EU-Erweiterung // Der lange Schatten
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neuester Beitrag: 28.05.05 12:06
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eröffnet am: | 04.04.04 20:03 von: | proxicomi | Anzahl Beiträge: | 8 |
neuester Beitrag: | 28.05.05 12:06 von: | J.R. Ewing | Leser gesamt: | 785 |
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Der lange Schatten
Von asper von Altenbockum
02. April 2004 Die Ost-Erweiterung der EU begleitet ein geschichtspolitischer Schatten, der in regelmäßigen Abständen über das Baltikum hinweghuscht. Jüngstes Beispiel ist die Rede der ehemaligen lettischen Außenministerin und künftigen EU-Kommissarin Kalniete zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse. Sie widmete sich darin der Geschichtsschreibung des ehemals geteilten Kontinents, die noch immer davon beeinflußt sei, "daß nur wenige Menschen die Kraft hatten, der bitteren Wahrheit ins Auge zu blicken, insbesondere der Tatsache, daß der Terror (nach der Befreiung vom Nationalsozialismus) in der einen Hälfte Europas weiterging, wo hinter dem Eisernen Vorhang das Sowjetregime weiter Genozide an den Völkern Osteuropas verübte und in der Tat auch am eigenen Volk".
Kalniete griff damit die Motive der kritischen Erinnerungskultur auf, derentwegen Lettland und die beiden anderen baltischen Staaten Estland und Litauen seit Beginn der neunziger Jahre zurechtgewiesen wurden - aus naheliegenden Gründen aus Rußland, aber auch aus Westeuropa und Amerika, wo die Gleichsetzung von "sowjetischem Faschismus" und Nazismus als "Revisionismus" gebrandmarkt wurde. Auch für Kalniete steht fest: "Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erhielten die Forscher Zugang zu den archivierten Dokumenten und Lebensgeschichten dieser Opfer. Diese belegen, daß beide totalitären Regime - Nazismus und Kommunismus - gleich kriminell waren."
Moralische Verurteilung
Gleich kriminell - das war auch die heftig kritisierte Botschaft, mit der sich die lettische Präsidentin Vike-Freiberga vor vier Jahren an die "Holocaust-Konferenz" in Stockholm gerichtet hatte. Vike-Freiberga nahm damit Stellung zur Art und Weise, wie Lettland nach Wiederherstellung seiner Unabhängigkeit mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus der Zeit deutscher und sowjetischer Besatzung umgegangen war - und auch die Rede Kalnietes ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Lettland war Mitte der neunziger Jahre vorgeworfen worden, Verbrechen des Stalinismus besonders scharf, den Mord an den lettischen Juden während der deutschen Okkupation dagegen besonders lasch zu verfolgen. Die Vorwürfe erreichten jedes Jahr ihren Höhepunkt, wenn Angehörige der ehemaligen "Freiwilligen lettischen Waffen-SS-Legion" in einem Schweigemarsch in Riga ihrer Toten gedachten.
Die politische Führung in Riga sah sich deshalb mehrmals dazu veranlaßt, gegen den "Skandal" einer moralischen Verurteilung des Landes vorzugehen - das richtete sich vornehmlich gegen Rußland, von wo das Gespenst einer "faschistischen Hetzjagd" aufgebaut wurde. Prozesse gegen mutmaßliche Kollaborateure der deutschen Besatzer kamen allerdings nicht auf Druck Moskaus zustande, sondern nach diplomatischen Interventionen Washingtons - etwa im Fall Konrads Kalejs', eines ehemaligen Offiziers des "Arajs-Kommandos", das an der Ermordung von 30 000 Juden beteiligt war.
Schablonendenken
Die Kalejs-Affäre war der Grund, warum Vike-Freiberga in Stockholm gegen die Legende anredete, Lettland reserviere für sich die Rolle des Opferlamms, verschließe die Augen vor der eigenen Schuld und übertünche damit unter anderem antisemitische Traditionen des Landes. Nicht von der Hand zu weisen ist der Vorwurf, dabei handele es sich um westeuropäisches Schablonendenken. Falsch ist die Behauptung, der lettische Antisemitismus sei vor und während der deutschen Besatzung von 1941 bis 1944 eine starke, gar eine Massenbewegung gewesen, die auf den Nationalsozialismus nur gewartet habe.
Unter dem autokratischen Präsidenten Ulmanis, den die Sowjets wie mehrere tausend andere Letten nach dem Einmarsch von 1939 deportiert hatten, waren nationalistisch-antisemitische Gruppierungen verboten worden. In den zwanziger Jahren, nach der Revolution von 1919 und der Herstellung der lettischen Unabhängigkeit, die der baltendeutschen Herrschaft ein Ende setzte, hatten es die Minderheiten in Lettland - ob die entmachtete baltendeutsche oder die jüdische - zwar nicht leicht.
