Zwar nicht die, die wir uns die ganze Zeit wünschen, aber interessant:
Pressemitteilung 24.09.08 09:39 Highlightvideo: Solarenergie und Denkmalschutz - Erfolgreiche Premiere in Berlin
Ein wahrhaft konstruktiver Meinungsaustausch: Der Verein Denk mal an Berlin e.V. und die systaic AG haben mit großem Erfolg einen Themenabend über Solarenergie und Denkmalschutz veranstaltet. Die erste Podiumsdiskussion zur Fragestellung, wie vereinbar Umweltschutz durch Sonnenstrom und die Wahrung des Denkmalschutzes sind, wurde von 150 Interessierten, darunter zahlreiche Architekten, Planer, Denkmalpfleger und Journalisten, verfolgt.
Zunächst hatten Martin Honerla, Vorstand der DKB-Stiftung für gesellschaftliches Engagement ? in den Räumlichkeiten der Deutschen Kreditbank AG fand der gelungene Abend statt ? sowie Hans Wall, Vorsitzender von Denk mal an Berlin e.V. und SYSTAIC Vorstand Olaf Achilles ihre Grußworte adressiert. Dipl.-Ing. Olaf Achilles machte deutlich, dass man bereits heute technisch in der Lage ist, optisch höchst anspruchsvolle Energiedächer herzustellen. Notwendig sei die Bewahrung der Schöpfung als Grundlage jeglichen Lebens: ?Erneuerbare Energien sind deshalb die zwingend logische Folge. Jede Ressource muss dazu beitragen ? und das Dach ist heute eine dieser Ressourcen.? Auch Hans Wall betont, wie wichtig es ist, in der denkmalpflegerischen Praxis technischen Innovationen aufgeschlossen gegenüberzustehen. Eine kompetente Auseinandersetzung mit derart starken Eingriffen in die Ästhetik und Erscheinung historischer Bauten sei aber dringend geboten.
In ihrem Einführungsvortrag erläuterte die Architektin Dr. Susanne Rexroth, dass bereits heute zahlreiche Denkmale mit fotovoltaischen und solarthermischen Modulen bestückt sind ? mit optisch sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Es sei für sie dann ?eine gelungene Integration, wenn die neue Technik mit der vorhandenen in einen Dialog tritt, ohne dass das eine oder andere sich in den Vordergrund spielt.? Dr. Rexroth verwies auf die Möglichkeiten kontrastreicher Dynamik, die dann greifen, wo das Neue nicht in Opposition gehe, sondern den Austausch suche, und zitierte ? zum Denkmal- wie zum Umweltschutz passend ? Friedrich Schiller mit den Worten: ?Der gebildete Mensch macht sich die Natur zu seinem Freunde."
Die Podiumsdiskussion wurde souverän von Michael Zajonz, Kulturjournalist und Architekturkritiker, moderiert. Neben Dr. Susanne Rexroth diskutierten vier weitere Experten mit: Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer (TU Berlin, Fachgruppe Bau- und Stadtbaugeschichte), Prof. Hans Kollhoff (Architekt und Mitglied des Kuratoriums Denk mal an Berlin e.V.), Fabio Longo (Vorstandsmitglied EUROSOLAR e.V. und Rechtsberater der Stadt Marburg für die Solarsatzung) und Dipl.-Ing. Michael Pack (Vorstandsvorsitzender der systaic AG).
Bereits in seinem Eingangsstatement machte Michael Pack, selbst Besitzer und Bewohner
eines denkmalgeschützten Gebäudes, deutlich, dass so mancher modernisierende Eingriff in ein altes Gebäude ein grober stilistischer Fehler sein kann. Gleichwohl zeigte sich Michael Pack überzeugt, dass Handlungsbedarf besteht: ?Der energetische Paradigmenwechsel ist da. Wir müssen uns darüber im Klaren werden, dass wir auf diese Situation eingehen und dass sich Denkmale dem nicht entziehen können. Es gibt gleichwohl historische Dächer, auf die ich niemals einen polykristallinen oder monokristallinen Solarkollektor legen würde. Der Einsatz von Fotovoltaik im Denkmalschutz kann aber bei anspruchsvoller Umsetzung zum Lackmustest für den Einzug der Solarenergie in hochwertige Architektur werden.?
?Wenn wir heute über Solarenergie und Denkmalpflege sprechen, zeigt sich, dass dieses längst überfällige Thema unglücklicherweise vernachlässigt worden ist?, postulierte Prof. Johannes Cramer. ?Architektonische Gestaltung und technische Anforderungen sind im Zusammenhang zu behandeln und nicht als isolierte Additive zu betrachten. Ich finde es großartig, dass es endlich Möglichkeiten gibt, die Elemente, die man einbauen möchte, so einzubauen, dass sie zur Architektur passen.?
Großen Zuspruch erntete Prof. Hans Kollhoff mit seiner Forderung, ?modernistischen Strategien? Einhalt zu gebieten: ?Ich bin beileibe nicht gegen Solarenergie und versuche, ihr zum Durchbruch zu verhelfen. Auf der anderen Seite muss man klar sagen, wo unsere technischen Möglichkeiten ihre Grenzen haben ? nämlich da, wo nicht nur Baudenkmale zerstört werden, sondern unsere Lebenswelt, die auch eine künstliche ist und an der viele Generationen gearbeitet haben. Gegenüber denen, die uns diese Welt überliefert haben, tragen wir eine Verantwortung, die über unsere momentanen Prioritäten hinausgeht.?
Spannende Einblicke in die kommunal- und landespolitische Kontroverse bot Fabio Longo. Der Rechtsanwalt berät die Universitätsstadt Marburg, die als einzige deutsche Stadt mit ihrer Solarsatzung die Nutzung von Sonnenenergie verbindlich vorschreibt und in der zahlreiche historische Gebäude das Stadtbild prägen. Der Anwalt erklärte zum Vorwurf der ?Öko-Diktatur? aufgrund der Marburger Solarsatzung: ?Jede einzelne Solaranlage wird dahingehend überprüft, ob sie sich in das Stadtbild einfügt. Selbstverständlich bleiben beispielsweise die Elisabethkirche und das Marburger Stadtschloss als herausragende Kulturdenkmale unangetastet.? Zu den ambitionierten Motiven der Stadt Marburg erklärte Fabio Longo: ?Denkmalgeschützte Gebäude sind keine rein musealen Strukturen, sondern sollen überwiegend dazu dienen, dass darin gelebt und gearbeitet werden kann. Um das auch im postfossilen Zeitalter zu gewährleisten, benötigen wir sowohl eine Integration von Solarenergie als auch geeignete Dämm-Maßnahmen.?
Die anfolgende offene Fragerunde mit dem gleichfalls fachkundigen und meinungsstarken Publikum machte deutlich, dass die Nutzung von Solarenergie auf Denkmalen die Gemüter bewegt. Fotovoltaischer Strom, so dürfte ein Fazit der Veranstaltung lauten, ist eine notwendige und wertvolle energetische Kraft; ihr Einsatz auf Denkmalen hingegen sollte buchstäblich konservativ erfolgen. Die Veranstalter schließen aufgrund des großen Interesses und der fruchtbaren Auseinandersetzung nicht aus, dass die Podiumsdiskussion als Reihe fortgesetzt werden könnte.
Weitere Impressionen der Veranstaltung finden Sie hier.
Das Video mit den Highlights der Diskussion finden Sie hier. (WMV, ca. 50mb)
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