Donnerstag 20. Juni 2002, 16:02 Uhr Stunde der Wahrheit für MobilCom-Chef Schmid
Hamburg (dpa) - Für MobilCom-Chef Gerhard Schmid schlägt an diesem Freitag die Stunde der Wahrheit. Der Aufsichtsrat kommt wie stets unter großer Geheimhaltung zusammen und wird Schmid an der Spitze des Unternehmens ablösen - wenn es nach dem Willen von France Télécom geht, dem zweiten Großaktionär von MobilCom (Xetra: 662240.DE - Nachrichten - Forum) . Doch ob die Franzosen sich nach zwei vergeblichen Anläufen durchsetzen können, ist keineswegs sicher.
Schmid ist nicht nur Vorstandsvorsitzender, sondern gemeinsam mit seiner Frau mit einem Anteil von 49,9 Prozent auch faktischer Herr im Hause MobilCom. Im Vorfeld der Sitzung haben die Franzosen deshalb unmissverständlich klar gemacht, dass Schmid und seine Frau ihre Anteile abgeben müssen.
Die Preisvorstellungen von Schmid und France Télécom gehen jedoch nach wie vor auseinander. Nach Presse- und Analystenberichten ist Schmid von seiner Preisvorstellung von 22 Euro je Aktie abgerückt; jetzt soll es um einen Preis von 17 oder 18 Euro gehen. Andere Quellen nennen sogar nur zehn Euro.
Für Schmid ist der langwierige Streit mit seinem Großaktionär längst «eine feindliche Übernahme mit schmutzigen Tricks». Jeder Euro weniger im Kurs kostet Schmid 33 Millionen Euro. Für die gebeutelten Kleinaktionäre von MobilCom ist die Schmid-Abfindung wichtig, denn sie müssen nach dem Aktienrecht ein Angebot in gleicher Höhe erhalten.
Die MobilCom-Schulden sollen in eine Art Anleihe umgewandelt werden. France Télécom und ihre Mobilfunk-Tochter Orange würden die MobilCom-Schulden nicht in ihre Bilanz nehmen, egal, welche finanzielle Lösung erreicht werde, sagte Orange (Paris: 7919.PA - Nachrichten) -Chef Jean-Francois Pontal französischen Medien. Die Vereinbarung mit den kreditgebenden Banken soll unter Dach und Fach sein.
Dabei verzichten die Banken angeblich auf zehn Prozent ihrer Forderungen und müssen damit kräftig bluten. Doch noch ist nichts unterschrieben, denn die Gesamtlösung fehlt nach wie vor.
So wie Schmid seine Aktien als Faustpfand hält, so besitzt auch France Télécom einige Folterwerkzeuge. Das wirksamste ist die Drohung mit der Insolvenz, falls Schmid sich nicht fügt. Bis Ende Juli muss ein Kredit über 4,7 Milliarden Euro verlängert werden, was ohne die France Télécom nicht geht.
«Im Moment decken wir lediglich den laufenden Liquiditätsbedarf von MobilCom», sagte Pontal. Soll heißen: Wir können den Geldhahn jederzeit zudrehen. Die Drohung mit der Insolvenz nennt Schmid den «schmutzigsten aller Tricks der France Télécom». Die Gefahr bestehe definitiv nicht.
Seit der Kündigung des Rahmenvertrags zwischen den Unternehmen vor knapp drei Wochen ist erkennbar mehr Dynamik in die MobilCom-Affäre gekommen. Für Schmid ist die Kündigung ein durchsichtiges Manöver, mit dem France Télécom den Druck verstärken will. «Wir haben keine Zahlungsverpflichtung mehr», betont der Finanzvorstand von France Télécom, Jean-Louis Vinciguerra.
Schmid droht dagegen mit hohen Schadenersatzklagen, sollten die Franzosen das Büdelsdorfer Unternehmen in die Pleite treiben. «Dann werden die Analysten dem France-Télécom-Chef Michel Bon von Quartal zu Quartal die Hölle heiß machen.»
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