18. November 2005 In den vergangenen Jahren war die Aktie der AT&S Austria eine Stütze des deutschen Technologietitel-Marktes. Während der TecDax seit seiner Einführung im März 2003 gut 71 Prozent zugelegt, die Aktie der Österreicher um annähernd 60 Prozent. Die Zweijahres-Kursbilanz fällt mit 17 Prozent zu 5,6 Prozent klar zugunsten von AT&S aus. Zwar ist die Aktie des führenden europäischen Leiterplatten-Herstellers in den ersten sechs Monaten dieses Jahres dem Index hinterher gelaufen, doch hat sie sie seit dem Tief im Mai um fast 50 Prozent zugelegt.
Und zum Wochenschluß liegt sie mit einem Plus von 3,6 Prozent auf 16,25 Euro hinter Tele Atlas und Software AG auf Platz drei der TecDax-Tagesliste. Das bedeutet: Die Notiz rennt gegen einen seit Februar vergangenen Jahres ausgebildeten technischen Widerstand an, der am oberen Ende vom Zweijahreshoch bei 16,58 Euro begrenzt wird. Ein Sprung über diese Marke wäre ein technisches Kaufsignal. Zuletzt scheiterte die Notiz zu Anfang Oktober bei dem Versuch, diese Hürde zu nehmen. Dies fiel allerdings mit dem Beginn der jüngsten allgemeinen Korrektur am Aktienmarkt zusammen.
Für den Titel spricht außer einem brummenden Geschäft und der zuversichtlichen Prognose des Vorstands auch die im Verhältnis zum TecDax günstige Bewertung. Zudem zählt AT&S zur Minderheit der TecDax-Firmen, die eine Dividende zahlen. Und die von Analysten geschätzte Dividendenrendite von 2,3 Prozent ist nicht schlecht.
Vorstand rechnet weiter mit Vollast
AT&S fertigt Leiterplatten für Unternehmen aus Telekommunikation, Meß- und Regeltechnik, Computer sowie für die Automobilindustrie. Leiterplatten dienen als Verbindungsplattform für Transistoren, integrierte Schaltungen oder Mikroprozessoren. Und mit ihren Produkten verdient die Gesellschaft gutes Geld.
Im abgelaufenen zweiten Geschäftsquartal wuchs der Umsatz im Jahresvergleich um zwölf Prozent auf 96,6 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2005/06 stieg er damit um 14 Prozent auf 186,4 Millionen Euro. Dies sei der höchste Umsatz in einem ersten Halbjahr seit Bestehen der AT&S. Der Quartalsüberschuß stieg von 8,1 auf 8,9 Millionen Euro oder knapp zehn Prozent. Im Halbjahr sank er dagegen von 15,6 auf 15,2 Millionen Euro.
Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stagnierte im zweiten Quartal bei 8,7 Millionen Euro. Die Ebit-Marge, das Verhältnis des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern zum Umsatz, verschlechterte sich von 10,1 auf 9,0 Prozent. Dies lag aus Sicht der Analysten der Erste Bank an den Kosten für die Fertigstellung eines Werks in China; die Erste Bank hatte sogar mit einer schwächeren Marge gerechnet. Die Nettoverschuldung sank zum Ende des ersten Geschäftshalbjahres (Ende September) auf 12,6 Millionen Euro gegenüber 50,6 Millionen Euro im Vorjahr.
AT&S hat vor diesem Hintergrund seine Prognose für das Geschäftsjahr 2005/06 nach der Vorlage von Quartalszahlen erneut erhöht. ?Im zweiten Halbjahr wird AT&S aus heutiger Sicht weiterhin unter Vollauslastung produzieren, was bei einem konstanten Dollar eine Umsatzsteigerung im Gesamtjahr von rund 13 Prozent bringen dürfte?, teilte die österreichische Gesellschaft am 25. Oktober mit. Das Jahresergebnis je Aktie dürfte nun 1,25 Euro betragen statt der bisher angepeilten 1,20 Euro je Aktie. ?Die Kundenprognosen für das Weihnachtsgeschäft, vor allem aber auch darüber hinaus sind weiterhin sehr positiv, was für AT&S auch weiterhin zu einer Vollauslastung führen sollte.?
Erheblich günstiger als der TecDax
Aus Analystensicht ist AT&S ein Kauf und unterbewertet. Die Raiffeisen Centrobank (RCB) in Wien verweist auf die im Vergleich zu Wettbewerbern günstige Bewertung und hat gerade das Kursziel von 17 Euro auf 18,50 Euro angehoben; den gleichen Wert nennt die WestLB. Aus Sicht der Erste Bank ist das Papier 17,50 Euro wert. JP Morgan sieht in der Vollast gleichsam eine Begrenzung des Aufwärtspotentials, aber den fairen Wert bei 18 Euro.
Die Bewertung dürfte Anleger kaum davon abhalten, die Aktie in Richtung dieser Kursziele hochzukaufen. Mit geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnissen von 13,1 für dieses Geschäftsjahr und 12,1 für das nächste ist der Titel erheblich günstiger als der TecDax (26,6/19,8), wobei die Analysten mit einer relativ geringeren Ertragsdynamik rechnen.
Um sich weiteres Kurspotential zu erschließen, muß die Aktie den genannten Widerstand nehmen. Dann wäre aus technischer Sicht der Weg bis zum Vierjahreshoch bei 18,20 Euro frei. Unter dem Strich wirkt die Aktie recht atrraktiv, interessierte Anleger scheinen aber gut beraten zu sein, das Kaufsignal abzuwarten.
Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht die der F.A.Z.-Redaktion wieder.
Text: @thwi mit dpa-AFX Bildmaterial: FAZ.NET
|