Die Ökosteuer wird ad absurdum geführt
Analyse
Von Cornelia Wolber Wer bei der Lektüre des Gesetzentwurfs für die geplanten Neureglungen bei der Ökosteuer vier Jahre zurückdenkt, kann nur mit dem Kopf schütteln. Denn vieles, wofür SPD und Grüne damals gekämpft haben, wird nun über den Haufen geworfen. Die Sonderbehandlung von Erdgas etwa, die die Grünen mit der Begründung durchboxten, dass es sich bei Gas um eine umweltschonende Energiequelle handelt. Oder die Sonderregeln für Nachtspeicherheizungen, auf denen die SPD bestanden hatte, weil es sich bei Mietern von Wohnungen mit Nachtspeicherheizungen überwiegend um Bezieher mit kleinerem Einkommen handelt, die nicht zusätzlich belastet werden sollten. Nicht zu schweigen von den zahlreichen Ausnahmeregelungen für die Wirtschaft, die SPD und Grüne nach Inkrafttreten der Ökosteuer Anfang 1999 im Frühjahr nachschob, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Weniger Ausnahmen
All das scheint seit gestern nicht mehr zu gelten. Die Steuer auf Gas wird erhöht. Die Sonderregelung für Nachtspeicherheizungen soll 2006 auslaufen, die Ausnahmentatbestände für die Wirtschaft werden abgebaut.
All das geschieht, obgleich sich an den Rahmenbedingungen nichts wesentliches geändert hat. Gas ist noch immer umweltschonend. Die Mieter von Wohnungen mit Nachtspeicherheizungen beziehen noch immer vergleichsweise kleine Einkommen und der Wirtschaft drohen noch immer Wettbewerbsnachteile, da ja beileibe nicht in allen Staaten, mit denen deutsche Unternehmen konkurrieren, Energiesteuern erhoben werden.
Nun lässt sich ja bekanntlich für alles eine Begründung finden. Im Fall von Gas könnte die etwa so lauten: Da die Bundesregierung erreichen will, dass mit knappen Ressourcen sparsam umgegangen wird, sollen neben Diesel und Benzin nun auch Gas und Heizöl teurer werden. Mit Blick auf die Nachtspeicherheizungen lässt sich anmerken, dass Bezieher kleiner Einkommen überproportional von der Einkommensteuerreform profitieren, deren nächste Stufe zwar um ein Jahr auf 2004 verschoben wird, sich zusammen mit der letzten, für 2005 geplanten, aber richtig bemerkbar machen wird. Und im Fall der Wirtschaft? Der hat man vier Jahre Zeit gegeben, sich mit der Ökosteuer zu arrangieren. Wer das nicht sinnvoll genutzt und in energiesparende Technik investiert hat, muss nun sehen, wo er bleibt.
All das mag logisch klingen. Wirklich überzeugend aber ist es nicht. Denn tatsächlich beschleicht einen das dumpfe Gefühl, dass es für all diese Korrekturen nur einen einzigen Grund gibt: Knappe Kassen. Wie schon so oft, hat die Bundesregierung auch bei den Koalitionsverhandlungen das Pferd von hinten aufgezäumt. Erst wurde der Einsparbetrag ermittelt und dann geguckt, wo das Geld herkommen soll. Und wenn´s nicht reicht, müssen halt Gas, Nachtspeicherheizungen und die Wirtschaft herhalten. Und wenn´s beim Gas lieber nicht so viel sein soll, dann wird beim Heizöl eben noch was draufgeschlagen. Hauptsache die Summe stimmt.
Bundesfinanzminister Hans Eichel mag das recht sein. Doch mit nachhaltiger Politik hat das nichts zu tun. Mag die Idee, die der Ökosteuer zu Grunde liegt - Energie zu verteuern, um Arbeit billiger zu machen - ihren Charme haben. Bei der Umsetzung hat es von Anfang an gehakt. Mit dem Ergebnis, dass jede Korrektur die Situation jetzt nur schlimmer macht.
Bundesregierung in der Schuld
So machen die Ausnahmetatbestände aus Gründen des Wettbewerbs Sinn. Der Gedanke der Ökosteuer aber wird dadurch ad absurdum geführt, weil gerade jene, die besonders viel Energie verbrauchen, steuerlich begünstigt werden. An diese Begünstigung aber ist das Versprechen geknüpft, einen bestimmten Anteil zur Reduktion umweltschädlicher Treibhausgase beizutragen. Entsprechend hat die Industrie in umweltschonende Technik investiert. Kippt die Bundesregierung nun Ausnahmereglungen, bleibt sie ihren Teil des Vertrages schuldig.
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