Umklammerung
Die Rechte, die ihnen zugestanden wurden, waren in Europa jedoch einzigartig - das ist nebenbei eine Tradition, von der heute die russische Minderheit profitiert. Jüdische Schulen genossen in der ersten Zeit der lettischen Unabhängigkeit große Eigenständigkeit. Eine der ersten Schulen in Riga, die Ende der achtziger Jahre, als sich Lettland aus der sowjetischen Umklammerung löste, wiedereröffnet werden konnte, war eine jüdische.
Die Zahl der am Judenmord in Lettland beteiligten Letten wird in seriösen Untersuchungen zwischen 300 und 1500 angegeben - nicht mit 110 000, wie eine pure Addition lettischer "SS-Angehöriger" und lettischer Polizisten unter deutschem Kommando ergibt. Nicht nur solchen Details widmet sich seit Ende der neunziger Jahre eine lettische Historiker-Kommission, deren Arbeit dazu geführt hat, daß der Holocaust in Lettland besser erforscht ist als in manch anderem "revisionistischen" Land Europas.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.04.2004, Nr. 80 / Seite 10
einen wahnsinn den keiner wollte!
brüssler größenwahn!
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Von Alexander Bürgin
Mit niedrigen Steuern locken die EU-Beitrittsländer Investoren an. Die Bundesregierung will diesem Treiben nicht länger tatenlos zusehen. Sie bittet die Regierungen der Neu-Europäer, die Steuereinnahmen in Deutschland nicht zu gefährden - da ansonsten auch das Geld zur Unterstützung der Beitrittsstaaten knapp werde.
DPA
Bundeskanzler Schröder: Wir können Billiglohnländern bei der Massenproduktion nicht Konkurrenz machen
Berlin - Es ist, wie es ist: Deutsche Unternehmen verlagern ihre Produktion in die benachbarten Länder im Osten, weil sich dort billiger produzieren lässt. Nicht mehr als auf diese betriebswirtschaftliche Logik hat DIHK-Chef Ludwig Georg Braun verwiesen, als er den deutschen Unternehmen empfahl, die Chancen der Osterweiterung zu nutzen. Die Regierung kann noch so sehr an den Patriotismus der Unternehmer appellieren, niedrigere Löhne und Steuersätze sind oft die stärkeren Argumente.
Nun wählt die Bundesregierung offenbar eine andere Strategie gegen die Abwanderung. Mit sanftem Druck sollen die zehn Beitrittsländer ermahnt werden, es mit den Steuervergünstigungen für Unternehmer nicht zu übertreiben. Vor dem heute in Brüssel beginnenden EU-Frühjahrsgipfel der Staats- und Regierungschefs hieß es in Regierungskreisen: "Es kann nicht sein, dass wir in einen Steuerwettlauf hineingeraten, der dann letztlich auch die Steuereinnahmen gefährdet, die wir brauchen, um den Beitrittsländern etwa bei ihrem Aufholprozess finanziell unter die Arme zu greifen." Offenbar soll das Fair-Play-Argument ziehen: Wir helfen euch, da könnt ihr uns doch nicht in den Rücken fallen mit Steuersätzen, bei denen wir nicht mithalten können.
Beitrittsländer locken mit niedrigen Steuersätzen
Die fiskalische Offensive der neuen EU-Länder ist in der Tat bemerkenswert. Die tschechische Republik plant den Gewinnsteuersatz von 31 auf 24 Prozent zu senken, Polen und die Slowakei reduzierten bereits auf 19 Prozent. Am radikalsten verhält sich Estland: Die Balten verzichten ganz auf eine Besteuerung von Profiten. Hinzu kommen Löhne, die nur den Bruchteil der hiesigen betragen. Ab ersten Mai gelten in den Beitrittsländern EU-Gesetze, was die Rechtssicherheit der Unternehmen erhöht. Ein weiterer Abwanderungsschub sei daher gut möglich, sagt Martina Kämpfe, Ost- und Mitteleuropa-Expertin am Institut für Wirtschaftsforschung in Halle.
DPA
Bundeswirtschaftsminister Clement: Weitere Abwanderung zu erwarten
Die Appelle an die Unternehmer und die Mitgliedsstaaten zeigen: Die Regierung nimmt die attraktiven Wirtschaftsstandorte in Osteuropa zunehmend als Gefahr wahr. Im Buhlen um Investoren scheinen die erheblichen Kostenunterschiede Deutschland auf die Verliererstraße zu bringen.
Fast wöchentlich meldet die Wirtschaft Abwanderungspläne. Belegschaften demonstrieren. Arbeitsplätze gehen verloren. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement rechnet allein im Bereich Finanzdienstleistungen in den nächsten fünf Jahren mit einem Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen im deutschsprachigen Raum.
