06. September 2010, 10:03 Uhr Energieforschung Solarzellen erneuern sich selbst
Kein Verschleiß: Forscher haben Moleküle entwickelt, die Sonnenlicht speichern und sich zugleich regenerieren. Nun hoffen sie auf die Entwicklung von Solarzellen, die nicht altern. Normalerweise sinkt nämlich im Lauf der Jahre deren Wirkungsgrad.
Cambridge - Wissenschaftler haben ein Molekül entwickelt, das Sonnenlicht einfangen und sich dabei zugleich selbst erneuern kann. Das Material orientiert sich an Strategien, die Pflanzen bei der Photosynthese verwenden: Es imitiert einen Mechanismus der Pflanzenzellen, bei dem sich die lichtempfindlichen Moleküle in den Chloroplasten ständig selbst regenerieren. Die neue Technologie könnte in Zukunft für die Entwicklung besonders effektiver Solarzellen genutzt werden, die nicht verschleißen, hoffen die Forscher. Über ihre Ergebnisse berichtet eine Gruppe um Michael Strano vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge in der Fachzeitschrift "Nature Chemistry".
Sonnenstrahlen liefern nicht nur große Mengen an Energie - sie können auch viele Materialien kurz- oder langfristig schädigen. Das ist auch der Grund dafür, dass die meisten heute genutzten Solarzellen altern. Ihr Wirkungsgrad sinkt, sie erzeugen nach zehn, zwanzig Jahren weniger Strom als zu Beginn. Hersteller geben in der Regel eine 20-jährige Garantie über 80 Prozent der ursprünglichen Zellleistung.
Die Natur ist da technologisch schon weiter. Pflanzen nutzen einen ausgeklügelten Mechanismus, der sie vor der zerstörenden Einwirkung des Sonnenlichts schützt. Die Moleküle in ihren Chloroplasten, die Licht einfangen und für die Photosynthese nutzen, bauen sich kontinuierlich selbst ab und anschließend wieder neu zusammen. Dadurch sind die Strukturen, die die Sonnenenergie einfangen, quasi immer brandneu.
Die Projektidee kam Strano, als er ein Buch über Pflanzenbiologie las: "Ich war sehr beeindruckt, wie Pflanzenzellen dieses extrem effiziente Reparaturprinzip nutzen", sagt der Forscher. "Ein Blatt an einem Baum recycelt seine Proteine alle 45 Minuten - obwohl man denken könnte, die Photozellen seien statisch."
Nano-Röhren aus Kohlenstoff
Dem Forscherteam um Strano ist es nun erstmals gelungen, diesen Mechanismus im Labor zu imitieren. Dazu stellten sie neuartige Moleküle her, die Sonnenlicht in elektrischen Strom umwandeln und sich durch Zugabe oder Wegnahme einer speziellen Flüssigkeit immer wieder regenerieren lassen.
Die Wissenschaftler konstruierten synthetische Moleküle in Form von Scheiben. Sie bilden die Basis für andere Moleküle, die bei Anregung durch Licht Elektronen abgeben - die sogenannten Reaktionszentren. Die Scheiben befinden sich in einer Lösung, in der sie sich spontan an Nano-Röhren aus Kohlenstoff anheften können. Dies führt dazu, dass sich die Scheiben einheitlich ausrichten, so dass die Reaktionszentren alle gleichzeitig dem Sonnenlicht ausgesetzt sind.
Wird dem System nun ein Tensid zugefügt, eine Substanz, die die Mischung von Flüssigkeiten ermöglicht, fallen die verschiedenen Komponenten auseinander und bilden eine wässrige Lösung. Wird das Tensid wieder entfernt, setzen sie sich spontan wieder zusammen und ermöglichen dadurch erneut die Erzeugung von Strom.
Dieser Mechanismus ist bei der Umwandlung von Sonnenlicht in Strom etwa doppelt so effektiv wie die besten heute existierenden Solarzellen. Allerdings war die Konzentration der künstlichen Strukturen in der bisher verwendeten Lösung noch klein, so dass die Gesamteffektivität des neuen Systems noch sehr gering ausfiel. Daher wollen Strano und sein Team nun nach Möglichkeiten suchen, die Konzentration der Moleküle in der Flüssigkeit deutlich zu erhöhen.
boj/hda/ddp
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