng werden. Denn dann dürften die anderen Smartphone Hersteller klingeln, und Rückzahlungen für zuvor unrechtmäßig hohe FRAND Patentzahlungen fordern.
Anders gesagt: das Damoklesschwert schwebt noch immer über Qualcomm ...
Apple hingegen hat nun erst mal 6 (+2) Jahre Planungssicherhet - UND könnte noch vom FTC Urteil profitieren.
So gesehen, ist das gestrige Settlement für Apple erst mal eine gute Sache.
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