Kann man der RAF verzeihen? 28. Sep 08:39
![Bundespräsident Köhler](http://www.netzeitung.de/img/0045/161345-1.jpg) | Bundespräsident Köhler | Foto: dpa |
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Bundespräsident Köhler steht vor einer schweren Entscheidung: Soll er RAF-Häftlinge begnadigen, gegen den Widerstand aus den Familien der 34 Opfer? Reue zeigt bisher nur der Terrorist Christian Klar. Von Mainhardt Graf von Nayhauß Bundespräsident Horst Köhler hat ein Problem. Seit er erwägt, mit der Begnadigung der vier letzten wegen teilweise mehrfachen Mordes einsitzenden RAF-Häftlingen zu beginnen (Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt, Birgit Hogefeld, Eva Haule), regt sich Widerstand. Er kommt von den Familien der insgesamt 34 von der «Roten Armee Fraktion» Ermordeten. Sie sind schockiert. Einige haben bereits um einen Gesprächstermin im Bundespräsidialamt nachgesucht. Sie haben kein Verständnis für Köhlers Absicht. Erstens, weil ihrer Meinung nach die grundsätzliche juristische Voraussetzung für eine Begnadigung nach deutschem Recht fehlt -, nämlich, dass ein zu lebenslänglich Verurteilter zunächst einmal Reue zeigen muss. Das ist nur bei Christian Klar der Fall, der sich bei den Angehörigen von RAF-Opfern entschuldigen will. Bleibt die Frage, ob die eine solche Entschuldigung annehmen! Zumindest bei einer Angehörigen ist das schwer vorstellbar: Bei Hergard Rohwedder, der Witwe des Ostern 1991 erschossenen Chefs der für die Privatisierung von DDR-Vermögen zuständigen Treuhandgesellschaft. Frau Rohwedder selbst wurde bei dem feigen Anschlag der linke Ellenbogen durch einen Schuss zerschmettert - seitdem musste sie mehrmals nachoperiert werden, das letzte Mal in diesem Jahr. Andere Hinterbliebenen-Opfer, wie die Frau des von der RAF in die Luft gesprengten Deutsche Bank-Vorstandes Alfred Herrhausen, sind gegen eine Begnadigung, weil bisher nicht einmal geklärt werden konnte, wer der Mörder ihres Mannes ist. Darum ist es auch müßig, sie und ihresgleichen um Verzeihung zu bitten. Eine ebenfalls Betroffene: «Wem sollen wir denn verzeihen? Der RAF, einer Bande von Mördern, pauschal? Das kann man doch nicht im Ernst von uns verlangen!» Zur Erinnerung: Die RAF, eine Gruppe von politisch verwirrten Wohlstandskindern aus bürgerlichen Kreisen verstieg sich ab Anfang der 70er Jahre zu der Wahnidee, gegen den angeblich neuerlichen Faschismus in der Bundesrepublik eine Revolution zu entfachen zog mordend und bombend durchs Land. Zu den 34 Mordopfern unter Wirtschaftsführern, Bankern, Diplomaten, Richtern und deren Begleitpersonal kamen 27 tote RAF-Mitglieder - unter anderem in bewaffneter Auseinandersetzung erschossen oder durch Selbstmord umgekommen. Köhler bestellte bereits Gutachten bei den Justizbehörden. Drei seiner Vorgänger im Amt standen vor derselben Entscheidung: Bundespräsident Richard von Weizsäcker begnadigte drei Ex-RAF-Terroristen, Roman Herzog ebenfalls drei, Johannes Rau zwei. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich Köhler entscheidet. Für Hanns-Eberhardt Schleyer, den Sohn des 1977 zunächst entführten, dann wochenlang in Gefangenschaft gequälten und schließlich kaltblütigen erschossenen Arbeitgeberpräsidenten, Hanns-Martin Schleyer, sind die RAF-Häftlinge ohnehin keine politischen Täter, sondern schlichtweg Killer, die keine Gnade verdienen. (netzzeitung) |