Martin Alioth, Dublin ⋅ Die irische Aktienbörse, die Irish Stock Exchange (ISE), darf zwar auf 220 Jahre Geschichte zurückblicken, aber sowohl die geringe Zahl der kotierten Firmen als auch schrumpfende Handelsumsätze werfen Zweifel an ihrer Überlebensfähigkeit auf. Insgesamt werden nur rund 70 Titel gehandelt, die Mehrzahl davon sind bedeutungslos. Die nominal grössten Firmen, wie Diageo und Tesco, sind rein britische Firmen, die bloss eine Zweitkotierung in Dublin aufweisen.
Acht Titel bestreiten über 80% der Gewichtung im irischen Börsenindex ISEQ. Drei davon ? der Baumaterial-Konzern CRH, die Pharma-Firma Elan und der Backwarenkonzern Aryzta AG ? haben ihre primäre Kotierung in London, New York und Zürich. Übrig bleiben bloss die Molkerei-Gruppe Kerry, der Billigflieger Ryanair, der Buchmacher Paddy Power, die Bank of Ireland und der Verpackungsmaterial-Hersteller Smurfit Kappa.
Mehrere Firmen haben in den letzten zwei Jahren ihre Haupt-Kotierung nach London verlegt, weil sie in den FTSE-250-Index aufgenommen werden wollen. Die Londoner Börse, LSE, verlangt dafür, dass der Hauptanteil des Aktienhandels an britischen Börsen abgewickelt werde. Die Flucht grösserer Firmen in bedeutendere und daher liquidere Börsen verringert die Zugkraft Dublins für Börsen-Neulinge. Sie bevorzugen deshalb oft Private-Equity-Firmen, um an frisches Kapital heranzukommen. In dieser Spirale ist die irische Aktienbörse nun gefangen.
Das Handelsvolumen in den ersten neun Monaten dieses Jahres betrug gerade noch 35 Mrd. ?. Im selben Zeitraum des Jahres 2007 waren es noch 115 Mrd. ? gewesen. Zu den erwähnten Abgängen kam während der Krise der Kollaps der irischen Bankaktien. Während die verstaatlichte und inzwischen liquidierte Anglo Irish Bank gänzlich verschwand, stürzten die beiden einstmals grossen Banken ins Bodenlose ab. Die Bank of Ireland ist von einstmals rund 30 ? auf unter 0.30 ? gesunken, die Allied Irish Bank von fast 24 ? auf derzeit 10 ?.
Die Börse selbst bleibt eine private Gesellschaft im Besitz der irischen Maklerfirmen. Ein Expertenbericht schlug vor, die Börse in eine kotierte Aktiengesellschaft zu verwandeln, doch es ist nicht ganz einzusehen, wie ein derartiger Schritt die strukturellen Schwächen beheben könnte. Neben der Aktienbörse verfügt Dublin über einen blühenden Handel in Offshore-Investment-Funds. Rund 2800 dieser Vehikel sind in der irischen Kapitale registriert.
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