Weltweit 26 Kernkraftwerke sind derzeit im Bau, 41 in der konkreten Planung sowie weitere 113 Projekte in der Vorplanung. Etliche davon werden schon der neueren, dritten Generation angehören, von der 20 unterschiedliche Reaktortypen in der Entwicklung sind. Dazu zählen auch die sogenannten "Advanced Reactors" - fortgeschrittene Reaktoren, von denen drei in Japan (ABWR, Advanced Boiling Water Reactor) bereits in Betrieb und weitere im Bau oder geplant sind.
Die beiden ersten Kraftwerke des Typs European Power Reactor (EPR), der europäische Prototyp dieser 3. Generation, entstehen derzeit in dem finnischen Olkiluoto sowie dem französischen Flamanville am Ärmelkanal. Die finnische Anlage soll 2012 in Betrieb gehen. Mit 1600 MW elektrischer Leistung wird sie das bisher leistungsstärkste Atomkraftwerk weltweit sein.
Die EPR-Linie ist eine Weiterentwicklung der französischen N4-Reaktoren und der deutschen Konvoi Druckwasserreaktor-Kraftwerke. "Der EPR ist unentbehrlich für die Erneuerung unserer nuklearen Produktion", bekennt EdF-Chef Pierre Gadonneix. Der EPR verbraucht weniger Uran und soll mit 60 Jahren auch eine längere Lebensdauer haben als seine Vorgänger. Alle denkbaren Störfälle sollen auf die Anlage selbst beschränkt bleiben.
Für den Fall, dass es trotz aller Sicherheitseinrichtungen zu einer Kernschmelze kommt, ist im Containment unter dem Reaktordruckgefäß eine Auffangwanne aus Spezialbeton für die Metallschmelze vorgesehen: 170 m2 groß und 6 m dick. Die Wirksamkeit eines solchen Corecatchers wird allerdings nicht nur von Werkstoffspezialisten angezweifelt, zumal die Praxistauglichkeit kaum zu testen wäre.
Abbrennbare Neutronenabsorber sollen zudem Reaktorgifte vermeiden und zur Erhöhung der Brennstofflebensdauer beitragen. Bei den 3G-Reaktoren handelt es sich aber immer noch um sogenannte thermische, langsame Atommeiler, die ihre energieliefernde Kernspaltung mit langsamen Neutronen bewirken und dabei aus dem Kernbrennstoff Uran-238 das langlebige Plutonium-239 erbrüten, von dem etwa die Hälfte unverbrannt im strahlenden Abfall zurückbleibt.
Deswegen sieht nicht nur der französische Stromerzeuger im EPR eine Art Übergangslösung. Man setzt auf die vierte Generation, die allerdings erst in rund drei Jahrzehnten serienreif sein soll. Im Rahmen der internationalen Dreizehn-Länder-Arbeitsgemeinschaft "Generation IV International Forum" (GIF) unter der Führung der USA - an dem Deutschland allerdings nur mittelbar via EU und Euratom beteiligt ist - werden seit 2004 verschiedene Kraftwerksvarianten untersucht.
Die künftigen Reaktoren müssen neben einer Effizienzsteigerung inhärente Sicherheit bieten - d. h. auch eventuelle schwerste Unfälle dürfen keinerlei Außenwirkung haben und müssen im Reaktorgebäude bleiben", erläutert Ralph A. Eichler, Direktor des Schweizer Paul Scherrer Instituts (PSI), die GIF-Ziele.
An der Technologie der Kraftwerke der vierten Generation wird im südfranzösischen Cadarache bereits intensiv geforscht: 2007 wurde dort der Grundstein für den Forschungsreaktor Jules Horowitz Reactor gelegt, der 2014 den Betrieb aufnehmen soll. Er wird 100 MW leisten und es geht vor allem darum, geeignete Materialien auszuwählen. Die Ansprüche an die Werkstoffe sind nämlich hoch, denn die Kernkraftwerke der Zukunft sollen nicht bloß elektrischen Strom erzeugen.
Weil sie als Hochtemperaturreaktoren bei 900 °C betrieben werden, könnte so Wasser direkt in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt werden. Der Vorteil: Der klassische Weg der Wasserstoffherstellung - die Elektrolyse von Wasser mit Strom - wäre sehr viel weniger effizient, sagt Antonio Hurtado, Professor für Wasserstoff- und Kernenergietechnik an der TU Dresden und Experte für die vierte Generation.
Diese wird außerdem das bislang kaum genutzte Natururan U-238 um etwa den Faktor 60 besser ausnutzen können. Auch beim spaltbaren Uran-235, von dem heute 99 % ungenutzt in Brennstäben verbleiben, soll die Ausbeute besser aussehen. Weiteres Plus: "Die vierte Generation der inhärent sicheren Kernkraftwerke, wozu etwa der Hochtemperaturreaktor gehört, schließt GAUs naturgesetzlich aus", so Fritz Vahrenholt, Geschäftsführer der RWE-Tochter RWE Innogy.
Zudem verbrennen solche Reaktoren, die mit schnellen Neutronen arbeiten, entstehendes Plutonium sowie schwerere Transurane nahezu restlos. Sie sind dadurch geeignet, sogar den Strahlenmüll der bisherigen Leichtwasserreaktoren nach einer Aufarbeitung als Brennstoff zu verwenden. Durch diese so genannte Transmutation aller langlebigen Strahlenabfälle blieben nur die Spaltprodukte wie Cäsium-137 übrig, die nach maximal 500 Jahren im Endlager ihre gefährliche Strahlung verloren haben, statt 100 000 Jahre, wie bei Reaktoren der heutigen Generation II. Damit könnten auch die politisch sehr umstrittenen Ansprüche an Endlagerstätten sinken.
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