1) Weshalb Hanse Yachts eines meiner Kerninvestments wird:
Neben einigen sehr defensiven Werten zur Absicherung habe ich etwa ein Drittel meines Portfolios in spekulative Werte investiert. Einer davon ist Hanse Yachts (HY), die ich etwas genauer vorstellen möchte. Ich fasse dabei eigene Recherche mit Angaben von usern (Dank vor allem an Katte2) aus dem HY Thread zusammen, sodass sich nicht jeder alle Seiten dazu durchlesen muss. Hanse Yachts gehören zu 75% zur Aurelius Gruppe und wurden von diesen 2012 in schwerer Schieflage übernommen. Der Gründer wollte zu schnell zu viel und das Unternehmen rutsche trotz hoher Umsätze tief in die roten Zahlen, der Aktienkurs fiel entsprechend von 35 EUR nach unten. Die Marktkapitalisierung beim Börsengang 2007 (post) lag bei ca. 210 Mio. Umsatz 2005/05 war 66,2 Mio, 2006/2007 betrug er 105,2 Mio. Seitdem Aurelius das Sagen hat, wurden einige Meilensteine in dieser klassischen turnaround Story umgesetzt: Man hat die komplette Produktion an den Standort Greifwsald verlagert um Kosten zu sparen. Eine neue Marke Sealine wurde etabliert um neue Zielgruppen zu erreichen. Die damit anfallenden Kosten sind alle bereits verbucht. Inzwischen setzt die Erntezeit ein.
2014/15 EBITDA-Marge: 0,5 % EBIT-Marge: -4,7 %
2015/16 EBITDA-Marge: 4,6 % EBIT-Marge: -0,2 %
2016/17 (bereinigt um 2,2 Mio Zuschreibung auf Fjord): EBITDA-Marge: 6,6 % EBIT-Marge: 2,2 %
Inzwischen verkauft HY 650 Boote pro Jahr. Das impliziert ein weiterhin zweistelliges Umsatzwachstum. - In 2016/17 waren es 589 verkaufte Boote. http://www.ostsee-zeitung.de/Vorpommern/...achts-macht-wieder-Gewinne (bitte beachten, dass der Journalist nicht alle Daten korrekt wiedergegeben hat). Es gilt zu beachten, dass HY zu den Top3 weltweit gehört.
Wie läuft der Markt? Nach dem Einbruch in der Finanzkrise hielten sich die besserverdienenden Kunden vor allem im Mittelmeerraum zurück. Spanien und USA gehören traditionell zu den größeren Märkten von HY, wo die Immobilienkrise stark durchschlug. Dies war auch der Grund für den Einstieg von Aurelius. Inzwischen ziehen die Märkte wieder sehr stark an. Es gibt hier einiges an Aufholbedarf für in die Jahre gekommene Boote. (Ein interessanter weiterer Indikator ist für mich auch der Absatz von Premiumautos in den südeuropäischen Ländern; da ich in Daimler investiert bin sehe ich bereits seit 2 Jahren stärkere VK-Zahlen und steigende Zulassungen in Südeuropa) Die Konkurrenz wächst sehr stark, z.B. Beneteau Gruppe. Vor allem in dem Segment, in dem HanseYachts ebenfalls stark ist, den Einrumpfbooten. Aber auch Katamarane laufen stark: Umsatz Catana (viertgrößter Katamaranhersteller der Welt) in 2016-17 +45% ggü. VJ. - Erwartetes Wachstum für 2017/18: +40% - Akt. Auftragsbestand ggü. Vorjahr verdoppelt http://www.catanagroup.com/en/ Beneteau ist etwa mit 1,1 des Umsatz-multiples bewertet und damit deutlich teurer als HY. Auch der deutsche Markt zieht inzwischen wieder stark an: https://www.bvww.org/index.php?id=128&uid=1283 Was sind die Pläne des 70%-Eigentümers Aurelius für HY? Aurelius ist die Beteiligungsgesellschaft, die das Unternehmen saniert und anschließend mit einem hohen Multiple an einen anderen interessierten Bieter verkaufen wird. So funktioniert deren Geschäftsmodell. Wie bei den anderen profitablen Deals zuvor fährt Aurelius auch hier die sogenannte Clusterstrategie, wonach gezielte Zukäufe das Unternehmen breiter aufstellen und zusätzlichen Wert generieren (Da sie so gut funktioniert haben die Konkurrenten Mutares diesen Ansatz inzwischen übernommen). HY wird nicht nur auf Profit getrimmt sondern auch