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Der freie Journalist Martin Lejeune sorgt derzeit für Kopfschütteln. In einem Bericht aus dem Gaza-Streifen verteidigt er die Exekution angeblicher Kollaborateure durch die Hamas. Auch für die taz berichtet Lejeune aus der Region.
Das ist selbst für deutsche Journalisten ungewöhnlich: Die Erschießung von 18 Menschen durch eine Terrororganisation als ?ganz legal? und ?sehr sozial? zu bewerten, dürfte ein Novum in der hiesigen Presselandschaft sein. Zumal für einen wie Martin Lejeune: Der Journalist schreibt unter anderem für die taz und steht Medien wie dem Deutschlandfunk Rede und Antwort zum aktuellen Konflikt in Nahost. Unter dem Titel ?Kollaborateure gefährden das Leben vieler unschuldiger Menschen. Die Hinrichtung der Kollaborateure wird in #gaza begrüßt?, schreibt er:
Alle 18 haben gestanden und der Polizei detaillierte Informationen geliefert, die nur Kollaborateure haben können. Ein Revolutionsgericht hat daraufhin die Todesstrafe gegen die 18 Kollaborateure verhängt. Von den 18 hatten sehr viele Kollaborateure allerdings schon vor Ausbruch der Operation Protective Edge ihr Todesurteil erhalten, verhängt durch ordentliche palästinensische Gerichte. Alles ganz legal.
Nach palästinesischen Gesetzen ist es das tatsächlich. Todesurteile müssten allerdings eigentlich von Palästinenserpräsident Abbas genehmigt werden. Das aber geht schlecht: Die Hamas hat die Fatah, der Abbas angehört, aus dem Gazastreifen vertrieben. Die Frage, die Lejeune hier elegant umschifft, lautet aber: Wie legal ist die Justiz einer Gruppierung, die als Terrororganisation eingestuft wird (und sich entsprechend verhält); die Menschen an Motorräder bindet und bis zum Tod durch die Straßen schleift; die die eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilder missbraucht? Fragen über Fragen, und Martin Lejeune stellt keine einzige davon.
Für ein soziales Miteinander
Doch nicht nur ?ganz legal?, und somit moralisch integer sind die öffentlichen Erschießungen plus Aufbahrung der Leichen. Sie sind auch ?sehr sozial abgelaufen?.
Um das soziale Miteinander, das Gemeinwesen und den gesellschaftlichen Zusammenhang nicht zu gefährden, haben die Behörden weder die Namen der Kollaborateure genannt noch die Fotos der Täter verbreitet. Die betroffenen Familien wurden diskrekt informiert und die Kinder der 18 werden wie die Kinder von Märtyrern behandelt, also finanziell und sozial versorgt. Das alles ist sehr sozial abgelaufen.
Das soll in einem Brief gestanden haben, der während der Hinrichtungen verteilt worden sei. Es ist davon auszugehen, dass der letzte Satz die Einschätzung Lejeunes selbst ist, da er die Passage nicht in Anführungszeichen setzt, und sie nicht kritisch hinterfragt. Apropos kritisch hinterfragen: Auf die Idee, dem Wort ?Kollaborateure? ein ?mutmaßlich? voranzustellen, kommt Lejeune übrigens nicht. Schließlich hat dies ja ein ?Revolutionsgericht? entschieden, wie Lejeune schreibt.
Kritik von Kollegen
Werden Palästinenser allerdings von Israelis getötet, ist es plötzlich vorbei mit dem herzwarmen Verständnis des Korrespondenten. Dann nämlich spricht er von ?gezielte(n) Massaker(n) gegen Männer, Frauen und Kinder?. Tote Palästinenser interessieren den Autoren wohl nur dann, wenn die Täter Israelis sind.
Für die Todesstrafe und deren Anwendung hat der taz-Autor vollstes Verständnis. Er ist der Meinung: ?Alle Menschen im Gazastreifen sind sich darin einig, daß man etwas gegen Kollaborateure tun muss, weil die Kollaborateure wirklich eine Gefahr darstellen für die Sicherheit der Menschen.? Woher er das alles weiß? ?Mein Bericht beruht auf Aussagen glaubwürdiger Personen, die ich persönlich kenne.?
Ein Journalisten-Kollege Lejeunes machte gestern seinem Ärger über den Text via Facebook Luft:
?Es gibt Journalisten, die als Kriegsberichterstatter arbeiten. Und es gibt schreibende Kombattanten. Martin Lejeune (?) der aus Gaza ?berichtet?, gehört zur letzteren Gruppe.? Er hoffe, so schreibt er weiter, dass Lejeune ?künftig keinen Platz mehr in einer seriösen Zeitung für seine Hamas-Propaganda finden wird. Schließlich sollte PR von jenen bezahlt werden, für die sie betrieben wird.?
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