Zwei Jahre ohne Sex?
Wenn die Reise zum Mars irgendwann zwischen den Jahre 2030 und 2040 stattfinden wird, begeben sich die Raumfahrer auf eine fast zweijährige Reise. Sollen sie so lange enthaltsam bleiben, ist Masturbation die Lösung? Der "Chief Health and Medical Officer" Richard Williams ist der oberste Verantwortliche der US-Weltraumbehörde NASA für Gesundheit und Wohlbefinden der Astronauten. Er muss jetzt diese Fragen klären, verbirgt sich aber hinter Allgemeinplätzen: "Wir versuchen, einen ethischen Rahmen zu entwickeln, um Kommandanten und Missions-Manager auf solche schwierigen Entscheidungen vorzubereiten."
NASA denkt nicht gern an Sex "Wie Sie sich vorstellen können, denken die Leute darüber nicht besonders gerne nach", erklärte Williams und lässt dabei tief in die Abgründe der sexuell verklemmten NASA-Administration blicken. Offensichtlich verschließt man sich dort dieser natürlichen Frage so lange es nur irgendwie geht und beschäftigt sich nur im Stillen damit, wenn überhaupt.
Dabei betont die NASA, dass es auf jeden Fall gemischtgeschlechtliche Crews geben wird. Das Problem eines gemeinsamen jahrelangen Aufenthalt männlicher und weiblicher Raumfahrer in einer engen Raumkapsel wird sich also auf jeden Fall stellen. Es gibt zwar schon einen Ethik-Leitfaden, doch über zwischenmenschliche Beziehung steht darin nichts.
Williams zumindest hat dies erkannt und kritisiert seinen Arbeitgeber NASA, der so tue, als wenn junge gesunde Menschen viele Monate lang keusche Weltraumhelden sein würden. Allerdings hält er Sex im Weltall weniger für eine Frage der Gesundheit, sondern vielmehr des Verhaltens, also des sozialen Umgangs miteinander.
Stabile sexuelle Bindungen werden sich etablieren Ein anderer Experte für solche Fragen, der Arzt und Anthropologe Lawrence Palinkas von der "University of Southern California" in Los Angeles, hat schon Erfahrungen in ähnlichen sozialen Verhältnissen wie sie in einer Raumkapsel herrschen. Die Erkenntnisse aus antarktischen Forschungsstationen legten nahe, dass sich auch in einem Marsschiff recht stabile sexuelle Bindungen etablieren werden könnten. Trotzdem glaubt er mit einiger Wahrscheinlichkeit, dass es zu Untreue, Eifersucht, Streit und Trennung kommen werde. Dies könne das soziale Leben an Bord zusammenbrechen lassen.
Der Antarktisforscher hält deshalb ein gezieltes Training der Astronauten und Astronautinnen beziehungsweise der Kosmonauten und Kosmonautinnen für unabdingbar. Es müsse zudem eine Art vorbeugende Paarberatung mit Einzelaussprachen und Gruppentherapie geben. Auch Soziologieprofessor Paul Root Wolpe von der "University of Pennsylvania" berät die US-Raumfahrtbehörde bei der Erarbeitung von Leitlinien. Seine Herangehensweise sieht ganz anders aus: "Wir erwarten von unseren Astronauten und Kosmonauten, dass sie sich wie Profis benehmen, und raten von derlei Aktivitäten im Weltraum ab. Allerdings, wenn jemand an Bord beschließt, es auf dem Weg zum Mars doch zu tun, dann kann die NASA nur wenig dagegen machen."
Tatsächlich wird kaum jemand die Raumfahrer davon abhalten können, Millionen Kilometer von der Erde entfernt, miteinander zu schlafen. Und dass Astronauten ebenso von den schlimmsten Auswirkungen der Eifersucht geplagt werden können, zeigt der Fall der NASA-Astronautin Lisa Nowak, die jüngst wegen Körperverletzung an ihrer Kollegin Colleen Shipman angeklagt wurde. Spätestens jetzt stellt sich allerdings die Frage, wie man in der Schwerelosigkeit überhaupt Sex haben kann.
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