Hier ein Interview mit Spoerr von 2007 sehr viele Interessante Details zu Verlustvortrag Übernahme Beteiligungen. Sehr viel trifft noch heute zu mobiles Wachstumstreiber...... Verlustvortrag ... nun leicht unter 3Mrd!!
Das heißt, Sie verhandeln mit Mobilfunk-Netzbetreibern über eine Übernahme von Freenet? Über die Gespräche werde ich jetzt nicht berichten. Aber es ist ja klar, dass die Mobilfunk-Netzbetreiber in der Konsolidierung des deutschen Telekommunikationsmarktes eine wichtige Rolle spielen können.
Wie sieht eine Konsolidierung aus? Das DSL-Geschäft flaut spätestens 2008 ab, und im Mobilfunkgeschäft werden die Margen immer enger.
Wir wollen den Service-Provider über die Zeit zu einem sogenannten virtuellen Netzbetreiber ausbauen. Wenn wir es schaffen, für einzelne Netzbetreiber ein guter, verlässlicher, großer Partner zu werden und die eigene Wertschöpfung zu erhöhen, wird es uns gelingen, die Margen wieder zu steigern. Der Sprachmarkt ist zwar gesättigt, aber der mobile Internetmarkt wächst. Der wird zum Wachstumsmotor der Telekommunikationsbranche.
Das könnte bedeuten, dass Sie mit O2 über eine Partnerschaft als virtueller Netzbetreiber verhandeln?
Eckhard Spoerr während der turbulenten Hauptversammlung Unser erklärtes Ziel ist, in diese Richtung zu gehen. Dafür kommen aber unterschiedliche Netzbetreiber in Frage.
Gibt es einen Zeitdruck für den Verkauf, um die Verlustvorträge zu nutzen? Wenn jemand die Freenet AG übernehmen möchte, dann empfiehlt es sich, das noch in diesem Jahr zu tun, weil dann die Verlustvorträge erhalten bleiben. Vom kommenden Jahr an fallen die Verlustvorträge bei einem mehrheitlichen Anteilseignerwechsel wegen der Unternehmensteuerreform weg.
Wie hoch sind die Verlustvorträge? Rund drei Milliarden Euro.
Wie wichtig ist dieser Verlustvortrag in den Verhandlungen? Unterschiedlich. Unternehmen, die eine UMTS-Lizenz erworben haben, haben selbst genug davon.
Drillisch hat Ihnen in der Hauptversammlung die Entlastung verweigert. Wie ist das Verhältnis zu Ihrem Großaktionär? Noch ist Drillisch kein Großaktionär. Wir müssen erst einmal warten, bis die Transaktion vollzogen ist. Ich kann nicht so tun, als ob ein Aktionär 29 Prozent hält, wenn er sie noch nicht hält. Beispielsweise weiß ich nicht, wie Drillisch das finanzieren möchte. Solange die Fragen nicht geklärt sind und Fakten geschaffen sind, muss man abwarten.
Könnte Drillisch Freenet ganz übernehmen? Ich denke, das würde den finanziellen Rahmen von Drillisch sprengen. Aber die sind ja immer für Überraschungen gut.
Warum kaufen Sie Drillisch nicht? Hierbei würde es sich faktisch um einen kreditfinanzierten Aktienrückkauf handeln, der uns beim derzeitigen Kursniveau zu teuer ist. Außerdem liegt Drillisch mit seiner Geschäftsausrichtung nicht in unserer Kernstrategie.
Leidet Ihr operatives Geschäft unter dem schlagzeilenträchtigen Gezerre um die Zukunft von Freenet? Natürlich kann man weniger Zeit für das operative Geschäft verwenden. Das ist bedauerlich. Bei unseren Kunden, Vertriebspartnern und Mitarbeitern steigt sicherlich die Verunsicherung, und bei Neueinstellungen haben wir Absagen kassiert wegen der unsicheren Situation.
In diesem Jahr aktivieren Sie die Kundenakquisitionskosten. Bereinigt um diesen Effekt, haben Sie die Ergebnisprognose für dieses Jahr de facto reduziert, oder? In einem wettbewerbsintensiven Markt ist es eine große Herausforderung, die Ergebnisse stetig weiter zu steigern. United Internet hat mit Vodafone eine Mobilfunk-Flatrate ins Festnetz zum Nulltarif eingeführt. Da mussten wir reagieren und mitziehen, auch wenn in unserem Geschäftsplan ursprünglich höhere Ergebnisbeiträge angesetzt waren.
Das sogenannte Aktienwertsteigerungsprogramm für den Vorstand und die Führungskräfte ist mit 50 Millionen Euro ungewöhnlich großzügig bemessen und daher sehr umstritten. Werden Sie auf Ansprüche verzichten? Das sind doch reine Rechenbeispiele. Das Aktienwertsteigerungsprogramm ist ein Sechsjahresprogramm und führt nur zu Zahlungen in dieser Gesamtgrößenordnung, wenn wir den Börsenwert innerhalb eines Jahres um mehr als eine Milliarde Euro steigern und dies dann auch fünf Jahre lang halten. Der Aufsichtsrat hält das Programm für angemessen. Ich persönlich würde nicht einseitig auf eine Anpassung dringen in Anbetracht des Einsatzes, den wir hier täglich bringen, und in Anbetracht des schwierigen Marktumfeldes, in dem die Wertsteigerungen zu erreichen sind.
Profitieren auch Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von dem Wertsteigerungsprogramm? Dazu sage ich nichts in der Öffentlichkeit.
Haben Sie noch das Vertrauen Ihrer Aktionäre? Ich denke, dass ich das Vertrauen vieler Aktionäre habe.
Vieler, aber nicht aller? Das Vertrauen aller Aktionäre hat man nie.
Wie geht es nun weiter mit Freenet? Mein primäres Ziel ist es nicht, die Firma zu verkaufen, sondern sie so weiterzuführen, wie sie ist. Daran arbeiten wir. Wir müssen nur sehen, ob wir die Zeit dafür bekommen.
Das Gespräch führten Johannes Ritter und Holger Schmidt.
Text: F.A.Z. Bildmaterial: dpa
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