NÜRNBERG - Der Ort war mit Bedacht gewählt: Weiße, kahle Wände; 1000 Quadratmeter öde, verwaiste Fläche, die jeden noch so scheuen Gedanken an die guten alten, erfolgreichen Zeiten des Quelle-Gründers Gustav Schickedanz sofort im Keim ersticken. An einer Stirnseite zwei spartanische Tische, dazu Stühle wie vom Sperrmüll - welche Umgebung könnte besser passen zu der Botschaft, die der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg zu verkünden hatte.
In dem weitläufigen Raum des Quelle-Versandgebäudes an der Fürther Straße, wo zuletzt die Restbestände des Katalogsortiments zu Schleuderpreisen verklopft wurden, regt sich an normalen Tagen kein Finger mehr. Längst sind weite Teile des mehrstöckigen Hauses leergeräumt, die Geschäfte laufen seit Jahren schlecht. Die Quelle ist Kern der Versandgruppe Primondo. Und die gehört so wie die Karstadt-Warenhäuser zum Essener Arcandor-Konzern, der einst KarstadtQuelle hieß - aber das ist eine andere Geschichte.
Schelte für Middelhoff
Arcandor musste am 9. Juni dieses Jahres endgültig Insolvenz anmelden, nachdem jahrelange Bemühungen gescheitert waren, den Konzern profitabel zu machen. Was das Management in all den Jahren nicht fertig brachte, das muss jetzt der Insolvenzverwalter in wenigen Wochen schaffen, sonst droht dem Handelsriesen mit den meisten seiner Töchter die Abwicklung und der Ausverkauf.
Apropos Management. Der jetzige Chef des Verfahrens spart nicht mit nur mühsam versteckter Kritik an der alten Arcandor-Führung. Görg meint den im März ausgeschiedenen Manager Thomas Middelhoff, wenn er beklagt, dass er einen Konzern vorgefunden hat, bei dem «die Substanz gründlich aufgebraucht wurde« und «aus dem auch noch das letzte Staubkorn herausgeholt worden ist, um es zu Geld zu machen.« Starker Tobak angesichts der sonst so dezenten Umgangsart in der Wirtschaft.
Auch Karstadt muss bluten
Entsprechend einschneidend sind die Maßnahmen, die Görg gestern in dem alten Quelle-Versandgebäude zuerst den Mitarbeitern und dann den Journalisten aufzählte: Bei Primondo fällt jeder dritte Arbeitsplatz weg - nach gegenwärtigem Stand 3700, davon je nach Lesart zwischen 1500 und 2000 in der Region. Verteilt auf die verschiedenen Gesellschaften bedeutet das beispielsweise: 140 Arbeitsplätze werden wohl in der Logistik wegfallen, 200 bei der Primondo Management Service, über 1900 bei der Quelle GmbH. Von Plangrößen spricht der vorläufige Insolvenzverwalter - Zahlen, die mit den Arbeitnehmervertretern erst noch ausgehandelt werden müssen. Doch ob es unter dem Zeitdruck und der bedrohlichen Lage des Konzerns noch viel auszuhandeln gibt, bezweifeln selbst die Betriebsräte.
Auch Karstadt muss bluten. Bis zu 19 Häuser sollen verkauft oder geschlossen werden, ohne dass Standorte genannt wurden. Beschäftigte, Vermieter und Lieferanten müssen Opfer bringen - «die Operation wird Schmerzen bereiten«, sagt der Insolvenzverwalter. In Nürnberg ist man derweilen zuversichtlich, nicht zu den von Schließung bedrohten Filialen zu gehören. «Wir arbeiten profitabel«, bekräftigte gestern noch einmal Hansjörg Pointecker, Geschäftsführer des Hauses an der Lorenzkirche. Gleiches gilt für die Filiale in Langwasser.
Versandchef: Auf dünnem Eis
Immerhin: der derzeitige Insolvenzverwalter Görg hält sowohl Karstadt als auch die Versandsparte für «im Kern überlebensfähig«. Und das ist mehr, als unmittelbar nach der Anmeldung der Insolvenz Anfang Juni zu erwarten war.
Primondo-Chef Marc Sommer dämpft allerdings im Gespräch mit dieser Zeitung allzu große Hoffnungen: «Wir bewegen uns auf einem sehr dünnen Eis.« Vor allem die bis Ende des Monats anstehende Verlängerung des Factoring-Programms mit den finanzierenden Banken - an der Spitze die Essener Valovisbank - nannte Sommer als einen der Knackpunkte für die Fortführung des Versandgeschäftes. Wie schon bei den zähen Verhandlungen im Juni geht es auch jetzt wieder um Sicherheiten und um Konditionen. «Die Bedingungen, die da genannt werden, sind so unrealistisch, dass ich sie noch nicht einmal ernst nehmen kann«, deutet auch der Insolvenzverwalter an, wie schamlos offenbar die Banken die Notsituation des Konzerns ausnutzen.
Kaufhaus wird geschlossen
Primondo-Chef Sommer betont, dass die meisten der anstehenden Sanierungsmaßnahmen im Versandbereich ohnehin geplant, beziehungsweise eingeleitet worden waren. «Da wirkt das Insolvenzverfahren jetzt wie ein Katalysator, der manche Sachen beschleunigt, die auf normalem Weg längere Zeit in Anspruch genommen hätten.«
Als Beispiel nennt Sommer langlaufende, teure Mietverträge für Immobilien, die nicht mehr oder nur zum Teil genutzt werden. Diese könnten in der Insolvenz gekündigt werden, was eine deutliche Kostenentlastung ermögliche. Unter anderem sollen so die 18 Primondo-Standorte in der Region auf dem AEG-Areal an der Fürther Straße gegenüber dem Quelle-Kaufhaus konzentriert werden. Das Kaufhaus selbst wird geschlossen.
Investoren in Sicht
Insolvenzverwalter Görg wie auch Primondo-Chef Sommer sind zuversichtlich, für die Versandgruppe als Ganzes einen Investor zu finden - für Sommer die Voraussetzung, dass er nach der Insolvenz weiter die Verantwortung für die Versand-Gruppe tragen wird. Görg spricht von bis zu acht ernsthaften Interessenten. Schon bis Anfang September, so erwartet Sommer, könnten dann verhandelbare Angebote vorliegen.
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