Der Stadtrat hat gestern mit den Stimmen der rot-grünen Mehrheit die neue Zweitwohnungssteuer beschlossen. Die CSU, FDP und die Einzelkämpfer Christian Baretti und Norbert Feil stimmten gegen die neue Steuer, die zum 1. Februar greifen und pro Jahr etwa zwölf Millionen Euro einbringen soll.
Weil die Vorlage mit der neuen Satzung nicht wenigstens vor, sondern erst während der Sitzung verteilt wurde, kündigte die CSU rechtliche Schritte an. OB Christian Ude entschuldigte sich zwar für die Verspätung, lehnte den CSU-Vorstoß auf Vertagung aber ab.
Die neue Steuer beträgt neun Prozent der Nettokaltmiete und ist von allen zu zahlen, die mit Nebenwohnsitz in München gemeldet sind. Lediglich Ehepartner, die hier aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung benötigen, sind davon ausgenommen.
Davon befreit sind auch all diejenigen, die in Kasernen, Krankenhäusern oder Pflegeheimen untergebracht sind. Wer allerdings ein Zimmer in einem Wohnheim bewohnt, muss die Steuer auch dann zahlen, wenn er Bad und Küche mit anderen teilt.
Steuerbefreiung bedingt möglich
Die CSU kritisierte gestern erneut, dass Polizisten von der Zweitwohnungssteuer besonders betroffen seien. Stadtkämmerer Ernst Wolowicz machte jedoch klar, dass es aus Gründen der Gleichbehandlung unzulässig sei, bestimmte Gruppen von der Steuerpflicht zu befreien.
Ein solches Vorgehen hatte Bayerns Innenminister Günther Beckstein in einem Brief an Oberbürgermeister Christian Ude angeregt. Es sei möglich, "besonders kleine beziehungsweise günstige Zweitwohnungen von der Steuer zu befreien" oder auch Personen bis zu einer bestimmen Einkommenshöhe davon auszunehmen.
Ude machte keinen Hehl daraus, dass er lieber abgewartet hätte, wie viel die anderen 130 bayerischen Städte und Gemeinden durch diese neue Steuer einnehmen, "ehe ich in den sauren Apfel beiße". Dass sich aber die CSU nun schützend vor die Polizei werfe, sei "an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten".
Mehr vorenthalten als aufgebürdet
Ude erinnerte daran, dass der Freistaat seinen Polizeibeamten nur dann die Ballungsraumzulage von 75 Euro im Monat zahlt, wenn sie mit Hauptwohnsitz in München gemeldet sind. "Die Stadt bürdet ihnen also weniger auf, als ihnen der Freistaat vorenthält." Ude räumte aber ein, dass es nicht jedem Polizeibeamten möglich sei, sich hier mit Erstwohnsitz anzumelden. Dies treffe vor allem diejenigen, die in ihrer Heimat Wohnraum bei Einheimischen-Modellen erworben hätten.
Die FDP nannte die Steuer "ein bürokratisches Monstrum", mit dem Rot-Grün "reine Abzocke" betreibe. Der SPD-Finanzexperte Hans-Dieter Kaplan verteidigte die Steuer, weil man nicht nur kürzen und streichen könne, sondern auch die Einnahmen steigern müsse.
Die Stadtkämmerei wird nun etwa 20 neue Mitarbeiter einstellen. Um an die erhofften Steuereinnahmen von 12 bis 13 Millionen Euro zu kommen, wird die Stadt knapp zwei Millionen Euro ausgeben. Die ersten Steuerbescheide werden erst nach der Sommerpause verschickt.
(SZ vom 26.1.2006) |