Frankfurt, 17. Jan (Reuters) - Die Flaute an den Börsen und der Einbruch am Werbemarkt hat bei Finanzportalen im Internet tiefe Spuren hinterlassen. Experten zufolge wird die Luft für unabhängige Anbieter von kostenlosen Finanzinformationen im Internet dünn, einige werden noch oder haben schon das Handtuch geworfen. Am Ende der anhaltenden Konsolidierung in der Branche dürften nur wenige bedeutsame Portale übrig bleiben. "Ich bin mir sicher, dass einige Anbieter dieses Jahr nicht überleben werden", sagt Michael Schwetje, Portal- und Finanzchef des Finanzinformationsanbieters Onvista.de>. Die Website ist mit nach eigenen Angaben 30 bis 40 Millionen Seitenaufrufen (Page Impressions) im Monat der größte Anbieter Deutschlands. Zu Boomzeiten hatte Onvista bis zu 80 Millionen Seitenaufrufe gezählt. "Die meisten kleinen Portale sind ausschließlich von Werbeerlösen abhängig. Wir erwarten nicht, dass sich der Werbemarkt so schnell erholen wird, so dass diese Anbieter weiteren Kostendruck zu spüren bekommen werden", sagt Schwetje. Onvista finanziert sich wie nur wenige andere Anbieter nicht nur aus Werbung, sondern auch aus Lizenzeinnahmen. ZAHL DER FINANZPORTALE DEUTLICH GESUNKEN In den vergangenen Jahren mussten etliche Anbieter wie Neuermarkt.com, Moneyshelf.de, fnet.de, stockwatch.de oder financial.de ihren Ausflug in die Welt der Online-Finanzinformationen entweder ganz beenden oder ihr Angebot vermindern. Zu den derzeit größten Finanzportalen zählen - gemessen an Seitenaufrufen - nach Branchenangaben neben Onvista.de Finanztreff.de und Wallstreet-online.de. Weit dahinter folgen etwa boerse.de und ariva.de. Daneben gibt es eine Reihe von bankenabhängigen Finanzmarktseiten sowie die fast ausschließlich redaktionellen Angebote der großen Wirtschaftsblätter oder Fernsehsender. Branchenkenner zählen derzeit rund 50 deutsche Finanzportale, wovon die allermeisten jedoch stark an Bedeutung verloren hätten. Zur Boomzeit an der Aktienmärkten hätten sich noch weit über hundert meist kleinere Internet-Seiten mit Finanzmarktthemen auseinander gesetzt. "In Deutschland dürfte es bald nicht mal eine Hand voll von bedeutenden Finanzportalen geben", sagt ein Industrieexperte. Wie rau das Klima in der Branche nach dem Boom wurde, hat etwa Robert Sarcher, Betreiber von financial.de, zu spüren bekommen. Er musste das Angebot auf seiner Seite deutlich abspecken. "Das war schon lange absehbar, dass der Betrieb einer Finanzseite unrentabel sein würde. Da konnten wir die Kosten für die teuer eingekauften Börsenkurse und Charts kaum noch decken." PAGE IMPRESSIONS NICHT GLEICH WIRTSCHAFTLICHER ERFOLG Wie viel in der Branche verdient wird, ist schwierig zu ermitteln. "Die Umsätze in dem Sektor sind eine Dunkelziffer, da kaum ein Anbieter seine Geschäftszahlen veröffentlicht", sagt etwa Charlotte Hamilton vom Marktforschungsinstitut Forrester in London. Und dass hohe Seitenaufrufe auch auf hohe Umsätze schließen lassen würden, sei ein Trugschluss, gibt Schwetje von Onvista zu: "Die Anzahl der Seitenabrufe und der wirtschaftliche Erfolg einer Website müssen nicht miteinander korrelieren." Es komme auch auf die Inhalte der Seiten an. Seien diese nicht interessant, blieben Werbetreibende fern. Die börsennotierte Onvista AG peilt für das abgelaufene Jahr vor Steuern einen leichten Gewinn bei Umsätzen von 13 bis 14 Millionen Euro an. FINANZMARKTWISSEN DER NUTZER GESTIEGEN Einen weiteren Grund für die anhaltende Konsolidierung in der Branche sieht Uwe Frers von Finanztreff.de darin, dass die Nutzer mittlerweile besser über Finanzmarktthemen Bescheid wüssten. "Der Börsenboom der vergangenen Jahre hat eine Professionalisierung der Anleger in Sachen Finanzmarktwissen mit sich gebracht", sagt der Geschäftsführer der vwd-Tochter Gatrixx GmbH, der Betreiberin von Finanztreff.de. Damit sei der Anspruch auf qualitativ hochwertige Informationen gestiegen, und dem könnten nur wenige Finanzportale gerecht werden. "Teilweise höre ich schon, dass Privatanleger mehr wissen als die Berater in den Banken. Und das ist vor allem den Finanzportalen zu verdanken." wes/bub
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