Milliardendefizit bei den Krankenkassen 6. Juni 2006 Zu hohe Ausgaben Krankenkassen fehlen 1,2 Milliarden Euro Schwarz-Rot unter Druck - Schmidt setzt auf Sparpaket Berlin - Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist im ersten Quartal wegen stark gestiegener Ausgaben für Medikamente und Krankenhausbehandlungen tief ins Minus gerutscht. Bei stagnierenden Einnahmen verbuchte sie nach Angaben des Gesundheitsministeriums ein Defizit von 1,22 Milliarden Euro. Ohne Gegensteuern drohen damit steigende Kassenbeiträge auf breiter Front. Dies erhöht den Druck auf die große Koalition, sich rasch auf eine Finanzreform im Gesundheitswesen zu einigen. Aus den Reihen der Union wurden aber Warnungen vor übereilten Schritten laut. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hofft, dass die gesetzlichen Kassen das laufende Jahr trotz des Defizites in den ersten drei Monaten noch "mit einem weitgehend ausgeglichenen Finanzergebnis" abschließen können. Sie setzt dabei auf das jüngst in Kraft getretene Arzneimittelsparpaket, das die Kostenzuwächse bremsen soll.
Sollte die Gesundheitsreform nicht rechtzeitig zu Stande kommen, geht die Regierung für 2007 von einer Deckungslücke in der GKV von 7 Milliarden Euro aus. Deshalb warnte das Ministerium vor einer "Welle von Beitragsatzsteigerungen". 2004 hatte es noch einen Überschuss von 4 Milliarden Euro gegeben, im vergangenen Jahr von 1,8 Milliarden Euro.
"Es kommt nicht so sehr auf den Termin an"
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) warnte davor, den Zeitplan für die Gesundheitsreform um jeden Preis einzuhalten. "Es kommt nicht so sehr auf den Termin an, sondern auf den Inhalt", sagte der CDU-Politiker der "Berliner Zeitung". "Schnelligkeit hat in der Vergangenheit immer zu Fehlern geführt - siehe Hartz IV", meinte Milbradt.
Union und SPD wollen die Eckpunkte der Reform vor der Sommerpause vorlegen. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) kündigte in der "Bild"-Zeitung eigene Vorschläge für die nächste Sitzung des CDU-Präsidiums am 12. Juni an.
Nachahmer-Medikamente werden billiger
Die Finanzentwicklung der GKV war im ersten Quartal von einer Zunahme der Ausgaben je Mitglied um 4,8 Prozent gekennzeichnet. Dabei stiegen die Kosten für Arzneien um 10,6 Prozent und die für Krankenhausbehandlungen um 5,7 Prozent. Die Beitragseinnahmen stagnierten dagegen mit plus 0,2 Prozent nahezu. Bis zum Jahresende rechnet das Gesundheitsministerium auf Grund der Konjunkturbelebung, des Rückganges der Arbeitslosenzahlen und der neuen Tarifabschlüsse mit einer günstigeren Einnahmeentwicklung.
Kostenentlastung zeichnet sich bei Nachahmer-Medikamenten ab. Die Preise der so genannten Generika sollen laut Pharmaverband Pro Generika weiter sinken. Die Hersteller Sandoz, Hexal, Ratiopharm und Stada hatten bereits deutlich niedriger Preise angekündigt.
Arztbesuche nehmen zu
Trotz Praxisgebühr und erhöhter Zuzahlungen für Medikamente gingen in Deutschland im vergangenen Jahr mehr Kranke und Verletzte zum Arzt als 2003. Laut Statistischem Bundesamt nahmen 89 Prozent der Kranken und Verletzten ärztliche Hilfe in Anspruch (plus 6 Prozentpunkte).
(DPA)
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