News - 31.07.07 15:17 Kopf des Tages: Michael Römer: Aggressive Firma, freundlicher Boss
Unvermittelt sah sich Michael Römer vorigen Herbst an der Spitze eines MDax-Unternehmens. Kaum jemand kannte ihn außerhalb der Firma und des Branchenverbandes VCI, wo er den wichtigen Ausschuss Technik und Umwelt leitete.
Vorsitzender der Geschäftsleitung wurde er, weil Vorgänger Bernhard Scheuble es sich mit der Inhaberfamilie verscherzt hatte. Zu abgehoben und distanziert, zu besserwisserisch und eigenbrötlerisch sei Scheuble, befand der Klan - und setzte den Manager kurzerhand ab.
Römer verkörpert das Gegenteil. Bescheidenheit, Zurückhaltung. Sein freundliches Lächeln in der Öffentlichkeit verschwindet auch nicht, wenn er sich Widersprüche oder Provokationen anhören muss. In vieler Hinsicht steht Römer für das bisherige Image des Unternehmens. Merck schmückt sich mit dem Image des sozial gesinnten Arbeitgebers, der sich um die Belange seiner Mitarbeiter kümmert. Bei den Umfragen zur Zufriedenheit der Führungskräfte der Chemie- und Pharmabranche belegt das Unternehmen vordere Ränge.
Kontrolle fest in Familienhand
Allerdings ist man in Darmstadt gerade dabei, dieses Image eines vergleichsweise beschaulichen Unternehmens abzulegen. Erst gab Merck ein feindliches Übernahmegebot für den Konkurrenten Schering ab. Und jetzt - nachdem die eigene Offerte erfolglos blieb - blockiert man mit dem aggressiven Ausbau eines Schering-Pakets den Bayer-Konzern bei dessen Übernahmeversuch. Ein bisher einmaliger Vorgang unter deutschen Großkonzernen. Merck hat die rauen Methoden des Kapitalismus entdeckt.
Dass der freundliche Römer in dieser Zeit an der Spitze steht, ist vielleicht nur scheinbar ein Widerspruch. Man kann es auch so sehen: Der 59-jährige Manager verkörpert den Wechsel, weil er selbst nur Übergangschef ist. Nachfolger - das gilt als ausgemacht - wird Karl-Ludwig Kley. Der Lufthansa-Finanzchef wurde im März als neues Vorstandsmitglied angekündigt, während Merck gleichzeitig die Schering-Offerte bekannt gab. Kley sollte die Schering-Integration leiten. Daraus ist vorerst nichts geworden. Jetzt wird er zwar die operative Verantwortung eines zum Jahresende ausscheidenden Vorstands übernehmen. Kleys eigentliche Funktion ist indes klar: designierter Römer-Nachfolger.
Ohnehin hat der promovierte Chemiker Römer bei der Merck-Strategie nicht das Heft in der Hand. Die Kontrolle lässt sich die Familie, die rund drei Viertel der Anteile hält, nicht nehmen. Sie war es, die hinter dem Schering-Deal stand. Und sie wird auch die weitere Strategie bestimmen.
Römer ficht das nicht groß an. Er sieht seine Zufriedenheit ohnehin nicht in exzessiver Arbeitswut, wie sie manche Manager fordern. Auch Muße, Tennis und Skifahren sind ihm wichtig. Mit dem Fußball musste er dagegen früh aufhören - mit 16, bei den Offenbacher Kickers. Eine Knieverletzung war schuld.
Von Klaus Max Smolka
Quelle: Financial Times Deutschland
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