Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Putin trifft Tsipras.
St. Petersburg (dpa) - Nach der überraschenden Ankündigung zum Ausbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream trifft Kremlchef Wladimir Putin heute den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras.
Bei ihren Gesprächen in St. Petersburg geht es auch um ein weiteres Gas-Projekt: den Bau der Schwarzmeer-Leitung Turkish Stream.
Nach Ankündigung des russischen Energieministers Alexander Nowak wollen Putin und Tsipras am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums eine Beteiligung Griechenlands an dem Projekt beschließen. Beide Länder würden dann eine Absichtserklärung über die geplante Gasleitung Turkish Stream unterzeichnen, sagte Nowak.
Nach Ansicht von Experten könnte Russland dem vom Bankrott bedrohten EU-Land rund zwei Milliarden Euro für den Pipelinebau in Aussicht stellen. Der russische Finanzminister Anton Siluanow betonte indes, es liege keine offizielle Kreditanfrage aus Griechenland vor.
Der Chef des Staatsmonopolisten Gazprom, Alexej Miller, sprach am Donnerstag beim Forum bereits mit dem griechischen Energieminister Panagiotis Lafazanis über Turkish Stream.
Vor internationalen Wirtschaftsvertretern will Putin bei dem Forum zudem über die Krise der Rohstoffmacht sprechen. Das Riesenreich steckt wegen des niedrigen Ölpreises und der andauernden Rubelschwäche in einer tiefen Rezession. Die Strafmaßnahmen des Westens wegen Russlands Ukraine-Politik verschärfen die Lage.
Die politischen Spannungen mit dem Westen überschatten das Forum. Beobachter gehen davon aus, dass Putin in seiner Rede auch auf die Ankündigung der EU reagieren wird, ihre Sanktionen zu verlängern.
Die dreitägige Konferenz bis zum 20. Juni in der ehemaligen Zaren-Metropole ist der wichtigste Wirtschaftstermin im größten Land der Erde. Am Donnerstag hatten dabei Gazprom und westliche Partner überraschend den Ausbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream vereinbart. Der Schritt gilt als Schlag gegen das Nachbarland Ukraine, die dadurch als Transitland an Bedeutung verliert.
Auch die Unternehmen Eon aus Deutschland, OMV aus Österreich sowie der britisch-niederländische Shell-Konzern beteiligen sich am Bau von zwei weiteren Strängen für Nord Stream. Damit soll sich die Kapazität der Leitung um weitere 55 Milliarden Kubikmeter im Jahr verdoppeln. OMV und Gazprom hegen zudem gemeinsame Pläne in Sibirien.
Die Grünen-Chefin im EU-Parlament, Rebecca Harms, warnte vor einer immer stärkeren Abhängigkeit von russischen Energielieferungen. In der «Stuttgarter Zeitung» (Freitag) forderte sie: «Wir sollten uns eher darauf konzentrieren, uns unabhängiger zu machen.» Das bedeute, Einsparungspotentiale zu nutzen, die Energieeffizienz zu erhöhen und alternative Energie zu fördern.
Von 2020 an will Moskau kein Gas mehr durch die Ukraine nach Westeuropa liefern. Russland hält die Ukraine für unzuverlässig und hatte dort in der Vergangenheit illegales Abzapfen von Gas beklagt. Die beiden Länder streiten zudem über Lieferpreise und Gasschulden.
Das Forum in St. Petersburg - der russische Gegenentwurf zum Forum im Schweizer Kurort Davos - ist traditionell Schauplatz für den Abschluss von Milliarden-Geschäften.
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