FED Zinssenkung und (noch) mehr Liquidität - Helaba 10.12.08 13:04
Auf der zweitägigen Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) der FED in der kommenden Woche werden die Teilnehmer voraussichtlich den Leitzins von 1% auf 0,5% senken, so die Analysten der Helaba.
Darüber hinaus würden sie diskutieren, welche weiteren Optionen die Notenbank noch habe, um Finanzsystem und Konjunktur zu stützen. Sowohl die Preisentwicklung wie die sehr schwachen realwirtschaftlichen Daten würden derzeit darauf hindeuten, dass die FED weiterhin alles daran setzen werde, die Geldpolitik noch expansiver zu gestalten. Die Dauer der Dezembersitzung sei von einem auf zwei Tage erweitert worden, wahrscheinlich um den Teilnehmern mehr Gelegenheit zu geben, über die "unkonventionellen" Politikmaßnahmen zu diskutieren, die in der aktuellen Situation eine zunehmende Bedeutung annehmen würden. Aufgrund der kritischen Lage des Finanzsystems gehe die FED nämlich dazu über, die Privatwirtschaft unter Umgehung der Banken direkt mit Kredit zu versorgen.
So kaufe die FED bereits direkt kurz laufende Unternehmensanleihen (commercial paper). Der Ende November angekündigte zusätzliche Aufkauf von agency bonds ("Quasi-Staatsanleihen") und mortgage backed securities ziele darauf ab, dem Hypothekenmarkt unmittelbar Kapital zufließen zu lassen. FED-Chairman Bernanke habe in seiner Rede am 1. Dezember wiederholt, dass der FED auch nach den jüngsten Maßnahmen grundsätzlich noch mehr Optionen offen stünden: Sie könne länger laufende Staatsanleihen kaufen und so weitere Teile der Zinsstrukturkurve unmittelbar beeinflussen. Dies sei angesichts der aktuell bereits sehr niedrigen Treasury-Renditen aber nicht der wahrscheinlichste Schritt.
Das primäre Problem seien derzeit die hohen credit spreads, d.h. die Zinsen, die alle potenziellen Kreditnehmer außer dem Finanzministerium zahlen müssten. Daher sei eher mit der zweiten von Ben Bernanke angesprochenen Möglichkeit zu rechnen: Die FED könnte in noch größerem Umfang als schon bisher als direkter Käufer von privaten Schuldverschreibungen auftreten - und damit die Wirtschaft praktisch am Bankensystem vorbei mit Kredit versorgen.
Der angeschlagene Zustand des Bankensystems verhindere, dass der sehr niedrige Leitzins und die massive Erhöhung der Reserven der Banken bei der FED im üblichen Ausmaß an den Rest der Wirtschaft weitergegeben würden. Trotzdem dürfte das FOMC im Dezember den Leitzins noch einmal senken - damit würde sich nur die Schere schließen, die sich zuletzt zwischen Zielsatz und effektivem Zins geöffnet habe. Da die Situation auch 2009 zunächst angespannt bleiben werde, halte man eine weitere Zinssenkung auf 0,25% für plausibel, während sich die Bilanzsumme der FED in den kommenden Monaten weiter spürbar erhöhen werde.
Sei die aktuelle Situation also mit der Nullzinspolitik in Japan zu vergleichen? Ein wichtiger Unterschied sei die Reaktionszeit der Notenbank. Die FED habe nicht nur den Leitzins deutlich schneller nach unten geschleust als die Bank von Japan in den neunziger Jahren. Sie sei auch viel schneller zu einer "Politik der quantitativen Lockerung" übergegangen. Die Bank von Japan habe erst im Frühjahr 2001 das Bankensystem mit Liquidität geflutet, Jahre nachdem die Kreditvergabe der Geschäftsbanken kollabiert gewesen sei. Im Gegensatz dazu habe die FED bereits ab dem Spätsommer 2008 die Reserven des Bankensystems massiv erhöht - zu einem Zeitpunkt als das Kreditvolumen der Geschäftsbanken noch immer mit passablen Raten expandiert habe.
Die Geld- und Liquiditätspolitik der FED, kombiniert mit dem Rettungspaket für Banken der Bush- Regierung und dem sich abzeichnenden massiven fiskalpolitischen Stimulus im neuen Jahr, sollten ausreichen, um die US-Wirtschaft und das Finanzsystem zu stabilisieren um im Laufe des kommenden Jahres wieder auf einen flachen Wachstumspfad zu bringen. Erste Maßnahmen zum Eindämmen der Liquiditätsflut seitens der FED und eine symbolische Erhöhung des Leitzinses erwarte man Ende 2009. An eine schrittweise Normalisierung des Zinsniveaus dürfte die FED aber nicht vor Mitte 2010 denken. (10.12.2008/ac/a/m)
|