EECH positiv in der Welt am Sonntag vom 20.11.2005
Spaniens Sonne wird zum Milliardengeschäft Madrid investiert verstärkt in die Solarenergie. Dank ihrer Erfahrung sind deutsche Unternehmen dabei gefragte Partner von Karin Finkenzeller
Bodenschätze kennt jeder. Aber Himmelschätze? Die Wortschöpfung ist neu, wird jedoch in Spanien schon gern für eine Ressource benutzt, die bisher vor allem dazu diente, Millionen von Touristen ins Land zu locken. Daß mit Sonne auch Strom und Nutzwärme zu erzeugen sind, wurde in dem Land mit jährlich rund 3000 Sonnenstunden bislang vernachlässigt.
Das soll sich ändern. Die Regierung will die Solarstromkapazitäten bis 2010 auf 400 Megawatt verzehnfachen. Die auf dem Gebiet erfahrenen deutschen Anbieter erwarten dicke Auftragsbücher.
Für Florian Pfeffer ist die Rechnung einfach: " Wenn zum Stichtag 31. Dezember 2004 Anlagen für insgesamt 37 Megawatt Solarstrom existierten, ist bis 2010 eine Kapazitätslücke von 363 Megawatt offen. Bei Investitionskosten von sieben Millionen Euro je Megawatt ist das ein Markt von 2,5 Milliarden Euro" , sagt der Leiter des Madrider Büros der Firma Voltwerk, einer Tochter des deutschen Systemanbieters Conergy.
Dank der vielen Sonnenstunden - rund doppelt so viele wie in Deutschland - lassen sich pro Megawatt Leistung in Spanien gut zwei Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Mit 400 Megawatt ließen sich 2010, gemessen am heutigen Stromverbrauch einer Durchschnittsfamilie von täglich etwa zehn Kilowattstunden, zwischen 220 000 und 240 000 Haushalte versorgen. Das sind zwar nur etwas mehr als zwei Prozent der Bevölkerung. " Aber das ist erst der Anfang" , sagt Pfeffer. Spaniens Photovoltaikverband ASIF erwartet, daß die Regierungspläne weit übertroffen und 2010 insgesamt 1100 Megawatt Sonnenleistung zur Verfügung stehen.
Das TecDax-Unternehmen Conergy beschäftigt bereits 60 Mitarbeiter in seinem Madrider Büro. Vor wenigen Wochen gründete der Solarzellenhersteller Solarworld die Tochterfirma Solarworld Ibérica. " Spanien ist einer der wachstumsstärksten Märkte in Europa" , sagt der für das Exportgeschäft zuständige Manager Faried Muscati.
Die konservative Regierung schuf kurz vor ihrer Abwahl 2004 die Grundlagen zur Förderung erneuerbarer Energien. Die neue sozialdemokratische Umweltministerin Cristina Narbona setzte das Volumen für die Solarenergie um das fast dreifache nach oben.
Das hatte weniger ideologische als handfeste wirtschaftliche und umweltpolitische Gründe. Als die Klimaschutzvereinbarung von Kyoto geschlossen wurde, nahm die internationale Gemeinschaft die Daten über den Kohlendioxidausstoß von 1990 als Grundlage. Damals emittierte Spanien noch drei Viertel weniger Treibhausgase als Deutschland und erhielt die Erlaubnis, den Ausstoß zwischen 2008 und 2012 um 15 Prozent zu erhöhen. Ein rasantes Wirtschaftswachstum führte jedoch dazu, daß dieses Limit schon 1996 überschritten war. Seither stieg der Stromverbrauch nochmals um ein Drittel. Da erneuerbare Energien nur fünf Prozent zur Versorgung beitragen, wird tonnenweise Kohlendioxid zuviel in die Luft geblasen. Bereits im August waren die für das Jahr 2005 vergebenen Emissionsrechte aufgebraucht.
Groß ist das Interesse an Photovoltaikanlagen zur direkten Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie vor allem bei Privatleuten und mittelständischen Unternehmen. Schätzungen der spanischen Energieagentur IDAE zufolge werden bis zum Jahresende Solarzellen mit einer Gesamtkapazität von 25 Megawatt neu auf Hausdächern und an Fassaden installiert. Ähnlich wie Deutschland mit dem Energieeinspeisungsgesetz belohnt nämlich auch der spanische Staat das Umweltbewußtsein. Bisher allerdings nur bei Anlagen bis zu 100 Kilowatt Leistung.
Die Versorgungsunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, den Solarstrom 25 Jahre lang zum fast Sechsfachen des Preises aufzukaufen, den sie anschließend den Verbrauchern berechnen. Derzeit sind das gut 42 Cent pro Kilowattstunde. Zudem versprach der Staat 2004 auch, 20 Prozent der Installierungskosten zu übernehmen.
Der Andrang von Interessierten überforderte die Behörden anfangs völlig. Von beantragten Anlagen mit einer Gesamtleistung von 77 Megawatt wurden 2004 nur acht Megawatt bezuschußt. " Wir haben uns aber nicht davon abbringen lassen" , sagt Juan Ramón, Chef einer Autowerkstatt in Alcoy nördlich von Alicante. 600 000 Euro hat er für die 800 Quadratmeter Solarzellen bezahlt, die auf dem Flachdach seiner Werkstatt das Sonnenlicht einfangen. " In zehn Jahren hat sich die Investition amortisiert, 15 Jahre lang wirft sie dann Geld ab" , sagt Ramón.
Großinvestoren wie die Baufirma ACS interessieren sich währenddessen eher für die solarthermische Stromerzeugung. Am Fuß der Sierra Nevada in Andalusien entsteht ab dem nächsten Jahr für 300 Millionen Euro das europaweit erste Kraftwerk mit sogenannten Parabolrinnen, die dem Lauf der Sonne folgen.
Zwei weitere Kraftwerke sind geplant. An der Realisierung beteiligt ist die in Erlangen ansässige Firma Solar Millennium. " Die Bedingungen in Südspanien sind sehr gut" , sagt Sprecher Sven Moormann. Abgesehen vom günstigen Klima seien die Behörden der neuen Energie gegenüber aufgeschlossen. Gerade im Hinterland Andalusiens, das nicht mehr vom Tourismus profitiert, freut sich so mancher Bürgermeister über Investitionen.
Auf derartige Großprojekte schauen dann auch auf erneuerbare Energien spezialisierte Finanzdienstleister wie die Hamburger European Energy Consult Holding EECH . Sie steht hinter einem weiteren solarthermischen Kraftwerk, das ebenfalls in Andalusien entwickelt wird. " Spanien hängt in vielen Dingen hinterher" , sagt Roland Bettscheider, Leiter der EECH-Niederlassung in Sevilla . " Aber in den nächsten Jahren entsteht hier ein Milliardenmarkt für regenerative Energien."
Artikel erschienen am 20. November 2005
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