Die Welt
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Wirbel um Anwalt im Anlegerschutz-Prozess
Vorwürfe gegen Verteidiger überschatten den Auftakt der VerWirbel um Anwalt im Anlegerschutz-Prozesshandlung gegen den früheren Vizechef der Vereinigung SdK
Anwalt Harald Petersen ist selbst vielfach als Investor und Aufseher aktiv. Nun soll auch er Aktienkurse manipuliert haben Google Anzeige
Solar Millennium Opfer? Interessensgemeinschaft 0421/321121 24-h-Dienst, Notfälle: 01724107745 www.anwalt-a.de
Lang ist die Liste der Vorwürfe gegen Markus Straub. 84 Seiten umfasst die Anklage gegen den früheren Vizechef der Anlegerschutzvereinigung SdK, die die Staatsanwaltschaft zum Prozessauftakt vor dem Münchener Landgericht vortrug. Die Ermittler werfen Straub und seinem einstigen SdK-Kollegen Tobias Bosler Marktmanipulation und Insiderhandel mit Aktien mehrerer Unternehmen vor. Doch im Mittelpunkt stand an diesem ersten Verhandlungstag ein Mann, der neben Straub im Gerichtssaal saß und dem derzeit vergleichsweise wenig zur Last gelegt wird: Harald Petersen, einer der Anwälte Straubs. Ausgerechnet am Wochenende vor dem Prozess wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen ihn ermittelt - wegen "Marktmanipulation in Mittäterschaft". Möglicherweise als Mittäter seines Mandanten.
Petersen ist nicht irgendein Anwalt. Er ist selbst ein SdK-Gewächs, gehörte über Jahre zu den führenden Köpfen der umstrittenen Anlegerschutz-Vereinigung. Bis vergangene Woche saß er sogar in dessen Vorstand - bis er dieses Amt niederlegte, mit Hinweis auf mögliche Interessenskonflikte als Straub-Verteidiger. Da wusste Petersen freilich längst, dass die Staatsanwaltschaft bereits seit Herbst auch gegen ihn selbst ermittelt. Er soll von einem vermeintlich schmutzigen Spiel Straubs mit Aktien des Finanzdienstleisters Wirecard gewusst haben. Die SdK kritisierte öffentlich angebliche Bilanztricks von Wirecard, während ihr Vize Straub auf fallende Kurse bei den Anteilen des Unternehmens setzte. Die Wirecard-Vorwürfe gegen Straub werden in einem gesonderten Verfahren behandelt, nun geht es zunächst um Aktien anderer Firmen. Der Ex-Anlegerschützer, der seit 16 Monaten in Untersuchungshaft sitzt, wies die Vorwürfe gegen ihn ausdrücklich zurück - er habe "niemanden getäuscht und erst Recht niemanden geschädigt".
Zu den Vorwürfen gegen seinen Anwalt Petersen will sich die Staatsanwaltschaft nicht im Detail äußern. Umso lauter schimpft der Beschuldigte, dessen Kanzlei Anfang Januar durchsucht wurde: "Wir weisen den Vorwurf entschieden zurück", lässt er über einen Sprecher ausrichten. "Dieser ist aus unserer Sicht konstruiert und hat das Ziel, Herrn Petersen aus der Verteidigung von Herrn Straub zu drängen und damit dessen Verteidigung zu schwächen." Tatsächlich hat die Staatanwaltschaft im Dezember ein Verfahren eingeleitet, um Petersen vom Straub-Prozess ausschließen zu lassen. Die Verteidiger des SdK-Vizes forderten daher am Montag, die Verhandlung gegen Straub vorerst auszusetzen. Dies lehnte die Vorsitzende Richterin Jutta Zeilinger allerdings ab.
Petersen selbst will an seinem Mandat festhalten. Die Vorwürfe gegen ihn "entbehren jeder Grundlage", ließ er mitteilen. Nach seiner Darstellung entzündet sich die Kritik der Staatsanwälte allein an einer Pressemitteilung der SdK vom 18. Juli 2008, die für einen Kursrutsch der Wirecard-Aktie an jenem Tag mitverantwortlich gewesen sein soll. Petersen betont jedoch, diese Pressemitteilung habe nur über einen Vorstandsbeschluss informiert, an dem er als SdK-Vorstand eben mitgewirkt habe. Straub sei nicht an diesem Beschluss beteiligt gewesen.
Petersen ist es gewohnt, sich zu verteidigen. Er ist selbst als Investor und Aufsichtsrat in einer Vielzahl von Firmen aktiv. In die Schlagzeilen geriet er etwa als Miteigentümer und Aufsichtsratschef des Kraftwerksentwicklers Solarhybrid. Das Unternehmen aus dem Sauerland verhandelt seit Monaten über einen Kauf des US-Geschäfts des inzwischen insolventen Konkurrenten Solar Millennium, dessen Aufsichtsrat Michael Fischer selbst bei Solarhybrid investiert ist. Petersen wiederum beriet Anfang 2010 den Aufsichtsrat von Solar Millennium. Damals ging es um eine vermeintliche Spekulanten-Attacke - und Petersens Vorschläge für Gegenmaßnahmen ähnelten auffällig denen seines SdK-Gefährten Bosler, der damals nach eigenem Bekunden ein maßgeblicher Aktionär von Solar Millennium war. Branchenspekulationen, wonach auch Petersen an dem Kraftwerksentwickler aus Erlangen beteiligt war, weist der Anwalt zurück.
Für Aufsehen sorgte auch, dass im November das Hamburger Handelshaus Münchmeyer Petersen & Co. (MPC) den Kauf des Essener Anlagenbauers Ferrostaal ankündigte - dem langjährigen Solar-Millennium-Partner könnten im Zuge der Insolvenz gemeinsame Tochterfirmen mehr oder weniger in den Schoß fallen. Harald Petersen versichert indes, trotz Namensgleichheit existiere "keine Verbindung" zwischen ihm und MPC.
Doch auch wenn Petersen selbst "keinen Interessenskonflikt" beim Thema Solar Millennium sieht - die SdK ist in Zeiten, in der prominente Ex-Funktionäre vor Gericht stehen, vorsichtig geworden. Zwar buhlt der Anlegerschutz-Verein lautstark um die Gunst geschädigter Anleger der Erlanger Firma - die Rolle Petersens erläutert sie dann aber doch lieber in einem "Hinweis".
http://www.welt.de/print/die_welt/finanzen/...gerschutz-Prozess.html# ----------- "Entweder wir brechen gemeinsam auf zum Erfolg, oder wir sterben in Schönheit."
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