LAGE DES UNTERNEHMENS:
QIAGEN war bei der Corona-Pandemie schnell im Spiel, weil bei den Tests eine ihrer Kernkompetenzen gefragt ist: Der Konzern hat Methoden zum Herausfiltern von Nukleinsäuren entwickelt - den Trägern von Erbinformationen. QIAGEN kam in der Krise nach eigenen Angaben zugute, dass dieses Verfahren unter Experten und wichtigen Entscheidern bereits früh als "Goldstandard" empfohlen wurde. Über einen Abstrich etwa im Rachen des Patienten wird das Erbgut des Virus entnommen. Im Labor wird dieses dann so verarbeitet, dass nachgewiesen werden kann, ob es sich um den Erreger der potenziell lebensbedrohlichen Krankheit Covid-19 handelt.
Wegen der weltweit gestiegenen Nachfrage stockt QIAGEN die Produktion der Tests an mehreren Standorten massiv auf. Bislang wurden die Kapazitäten bereits um 70 Prozent gesteigert. Bis Ende 2020 soll die Produktion mehr als verzehnfacht werden, monatlich will QIAGEN dann 20 Millionen Testkits herstellen. Zudem hat QIAGEN einen Schnelltest für sein Analysegerät Qiastat-Dx auf den Markt gebracht, der binnen einer Stunde ein Ergebnis bringt. In den von der Pandemie schwer getroffenen USA etwa bekam das Unternehmen hierfür eine Notfallzulassung. Erste Testläufe mit dem Gerät waren zuvor auch schon in mehreren Kliniken in China gelaufen - dem Ausgangspunkt der Corona-Krise. Von seinem Analysetool, das QIAGEN erst seit der Übernahme des spanischen Diagnostikunternehmens STAT-Dx 2018 im Programm hat, hatte QIAGEN bis Ende 2019 rund 1000 Geräte weltweit verkauft. Ob der Absatz in der Corona-Krise einen Schub bekommt, bleibt vorerst abzuwarten. Bisher gibt es von QIAGEN noch wenig Konkretes dazu, wie sich die Pandemie auf das eigene Geschäft auswirkt. Noch im Februar hatte der Vorstand die Corona-Krise bewusst aus dem Ausblick ausgeklammert. Genaueres - etwa zum Stellenaufbau, den Investitionen oder den Erwartungen an das Jahr könnte nun womöglich mit den nächsten Quartalszahlen vermeldet werden.
Die Corona-Krise reiht sich für QIAGEN damit ein in eine Serie von einschneidenden Ereignissen. Noch 2019 hatte der Vorstand eher durch Negativschlagzeilen von sich reden gemacht. Weil ein problembehaftetes Joint-Venture in China beendet wurde, fielen eingeplante Millionenumsätze weg. Zweimal musste der Vorstand binnen weniger Monate seine Prognosen senken. Zudem warf Anfang Oktober auch noch der langjährige QIAGEN-Chef Peer Schatz überraschend das Handtuch. Sein ursprünglich nur als Interims-Lösung bestellter Nachfolger Thierry Bernard wurde angesichts der Krise und des laufenden Übernahmeangebots aus den USA kürzlich zum dauerhaften Chef gekürt. Der US-Laborzulieferer Thermo Fisher Scientific hatte Anfang März eine rund zehn Milliarden Euro schwere Offerte für QIAGEN vorgelegt, geboten werden 39 Euro je Aktie. QIAGEN-Vorstand und Aufsichtsrat haben bereits ihre Unterstützung zugesagt. Noch um die Weihnachtszeit hatte das anders geklungen: Urplötzlich hatte damals die QIAGEN-Führung einer eventuellen Übernahme wegen "nicht überzeugender Vorstöße" der möglichen Käufer eine Absage erteilt. Thermo Fisher hat bereits angekündigt, dass ein Erfolg des Deals an eine Mindestannahmeschwelle von 75 Prozent geknüpft ist. Damit liegt der Ball im Spielfeld der Aktionäre, zu denen diverse Investmentgesellschaften gehören - größter Anteilseigner ist laut Unternehmen der Vermögensverwalter Blackrock. Auch müssen noch die Regulierer zustimmen. Sollte alles glatt laufen, ist der