Die am Neuen Markt notierte Thiel Logistik AG will ihre Dienste für Krankenhäuser durch weitere Zukäufe stärken. Der IT-Bereich dagegen wird aufgelöst und auf die verbleibenden Sparten verteilt.
DÜSSELDORF. Der Logistik-Anbieter Thiel Logistik AG, Grevenmacher, sieht sich trotz Niedrig-Kurs am Neuen Markt nicht als Übernahmekandidat. Doch sei ?die Unabhängigkeit bei uns kein Dogma?, erklärte Günter Thiel, Vorsitzender des Verwaltungsrats, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Für eine Partnerschaft mit einer ?kleineren europäischen Postgesellschaft?, die ihren Logistikbereich ausbauen will, stehe Thiel zur Verfügung.
Konkrete Pläne gibt es dazu aber offenbar nicht. Thiel ist stark in Österreich und der Schweiz vertreten. Die dortigen Postgesellschaften kämen in Frage, sagte Thiel. Er bestätigte, dass es Gespräche mit der Deutschen Post über Kooperationen gebe. Deutschland ist für das Luxemburger Unternehmen mit knapp unter 30 % Umsatzanteil nach Österreich der zweitwichtigste Markt. Gerüchte, dass die Post Thiel schlucken wollen, wies er jedoch zurück.
Der Kurs der Thiel-Aktie war in den vergangenen Wochen trotz guter Halbjahreszahlen in den Abwärtssog des Neuen Marktes geraten. Er stürzte vom Jahreshoch, das bei über 40 Euro lag, auf aktuell etwa 14 Euro ab. Nach Ansicht der Analysten von M.M. Warburg steht die schlechte Kursentwicklung im Gegensatz zur sehr guten Performance des Unternehmens. Günter Thiel ist mit dem Kursverlauf mehr als unzufrieden: ?Seit 16 Jahren haben wir nie rote Zahlen geschrieben. Wir möchten daher nicht mit den Sprücheklopfern vom Neuen Markt in eine Schublade gesteckt werden.?
Gegen eine feindliche Übernahme sieht sich Thiel trotz des niedrigen Kurses gut gerüstet. Denn die luxemburgischen Großaktionäre Lorenzo Holding (34,8 %) und Industrial Performance S.A. (18,3 %) dürften ohne die Zustimmung des Verwaltungsrats keine Aktien verkaufen, betonte der Unternehmensgründer.
Besondere Wachstumsmöglichkeiten sieht Thiel durch zunehmende Auslagerung von Logistikleistungen. Die flaue Konjunktur beschleunige den Trend, dass Unternehmen aus Kostengründen Teilbereiche ausgliederten. ?Die Outsourcing-Quote liegt in Europa derzeit bei 29 %, dort waren die Amerikaner bereits vor sieben Jahren?, erläuterte Thiel. Heute betrage der Anteil der an Dritte vergebenen Logistikdienste in den USA bereits 70 %.
Die Thiel-Gruppe setzt dabei vor allem auf das Gesundheitswesen. Ein Viertel der 55 Mrd. Euro Gesamtkosten in deutschen Krankenhäusern entfallen laut Günter Thiel auf Logistik. Im Bereich der so genannten Health- Care-Logistik verzeichnete Thiel im ersten Halbjahr 2001 die mit Abstand größten Zuwachsraten. Der Umsatz stieg hier vor allem akquisitionsbedingt um 380 % auf 56,6 Mill. Euro und der Gewinn vor Steuern und Finanzergebnis (Ebit) um 464 % auf 7,9 Mill. Euro.
Thiel will diesen Bereich in Italien und Frankreich durch weitere Zukäufe ausbauen und verwies auf die hohe Liquidität des Unternehmen von 76,6 Mill. Euro plus freie Kreditlinien in etwa der gleichen Höhe: ?Mit dem Geld werden wir uns verstärken?, sagte der Firmenchef. Prinzipiell habe er auch Interesse an US-Firmen: ?Diese sind aber momentan leider zu teuer.?
Sein Unternehmen werde sich auf Logistikgeschäfte auf Basis langfristiger Kontrakte (Umsatzanteil 57 %), auf Health-Care-Logistik (14 %) sowie auf Mehrwertdienste (25 %) konzentrieren, sagte Thiel. Der Bereich IT-Lösungen/E-Commerce (4,3 %) werde auf diese Sparten aufgeteilt und aufgelöst, kündigte er an.
Für das Gesamtjahr erwartet Thiel einen Umsatz von 831 (Vorjahr: 449) Mill. Euro und ein Ebit von 66 (31) Mill. Euro. M.M. Warburg rechnet sogar mit knapp 960 Mill. Euro Umsatz und einem operativen Ergebnis von 70 Mill. Euro.
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