ROUNDUP 2: Aktionäre gehen mit Obermann ins Gericht
16:11 30.04.09
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KÖLN (dpa-AFX) ? Spitzelaffäre, Gewinnwarnung und Konzernumbau ? an kritischen Themen mangelte es nicht auf der Hauptversammlung der Deutschen Telekom (Profil). Die Aktionäre gingen mit Vorstandschef Rene Obermann hart ins Gericht. Die Tatsache, dass nach nur acht Wochen die Gewinnprognose zurückgenommen worden war, bezeichnete ein Aktionärsschützer als "Pfeil ins Herz" der Anleger. "Völlig unverständlich", schimpfte ein anderer.
Die Gewinnwarnung habe Zweifel aufgebracht, ob ein stabiler Cash Flow und eine attraktive Dividende auch in Zukunft gesichert sei, sagte der Chef der Fondsgesellschaft DWS Klaus Kaldemorgen. Beide Größen seien bislang wesentliche Unterstützung für den Aktienkurs der Deutschen Telekom ? und der dürfte den Anlegern im vergangenen Jahr wenig Freude bereitet haben: Von mehr als 15 Euro Anfang 2008 rutschte die T-Aktie auf derzeit knapp neun Euro. Am Tag der Gewinnwarnung sackte das Papier in der Spitze um zehn Prozent ab. Telekom-Chef Obermann bezeichnete den Kursverlauf selbst als "unbefriedigend".
STEUERFREIE DIVIDENDE VERSÖHNT NICHT
Auch die erstmals steuerfreie Dividende von 0,78 Euro stimmte die Aktionäre nicht versöhnlich: Die Ausschüttung sei steuerfrei, weil sie nicht verdient wurde, sondern aus der Substanz stamme, kritisierte etwa Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Telekom zahlt ihre Dividende für 2008 vom so genannten steuerlichen Einlagenkonto. Aus diesem Grund fallen für inländische Aktionäre keine steuerlichen Abgaben an.
Wegen Problemen im ausländischen Mobilfunkgeschäft ? vor allem in den USA und Großbritannien ? hatte Obermann seine bisherige Gewinnprognose vergangene Woche zurückgenommen und rechnet nun mit einem Rückgang des operativen Gewinns von 2 bis 4 Prozent. Und in Großbritannien droht weiteres Ungemach: Der Abschreibungsbedarf auf das britische Mobilfunkgeschäft dürften "in der Größenordnung von 1,8 Milliarden Euro" liegen, sagte Finanzchef Tim Höttges. Die Telekom hatte außerplanmäßige "Impairment Tests" für T-Mobile UK angekündigt, deren Ergebnis mit dem Quartalsabschluss am 7. Mai vorgestellt werden sollen. Die Wertberichtigungen sollen als Sondereinfluss ausgewiesen werden und nicht zu einem Cash-Abfluss führen.
AUSSERORDENTLICHE HAUPTVERSAMMLUNG WEGEN KONZERNUMBAU
Bei ihrem geplanten Konzernumbau drückt die Telekom unterdessen aufs Tempo. Noch in diesem Jahr soll eine außerordentliche Hauptversammlung der Zusammenlegung von Mobilfunk und Festnetzgeschäft in Deutschland zustimmen. Zuvor soll die T-Mobile International AG auf die Deutsche Telekom verschmolzen werden. Telekom-Chef Obermann bekräftige, dass mit dem Umbau kein Personalabbau in Deutschland verbunden sei. Er verspricht sich vor allem durch die einheitliche Kundenbetreuung zusätzliche Umsatzpotenziale. Zudem würden Prozess- und IT-Kosten eingespart. Zahlen zu Synergien und Kosten aus dem Umbau nannte Obermann allerdings auch auf Nachfrage der Aktionäre nicht.
Der Bonner Ex-Monopolist hatte im Februar die Integration von Festnetz und Mobilfunk angekündigt. Für die Umsetzung der Integrationspläne wurden auch neue Vorstandsressorts unter anderem für die Beteiligungen in Osteuropa geschaffen. Trotz der Krise sehe die Telekom mittelfristig weitere Wachstums-Chancen in Süd- und Osteuropa, sagte Obermann. Im vergangenen Jahr waren die Bonner bei der griechischen OTE mit 25 Prozent eingestiegen. Nach Abschreibungen in Höhe von 500 Millionen Euro auf den Buchwert befürchten Aktionäre, dass sich die Telekom damit einen weiteren Klotz ans Bein gebunden hat. Zum derzeitigen Zeitpunkt gebe es aber keinen Anlass über weitere Anpassungen nachzudenken, sagte Finanzchef Höttges. Eine Nachverhandlung des Kaufpreises sei ebenfalls nicht denkbar, fügte Obermann hinzu.
ENTLASTUNG VON ZUMWINKEL SOLL AUFGESCHOBEN WERDEN
Bei Spitzelaffäre und Datenskandal sehen die Aktionäre auch Vorstand und Aufsichtsrat in der Verwantwortung: Die Telekom stellte jüngst Schadensersatzforderungen in Höhe von einer Million Euro gegen Ex-Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Obermanns Vorgänger Kai-Uwe Ricke. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen deshalb vor, die Entlastung Zumwinkels bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung im Jahr 2010 zu vertagen./gr/he
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