Danke für die Rückmeldung.
Zunächst mal möchte ich unterstreichen, dass ich Leoni hier keinen Betrug vorwerfen will, sondern "nur" unprofessionelle Kommunikation. Auch möchte ich hier um Himmels Willen keine Verschwörungstheorien in die Welt setzen, dass hier irgendwer absichtlich nicht kommuniziert hat, um seine Freunde mit Verkaufstipps zu versorgen.Schließlich gebe ich Dir Recht, dass die Kommunikation von noch unklaren Problemmeldungen nicht einfach ist, und man da im Nachhinein auch mal daneben liegen kann.
Dennoch finde ich die ganze Angelegenheit höchst unerfreulich.
Zwei Dinge hierzu:
Erstens ist es wirklich überhaupt nicht OK, dass jetzt zugegeben wird, dass die Sonderkosten schon in Q2 losgingen, obwohl damals mit keinem einzigen Wort etwas zu Sonderkosten gesagt wurde. Anleger, die Aktien wie Leoni verfolgen ist bewusst, dass das Unternehmen eine sehr kleine Marge hat (siehe Diskussion weiter oben). Eine der Folgen von geringen Margen ist, dass Schwankungen in den Kosten eine überproportional große Auswirkung auf den Ertrag haben--sowohl nach oben als auch nach unten. Aus diesem Grund habe ich, wie viele andere Anleger sicher auch, mit Adleraugen versucht aus den Zwischenberichten und Earnings-Calls herauszulesen, ob es Cost-Overruns gibt oder alles nach Plan läuft. Leoni hat--wider besseres Wissen--so getan, als liefe alles nach Plan, obwohl die Zahlen etwas mau waren. Heute wissen wir: sie waren nicht nur wegen der geplanten Anlaufkosten mau, sondern auch wegen in Q2 begonnener Sonderkosten.
Ich verstehe zwar, dass man damals dachte, man würde diese kurzfristigen Probleme schnell in den Griff kriegen (und die diversen Insiderkäufe bestätigen, dass dies auch die ehrliche Überzeugung der Unternehmensleitung war). Aber: wenn Probleme schonmal losgegangen sind, sollte man sie bei einem so kostensensiblen Unternehmen wie Leoni ganz sicher explizit kommunizieren. Die Wahrheit hätte da einfach geholfen, denn man hätte problemlos kommunizieren können: "Zusätzlich zu den Planmäßigen Aufbaukosten in Mexiko und China haben sich temporär gewisse Probleme ergeben. Diese Probleme haben momentan noch ein finanziell sehr überschaubares Ausmaß und wir gehen davon aus, dass wir die Probleme in Q3 beheben können, so dass die Jahresziele aus heutiger Sicht nicht gefährdet sind."
Ist leider nicht passiert. In den drei Monaten danach bricht dann der Kurs um weit mehr als 30% einbricht, obwohl ja laut Leoni alles nach Plan läuft. Wenn man dann (wie ich) nach dem Kurseinbruch signifikant nachkauft (auf der Basis, dass man selbst sehr solide recherchiert hat und laut Unternehmen fundamental alles im Lot ist), ist die Freude leider eher nicht so groß. Insbesondere dann nicht, wenn zwischendurch folgende Analystenmeinung von Credit Swiss kam: "Leoni werde zwar beim Umsatz zulegen, das Umsatzziel sei in Reichweite. Sorgen macht Haissl aber die Margenentwicklung. Das Ziel von 7 Prozent könne zu ehrgeizig sein. Es gebe keine Luft für mögliche zu hohe Anlaufkosten bei den neuen Fabriken."
Gut analysiert, Credit Swiss. Aber doch offensichtlich aufgrund von Gesprächen mit Leoni im September, als CS die Coverage gestartet hat und die Analyse herausgab. Da waren die Probleme bei Leoni aber schon bekannt (und tatsächlich sogar schon abgeschlossen). Da zu diesem Zeitpunkt die offiziell vertretene Haltung aber immer noch "alles ist gut" war, musste man (wenn man der Unternehmenskommunikation traut) davon ausgehen, dass der Kommentar eine reine Einzelmeinung war, die sich auf zukünftige Projektkosten bezieht, nicht auf ein bereits abgeschlossenes Maleur. Wie wir jetzt wissen, war das nicht der Fall, sondern im Gegenteil lag ein sehr beträchtlicher Sondereffekt bereits vor.
Die Aktien, die ich um diese Zeit herum gekauft habe, hat irgendwer verkauft. Wenn CS seine Coverage startet, mit Leoni spricht und dort (vielleicht sogar nur sehr vage) von möglichen Anlaufkosten die Rede ist, kann es gut sein, dass der eine oder andere Insti, der von CS beraten wird, sich vorsichtshalber mal von seinen Leoni Stücken getrennt hat. Dieser Insti hat dann also aufgrund von privatem Informationsfluss zwischen Leoni und CS einen guten Verkaufspunkt gewählt, während ich (auf die offzielle Kommunikation vertrauend) einen schlechten Kaufzeitpunkt gewählt habe. Ich meine damit keine Verschwörungstheorie, behaupte nicht, dass das Insiderhandel, illegal oder sonstwas ganz schlimmes wäre.
Aber: es ist einfach eine miese Kommunikation. War bestimmt nicht böse gemeint, aber sowas kostet mich echtes Geld und Leoni echtes Vertrauen. Ich werde meine Aktien jetzt nicht direkt verkaufen. Die Bewertung istr trotz allem noch sehr gut und ich halte Leoni auch trotz allem noch für eine sehr gute Firma. Allerdings ist es ärgerlich, dass solche "kleinen" Kommunikationsfehler in einem Zeitraum stattfinden, wo der Kurs um mehr als ein Drittel einbricht.
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