Habt ihr beiden außer Verweis auf andere Firmen ausnahmsweise auch einmal eigene Gedanken in Form von Umsatz- und Gewinnprognosen für das seit zwei Monaten abgelaufene Q4/2023 und vor allem für 2024ff. anzubieten?
Unternehmensbewertung basiert immer auf Zahlen und zwar ganz konkret dem Barwert der zukünftig erwarteten Nettozuflüsse der Anteilseigner.
Ob die Börse Fundamentaldaten dauerhaft ignorieren kann, werden wir sehen. Sicher ist in jedem Fall, dass man sich nicht immer wieder mit dem Spruch, Zahlen egal, weil Chinaaktie = Trash herausreden kann. Vor allem dann nicht, wenn man - offenbar selbst gefrusteter Aktionär - einem Unternehmen permanent Überschuldung vorwirft.
Die Verschuldung eines Unternehmens wie auch eines Staates ist eine relative Größe zur Ertragskraft bzw. zur Wirtschaftskraft. Es handelt sich um eine rein betriebswirtschaftliche Kennziffer, wo Chinaaktie = Trash keine Relevanz besitzt. Wenn ich davon ausgehe, dass Jinkosolar auch in den Jahren 2024ff. weiter umsatz- und ertragsseitig alle Wettbewerber weltweit in den Schatten stellt und weiter Gewinne im mittleren dreistelligen Millionen USD-Bereich fährt, dann ist die Verschuldung für Jinkosolar definitiv kein Thema. Schon gar nicht, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die chinesische Zentralbank 5Y Loan Prime Rate gerade im bislang größten Zinsschritt auf nur noch 3,95% gesenkt hat. Der 1J-Zins liegt unverändert bei 3,45%. Jinkosolar kann sich demnach im Heimatmarkt China zu wesentlich günstigeren Konditionen verschulden als alle internationalen "Wettbewerber". Wenn Verschuldung im PV-Sektor ein relevantes Problem bzw. einen potenziellen Wettbewerbsvorteil darstellt, dann liegt dieser Vorteil ganz klar beim größten PV-Unternehmen der Welt, namens Jinkosolar. Wie hoch wäre wohl eine First Solar verschuldet, wenn Sie ihre bisher lausig niedrige Produktionskapazität auf Jinko-Niveau > 75GW anheben wollte? Wer die Factset Prognosen für 2024 anschaut, wird sehen, dass der schöne Net-Cash-Bestand noch nicht einmal die für 2024 geplante Kapazitätserweiterung überstehen wird. Und dann ist First Solar im Vergleich zu Jinkosolar noch immer ein Winzling und wird die Verschuldung in 2025ff. investitionsbedingt immer weiter hochfahren, während Jinkosolar - dank enormer Investitionen in zurückliegenden Jahren - in 2024 erstmals Cashflow-positiv wirtschaften und in den Jahren 2025ff. die Nettoverschuldung signifikant senken könnte.
Spätestens dann muss sich ein Investor fragen, will ich in einem Unternehmen investiert sein, dass nachhaltig dividendenfähig ist und möglicherweise sogar auf Halbjahres- oder Quartalsdividenden umstellen könnte, oder in einem Unternehmen, was ausgehend vom aktuellen Traummargenniveau in den nächsten Jahren kräftig Marktanteile in den USA verlieren wird und riesige Investitionen tätigen muss, um kostenseitig annähernd auf Augenhöhe mit der chinesischen Konkurrenz zu kommen. Ich bin da ganz klar bei einer Jinkosolar mit KGV 4 und 6% Divi-Rendite statt einer First Solar mit KGV > 15 , 0% Divi-Rendite und riesigen investitionsbedingten CAPEX vor Augen.
Mag sein, dass in einem bis 2023 mit 20-30% CAGR wachsenden US PV-Markt auch eine First Solar den Aktienkurs weiter steigern kann. Ich setze allerdings darauf, dass bei First Solar - ähnlich wie aktuell bei Tesla allmählich Ernüchterung einkehren wird und in der Folge plötzlich totgesagte Weltmarktführer wie VW oder Jinko ihre megateuren US-Pendants Tesla und FS still und heimlich outperformen. Man darf nicht erwarten, dass America-First-verpflichtete US-Analysten diesen Fakt irgendwann auch laut aussprechen. Mir genügt die Tatsache der Outperformance, deren Vorboten sich seit Jahresbeginn im Chart einer Mercedes oder VW-Aktie anzudeuten scheinen und im Jahresverlauf möglicherweise auch bei Jinkosolar sichtbar werden.
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