EU-Mitglied Österreich hat auf die geringen Sätze seiner unmittelbaren Nachbarn reagiert. Ab 2005 gilt ein Körperschaftsteuersatz von 25 statt bisher 34 Prozent. Margit Schratzenstaller vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung erwartet "schwerwiegende wirtschaftspolitische Konsequenzen", da die fiskalische Basis ausgezehrt werde.
Eine Alternative wäre, sich auf europäischer Ebene zu Mindeststeuersätzen zu verpflichten. Die Regierungschefs der Europäischen Union brachten aber bisher nicht mehr zu Stande als einen Verhaltenskodex, der "dafür sorgen soll, dass keine wettbewerbsfeindlichen Steuervergünstigungen eingeführt werden". Ein effektives Druckmittel ist das nicht. Und auch der moralische Appell mit dem Verweis auf die Finanzspritzen der alten Mitgliedsländer - immerhin sind zwischen 2007 und 2013 Strukturhilfen in Höhe von 170 Milliarden Euro vorgesehen - wird an den Standortvorteilen der Osteuropäer nichts ändern.
Asiatische Konkurrenz für Osteuropa
Die könnten sich aber auch ohne zusätzlichen Druck der alten Mitgliedsstaaten schnell relativieren. "Höhere Ausgaben für die Infrastruktur und Sanierungsmaßnahmen werden die Steuersätze nach oben treiben, sagt Joachim Ragnitz, Leiter der Abteilung Strukturwandel des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Bereits jetzt sind die Haushalte der Beitrittsländer hoch verschuldet. Das durchschnittliche Defizit liegt bei fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts, erlaubt sind im Euroland aber nur drei Prozent. Zudem rechnet Ragnitz damit, dass Steuerbefreiungen für ausländische Investoren nach dem EU-Beitritt als unerlaubte Beihilfen kassiert werden.
Uni Halle
Strukturwandel-Experte Joachim Ragnitz: Standortvorteile sind nicht von Dauer
Auch die Lohnvorteile werden geringer. "Die Löhne in Ungarn und Polen haben in den vergangen vier bis fünf Jahren stark angezogen", sagt die IWH-Osteuropaexpertin Marina Kämpfe. Grund sei eine jährlich um 15 bis 18 Prozent steigende Produktivität, die Spielräume für höhere Löhne schaffe. Außerdem verteuerten arbeitsrechtliche Bestimmungen der EU den Faktor Arbeit. Als Folge müssten die osteuropäischen Boomstaaten ihrerseits bereits eine Abwanderung von arbeitsintensiver Produktion in den asiatischen Raum hinnehmen. "Seit Ende der 90er Jahre gehen die Wettbewerbsvorteile schon wieder verloren", so Kämpfe.
Gewinnen kann beim Steuer- oder Lohndumping langfristig kein Staat. Das Buhlen der Länder erinnert an den Wettlauf zwischen Hase und Igel: Löhne und Steuern mögen noch so niedrig sein, am Ende triumphiert der Global Player: "Bin schon weg."
Die Steuerdebatte dürfte - wenn auch nur am Rande - beim heutigen Treffen der EU-Finanzminister eine Rolle spielen, die in Brüssel gesondert zum Treffen der Regierungs- und Staatschefs zusammenkommen. Zwar dementierten Regierungskreise diese Woche, dass die osteuropäischen Niedrigst-Steuersätze bei den Verhandlungen über den neuen EU-Finanzrahmen ab 2007 verknüpft werden könnten. Das werde nicht geschehen, weil hier Dinge miteinander verwebt würden, die "dann hinterher nicht mehr aufzulösen sind", hieß es audrücklich. Zu hören war aus dem Kanzleramt aber auch: Man müsse "bestimmte Dinge, die miteinander zusammen hängen, einfach im Hinterkopf behalten, wenn man Lösungen anstrebt".
Schöner Text gelle ?!
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jedes instrument dient der sache und der idee.
hierbei geht es um die krassen widersprüche des "neuen europas". der judenhass im baltikum, hat tradition. nicht umsonst wurde im baltikum fast zu 90% vollzug nach berlin gemeldet. dank der mithilfe der "netten" balten konnten die einsatzgruppen, das baltikum als "judenfrei" melden.
solche neuen "freunde" haben uns, die brüssler diktatoren bescheret.
darauf kann ich gerne verzichten.
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Je mächtiger die EU auf Kosten der Nationalstaaten wird, desto mehr geht die Demokratie in Europa verloren. Auch deshalb ist es wichtig, daß die EU-Verfassung, durch die Brüssel noch mehr gestärkt würde, niemals Realität wird!
J.R.