durch ein breiteres Produktangebot vergoldet. Dies geschah durch den Kauf des französischen Konkurrenten Privilege, dessen Geschäft vor allem mit den von HY bislang noch nicht produzierten Katamaranen läuft. Ein feiner Schachzug, denn Privilège erhält nun Zugang zum großen Vertriebsnetz von HY und wird auch auf den für die Bootsindustrie so wichtigen Messen wie zuletzt in Cannes präsentiert. Dies können sich nur die Top-Hersteller leisten. HY ist auf zwei Ebenen dabei. Zum einen als frischgebackener Inhaber der Marke Privilège und nebenbei auch der Produktionsformen (beides hat HY gleich nach dem Deal der Mutter von PM übernommen, weil bei PM das Eigenkapital fast aufgezehrt war; die brauchten dringend frisches Geld). Im Gegenzug fließen künftig Lizenzzahlungen von PM an HY. Zum anderen ist HY via Kooperationsverträge die helfende große Schwester geworden, klar umrissen im Einkauf und im Vertrieb. Auch dafür wird HY honoriert, zudem sinken die Einkaufskosten durch Wegfall von overhead und besseren Preisen durch höhere Mengen. Sicherlich fließt daneben auch Fertigungs- und Entwicklungs-Know how von Greifswald nach Frankreich. Aurelius wird zunehmend offensiver für HY. So konnte der CEO von HY bereits das Unternehmen beim letzten Capital Market day zahlreichen Investoren vorstellen. „HanseYachts befindet sich auf einem guten Wachstumskurs. Das aktuelle EBITDA von über 10 Mio. Euro könnte mittelfristig auf etwa 15 Mio. Euro steigen. In 1 bis 2 Jahren ist das Unternehmen durchaus reif für einen Verkauf“ Sagt Aurelius CEO Dirk Markus im Gespräch mit der "Vorstandswoche". http://www.aktiencheck.de/exklusiv/...ofit_2017_Aktienanalyse-8221288
Zwischenfazit: Für alle Interessierten, die einen sich in der Endphase einer turnaround Story befindlichen Wert ins Portfolio legen möchten, ist HY ein heißer Kandidat. Das Unternehmen wächst sehr solide, auch getragen von einem sehr günstigen Marktumfeld. Zusätzlich wurden bereits Hausaufgaben gemacht bzgl Kostensenkung und Erweiterung des Produktportfolios und die Auftragsbücher sind voll, sodass kurzfristig kein großes operatives Risiko besteht. Viel interessanter für mich ist jedoch der Blick auf ca. 1-2 Jahre in die Zukunft, wenn Aurelius einen Verkauf umsetzt. Hier kommt das Verhandlungsgeschick der Grünwalder zum Zuge und ich rechne ebenfalls mit einem guten Aufschlag für die verbleibenden 30% Aktionäre. Als Trittbrettfahrer kann man hier also noch einen guten Gewinn machen sofern man meine Meinung bzgl. der Fähigkeiten des Aurelius-Managements teilt. Der Aktienkurs entwickelt sich in diesem Jahr mit zunehmender Dynamik, ich rechne jedoch mit mehr, da das Unternehmen ggü der Konkurrenz noch deutlich unterbewertet ist, siehe 3)
2) Nächste Schritte in der Story:
Wie in der Zusammenfassung bereits beschrieben hat sich in diesem Jahr die Produktion an Schiffen ggü dem VJ um mehr als 10% erhöht. Zudem sind neue (hochpreisige) Modelle der Kernmarke erschienen, die ältere Bauklassen ersetzen und damit auch mehr Nachfrage generieren. Die neue Hanse 588 ist im Kernmarkt USA vom führenden Segelmagazin als das Boot des Jahres gewählt worden. Mit dem Abschluß des Aufbaus der kleineren Marke Sealine, welche viele Kapazitäten gebunden hatte, und der voranschreitenden Integration des französischen Katamaranbauers erweitert sich die Modellpalette, die über den gleichen Vertrieb laufen kann. Die Vertriebspower ist für mich ein entscheidendes Argument bei der Neubewertung, denn die neu hinzugekommenen Marken verfügten nicht über das Händler- und Distributionsnetz von Hanse und waren auch nicht auf den wichtigen