vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag, ein paar Dinge muss ich aber richtig stellen bzw. werden meinen Senf dazu abgeben.
Fehler Vergangenheit: Natürlich wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht ABER diese Fehler haben auch alle andere gemacht, die Wettbewerber haben einfach etwas besseres draus gemacht bzw. schneller reagiert bzw. diese Fehler eingestellt. Vodafone war mal mit Abstand das größte Telko der Welt mit Ablegern auf allen Kontinenten, für alle Wettbewerber eigentlich uneinholbar. Heute hat Voda eine MarketCap von 22Mrd. ? und ist damit selbst in Europa nur noch auf Platz 4 neben Telefonica (22Mrd.) und hinter Orange (30Mrd.) oder der Telekom (110Mrd.), weltweit nicht mal unter den Top 10. Vodafone war vor 20 Jahren mal 170Mrd. wert, vor 10 Jahren waren es 190Mrd. Der Fehler lag bei Vodafone tendenziell immer im M&A, die Mannesmann-Übernahme war aber mitnichten der größte Fehler, da wiegt in meinen Augen das Indien-Abenteuer, der US- und Japan-Rückzug sowie das Kaufen der CoAx-Alt-Technologie in Europa bedeutend schwerer. Das Problem ist: Voda hat die Kurve nicht bekommen. Vor 2 Jahren wollte Voda mal Orange übernehmen, heute kann es andersrum laufen. Warum hat Orange Voda massiv outperformt? Beide haben ähnlich schwerer Märkte (Spanien).... Weil Orange konsequent ihre Punkte abgearbeitet hat und einen Plan besitzt. Strikte Kostendisziplin (Net-Debt bei 2x), punktuelle Verstärkung (Belgien und Rumänien) sowie massive Investition in FTTH. Probleme wie in Spanien werden frühzeitig angegangen und nicht ausgesessen bis es zu spät ist. Oder BT .... oder Telefonica... oder die Telekom. Alle hatten Baustellen und Probleme welche in fast allen Fällen beseitigt wurden. Nicht so Vodafone, die Baustellen bleiben: Spanien (ggf. gelöst), Italien, Deutschland usw. ... bis auf Vodacom gibt es keinen Lichtblick wobei man aber auch bei Vodacom betrachten muss: Orange Africa, Airtel Africa, Etisalat und MTN haben ein viel besseres Wachstum als Vodacom.
Management: da gebe ich dir recht, man kann jetzt noch nix darüber sagen bzw. urteilen. Was man aber sagen kann: Della Valle kommt aus der schlechtesten Voda-Unit, sie ist für die katastrophale Lage in Italien verantwortlich, habe ich auch schon einmal in ein paar Postings angesprochen... -3Mio Kunden innerhalb von 4 Jahren, Tendenz gleichbleibend, d.h. es werden weiter Kunden verloren und der Umsatz fällt weiter. In Italien gewinnen alle MNO's Kunden und steigern ihren Umsatz, alle außer Voda.
Divi: muss gekürzt werden, da bin ich mir sicher. Die Frage ist nur: wie viel. Falls man jedoch die Dividende kürzen sollte um wieder zu investieren: wo und wie? Leider hat hier Voda in den letzten 10 Jahren alles falsch gemacht was man hätte falsch machen können.
1&1: sehr komlexes Thema. Was du nicht erwähnt hast: 1&1 hat den Partner gewechselt weil Telefonica (bis zu den Zeitpunkt) nicht bereit war 1&1 einen 5G-Roaming-Vertrag zu geben. Keiner der drei MNO's war dazu bereit und in meinen Augen wäre das der Niedergang von 1&1 gewesen wenn alle drei standhaft geblieben wären. 1&1 hätte da nicht einmal die "Arme MVNO"-Karte spielen können da sie die Frequenzen für ein eigenes Netz ja haben. Langfristig hätten sich die 3 MNO's in meinen Augen (sehr optimistisch) die 12 Mio Kunden unter sich aufteilen können wobei o2 und Voda einen Großteil der Kunden bekommen hätten. 4Mio Kunden (eher mehr, 1&1-Kunden sind keine Telekom-Kunden) zu 14? Arpu wäre ein Umsatzplus von ca. 600-700 Mio gewesen bei weniger Netzbelastung. Man gibt einen direkten Konkurrenten die Möglichkeit die eigenen Kunden zu halten solange 1&1 das eigene Netz halbwegs zum laufen bekommt. In den Städten wird wahrscheinlich "schnell" (im 1&1-Maßstab... d.h. bis 2030) auf das 1&1-Netz umgestellt, Voda "darf" dann auf dem Land, wo wenig Traffic zu hohen Kosten, übernehmen. Die 400 Mio Umsatzplus werden von Jahr zu Jahr weniger. Das ist keine Chance, kurzfristig wird Geld verdient, langfristig war das eine schreckliche Entscheidung (unternehmerisch). Durch das Einknicken von Voda hat nun auch o2 nachgezogen (müssen), d.h. 1&1 wird beide gegeneinander ausspielen. Bei der Telekom wurde auch nachgefragt, die hat aber abgewunken... die Preise haben einfach nicht gestimmt. ab 49:20Min https://www.youtube.com/watch?v=ViIOFl96SOc&t=3318s Der Markt preist Dinge genau richtig ein, hier gilt der Spruch "der Markt hat immer recht"
Bewertung: Buchwerte kann man (leider) vergessen, in den Büchern steht z.B. Italien noch mit knapp 10 Mrd., Deutschland mit 43Mrd., UK mit 6,6Mrd., Vodacom mit 6,7, Europa mit 7,6Mrd. usw. usf.... Von Buchwerten kann man sich (leider) nix kaufen. Zum Cashflow haben wir ja im letzten HJ-Bericht und in der Prognose ja schon die Hiobsbotschaft erhalten. Was bei Voda hinzu kommt: die anstehenden Investitionen. Auch darüber habe ich schon mehrfach geschrieben: FTTH und CoAx. Die Wettbewerber haben hier ihre Hausaufgaben gemacht, teilweise sehr gut (Orange), gut (Telefonica, BT) oder befriedigend (Telekom, holt aber massiv auf: 3 Mio FTTH-Anschlüsse p.a. geplant) und es wird sich in der Zukunft sehr auszahlen hier massiv investiert zu haben. Vodafone hat so gut wie nix gemacht, die Altice-Vereinbarung (Upgrade von 7Mio Haushalten von CoAx auf FTTH in Deutschland bis 2028, Kosten 7Mrd.) ist lächerlich und ein Tropfen auf den heißen Stein. Hier stehen in meinen Augen massive Investitionen an (Deutschland 24,5Mio CoAx-Zugänge, Europa ca. 20Mio).
Aber trotzdem gibt es auch wahnsinnige Chancen, andere Telkos machen es ja vor. Mit einem vernünftigen Management und eventuell etwas Mut (ggf. Fusion mit Orange Africa oder Airtel Africa) kann das Ruder rum gerissen werden und eventuell auch wieder Fantasie in die Aktie kommen.
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