Wirtschaftsprüfer ohne Wirkung Wenn Aktionäre den Geschäftsbericht ihres Unternehmens in den Händen halten, gilt der erste Blick meist dem Zahlenwerk. Schließlich ist die Bilanz die beste Informationsquelle, wenn es um die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage einer Gesellschaft geht. Hier finden sich die wichtigsten Daten und Fakten, geprüft und testiert von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Dass solche Testate keine Garantie für Korrektheit sind, wissen wir aus einigen schmerzhaften Erfahrungen. Prüfen die Profi-Kontrolleure doch lediglich, ob etwa einem Beleg über einen Zahlungsausgang auch eine nachvollziehbare Bestätigung über eine erhaltene Leistung gegenübersteht. Solange kein Verdacht besteht, wird nicht nach Hinweisen gesucht, ob das Geld vielleicht für völlig andere Zwecke genutzt wurde.
Trotzdem hat der „Alles-in-Ordnung-Stempel“ unter der Bilanz nichts von seiner Bedeutung verloren. Bereits die Androhung durch den Prüfer, ein Testat nur eingeschränkt zu erteilen, führt in der Regel zu hektischer Betriebsamkeit in der zuständigen Abteilung des betroffenen Unternehmens.
Umso überraschender ist es, einen Abschluss mit einem „Versagungsvermerk“ zu sehen. Damit verweigert der Abschlussprüfer dem Zahlenwerk aufgrund aus seiner Sicht gravierender Mängel seine Zustimmung. Noch erstaunlicher ist allerdings, dass diese Tatsache keinerlei Folgen hat.
Der Abschluss ist weder nichtig, noch aufgrund des nicht gegebenen Testats auf der Hauptversammlung anfechtbar. Das Unternehmen ist eben lediglich verpflichtet, einen Abschluss aufzustellen, prüfen zu lassen und festzustellen. Wie die Prüfung ausfällt ist dabei schlicht egal. Ein Versagungsvermerk hat also keine ernsthaften Folgen. Stellt sich die Frage, was die Arbeit der Abschlussprüfer unter solchen Voraussetzungen eigentlich wert ist.
Ulrich Hocker
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