Messen vertreten, die für die Klientel entscheidend sind. Der andere Teil zum Erreichen der Marge entsteht durch Kostensenkungen, da man die Produktion und den Einkauf zentralisiert an einem Standort. Das HY damit der Turnaround geglückt ist, sollte bewiesen sein. Daher auch der Kursanstieg in diesem Jahr. Die entscheidenden Fragen aber lauten: 1) Kann der Markt, der immer noch weit zurückliegt gegenüber der Zeit vor 2008, wieder zur alter Stärke zurück finden? Ich denke ja, denn die Finanzkrise ist so langsam überwunden, die Kernmärkte in den USA, D und Südeuropa ziehen wieder an und es warten zahlreiche in die Jahre gekommene Boote auf ihren Austausch. Zudem haben wir in Asien eine zunehmend wachsende obere Mittelschicht, die sehr genau darauf schaut, was "man so macht" wenn man Geld hat. Nach Auto, Immobilie und Reisen steht irgendwann auch die Yacht auf der Einkaufsliste. 2) Was hat Aurelius mit den 70% Anteilen vor, die sie halten? Aurelius selbst platziert HY bereits prominent auf Roadshows und gibt als Ziel einen Verkauf in 1-2 Jahren aus. Und genau darauf spekuliere ich bereits jetzt. Ein gewisser Aufschlag auf den Aktienpreis wäre damit gerechtfertigt, der sich auch für die Minderheitsaktionäre auszahlen könnte, denn eine komplette Übernahme stünde dann auch zur Diskussion.
3) Meine Prognose für die Geschäftsentwicklung und den Aktienkurs:
Konservatives Szenario: Für das laufende GJ 17/18 (GJ endet zum 31.6.) erwarte ich Umsatzerlöse von etwas über 146 Mio (14% plus). Materialeinsatzquote nehme ich aufgrund der angesprochenen Kostenverbesserungen bei 55% und damit nur hauchdünne (konservative) 0,63 Punkte besser an als im VJ, Vertriebs und Verwaltungskosten konstant, die in den Vorjahren stets positiven Ergebnisse aus sonstigen Ergebnissen (Zuschreibungen etc.) vernachlässige ich sicherheitshalber. Ebenfalls vernachlässigt werden die etwas höheren Materialbestände an fertigen und halb fertigen Booten, die bereits im VJ produziert wurden. Ich komme für das laufende Jahr auf ein Operating Cash Flow von 5,7 Mio, Steuern von 3,1 Mio und einem EBIT von 8,8 Mio. Damit läge ich bei einem Aktienkurs von 9,10 EUR bei einem KGV von 11,5. Unterstelle ich ein "normales" KGV von 15, so wäre der Kurs bei 12 EUR fair. Für 18/19 erwarte ich Umsatzerlöse von etwas über 167 Mio (14% plus). Materialeinsatzquote nehme ich aufgrund der im ersten Post angesprochenen Kostenverbesserungen bei 53% und damit 2 Punkte besser an als im VJ, Vertriebs und Verwaltungskosten konstant, die in den Vorjahren stets positiven Ergebnisse aus sonstigen Ergebnissen (Zuschreibungen etc.) vernachlässige ich weiterhin. Ich komme für das Jahr 18/19 auf ein Operating Cash Flow von 8,7 Mio, Steuern von 4,7 Mio und einem EBIT von 13,4 Mio. Unterstelle ich ein "normales" KGV von 15, so wäre der Kurs bei 18,09 EUR fair. Damit lägen wir doppelt so hoch wie aktuell. Da wir hier von einem Zeitraum von 18 Monaten sprechen kommt im Laufe dieser Zeit auch die Übernahmephantasie durch einen neuen Käufer zum tragen, der nicht nur Aurelius die 75% abnimmt sondern ebenfalls an den verbleibenden 25% interessiert sein könnte. Aurelius will bekanntlich innerhalb von 1-2 Jahren verkaufen und ein Einstieg hier ist quasi wie ein Trittbrettfahren am Erlös des Verhandlungsgeschick von Aurelius. Man kann sagen was man will über Aurelius, sie haben jedenfalls in der Vergangenheit hier stets geliefert. Wieviel Aufschlag daher gerechtfertigt ist, kann ich noch nicht sagen, es macht allerdings einen guten Aufschlag zu meiner Kursphantasie aus.
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