Abschluss für das erste Halbjahr 2021 geplant. DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Von den im dpa-AFX Analyse ab Februar erfassten Branchenkennern votierte zuletzt die klare Mehrheit für das "Halten" der Aktie. Nur einer empfiehlt das Papier zum "Kauf", kein Experte wiederum stimmt für den "Verkauf". Weil nicht alle Analysten ihr Modell an die Höhe des Kaufgebotes von Thermo Fisher angepasst haben, liegt das durchschnittliche Kursziel aktuell mit rund 36 Euro unter der Offerte. Tatsächlich haben sich die Analysten noch kaum QIAGENs neuer Rolle als Lieferant von Corona-Tests gewidmet, stattdessen ist für die Experten überwiegend die anstehende Übernahme der wichtigste Aspekt. Grundsätzlich stößt der Deal auf positive Resonanz: Thermo Fisher scheine eine "gute neue Heimat" für QIAGEN zu sein, urteilte etwa Analyst Scott Bardo von der Berenberg Bank. Er sieht den Deal nicht in Gefahr: Die geplante Transaktion berge nur wenig Risiken eines Konkurrenzangebots, erklärte er. Independent-Experte Tobias Gottschalt erklärte in seiner Analyse der geplanten Übernahme, er sehe keinerlei kartellrechtliche Schwierigkeiten. Er verwies zudem auf die operativen und strategischen Schwierigkeiten, die QIAGEN 2019 begleiteten. Diese Schwierigkeiten hatten den Kurs im Herbst deutlich absinken lassen und QIAGEN damit zum Übernahmekandidaten gemacht. Wegen der Probleme sei die Höhe des Angebots aber angemessen. DZ-Analyst Sven Kürten sieht dies indes anders. Er beschrieb Anfang März die von Thermo Fisher gebotene Prämie als "nicht übermäßig hoch", weshalb die Annahmebereitschaft der Aktionäre unklar sei. Wegen der bereits erfolgten Zustimmung des Managements ist für ihn aber auch ein Gegengebot nicht die "wahrscheinlichste Variante". Warburg-Analyst Ulrich Huwald begrüßte unterdessen die Ernennung von Bernard zum neuen QIAGEN-Chef. Dies werde die Position der Führungsmannschaft im anstehenden Übernahmeprozess stärken. DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Übernahmegerüchte hatten die QIAGEN-Aktie Anfang Dezember auf ein Mehrjahreshoch knapp über 39 Euro getrieben. Kurz danach war das Papier bis auf rund 29 Euro eingebrochen, weil QIAGEN der Übernahme durch Rivalen jäh eine Absage erteilt hatte. Seitdem der US-Konzern Thermo Fisher Anfang März sein offizielles Gebot für QIAGEN präsentierte, ist dieses Taktgeber für die Aktie. Zweimal hat sich der Kurs inzwischen dicht an die Offerte von 39 Euro herangepirscht. Während viele andere Werte gerade in der Corona-Krise an der Börse einbrachen, stützt neben der Aussicht auf die Übernahme auch die Tatsache den Kurs, dass QIAGEN als Lieferant der wichtigen Corona-Tests gefragt ist. QIAGEN-Papiere stiegen zuletzt Mitte März, als es am Markt allgemein wegen der Viruspanik steil abwärts ging, wieder in Richtung Mehrjahreshoch. Seither hält sich die Aktie recht stabil. Für die Aktionäre hat sich das bislang ausgezahlt: Aktuell kostet eine QIAGEN-Aktie rund 37 Euro. Das entspricht seit Jahresbeginn einem Kursplus von mehr als einem Fünftel. Damit liegt die Aktie im MDax auf Platz zwei hinter den Papieren des Kochboxenlieferanten HelloFresh, die - ebenfalls ein Krisengewinner - um rund 46 Prozent zugelegt haben. Insgesamt bringt es QIAGEN an der Börse auf einen Wert von fast 8,5 Milliarden Euro und damit auf Platz elf im MDAX.
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HILDEN (dpa-AFX)
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