Ja, ich habe Plaßberg gesehen. Komisch, dass jemand, der die Ursachen kriminellen Verhaltens hinterfragt, sofort ein rotes Tuch ist für die hier anwesenden Rechten. Und erst recht der/diejenige, der/die nicht bereit ist, zu verallgemeinern und ganze Ethnien zu diskriminieren. Was glaubt Ihr denn, was das bringt?
Leider ist mir sehr gut bekannt, was los ist auf meinem Planeten, bzw in unserem Land. Ich weiß, wie bereits kurze Zeit nach der Wiedervereinigung die große Hetze losging - mehrheitlich getragen von einem Teil unseres Volkes, das nie aus dem Ländle herausgekommen war, nur die hinter Drahtzäunen lebenden Vertragsarbeiter aus Mozambique oder Vietnam kannte. Die mussten erleben, dass viele Ausländer gute Jobs im Westen, Autos, Kleidung, Geld hatten, während zur selben Zeit der Ausverkauf ihres eigenen Landesteils stattfand.
Du siehst, Holo, ich frage immer noch nach den Ursachen, auch was Deine Herkunft betrifft. Oder die der Cindy von Marzahn.
Über die fremdenfeindlich motivierten Übergriffe, auf einzelne Menschen oder Asylantenheime wurde auch hinreichend berichtet. Über Landesteile, die von Ausländern gemieden werden, weil sie dort ihres Lebens nicht sicher sind.
Wir konnten anfangs nicht glauben, was wir gelesen haben. Da gab es einen Aushang im Deutschen Herzzentrum Berlin, in dem der ärztliche Direktor, Prof. Hetzer, beklagte, dass seine ausländischen Ärzte ihn darum baten, nicht mehr in die Ostbezirke der Stadt geschickt bzw. versetzt zu werden, weil sie dort verbalen und tätlichen Angriffen der Bevölkerung ausgesetzt waren und um ihr Leben fürchten mussten. Da wurden Menschen totgeschlagen aufgrund ihrer Hautfarbe. Da wurden die ersten Schulklassen, die einen Ausflug an die Ostsee machten, von Jugendlichen überfallen. Da wurde ein Afrikaner an eine Matratze gefesselt, die er danach auf geheimnisvolle Weise in Brandt steckte. Die Polizei "war machtlos". Griff nicht oder so gut wie gar nicht ein.
Schaut mal hier:
BERLIN taz "Der antisemitische Wind weht uns eiskalt ins Gesicht", sagte Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden, gestern in einer Bilanz seines ersten Amtsjahres. Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit hätten ein "extrem bedrohliches Maß" erreicht. Anschläge auf Synagogen und Friedhöfe sowie rassistische Überfälle seien "keine Lausbubenstreiche, sondern schwerste Verbrechen". So müsse man sie auch verfolgen: "Meist passiert dies auch, aber eben nicht immer."
Diese Erfahrung machte auch das Cottbuser Ehepaar, das in der Neujahrsnacht von grölenden Unbekannten in Todesangst versetzt wurde (die taz berichtete). Aus Furcht vor weiteren Attacken, wenn der Vorfall bekannt würde, wollten die beiden den Gang zur Polizei zunächst vermeiden. Als sie die Morddrohungen zur Anzeige brachten, stellte ihnen ein Polizeibeamter "Schutzhaft" in Aussicht.
Die Cottbuser Polizei und das Brandenburger Innenministerium haben sich inzwischen entschuldigt. Das Aktionsbündnis gegen rechte Gewalt hat für Sonntag einen Mahngottesdienst und einen Demonstrationszug zum früheren Standort der niedergebrannten Synagoge organisiert. Doch die Angst des 72-Jährigen Sohns eines jüdischen Nazi-Opfers wird bleiben.
Der Märkischen Allgemeinen Zeitung berichtete er jetzt von seinen Erinnerungen an die Pogromnacht 1938, als sein Vater von Nazi-Schergen in "Schutzhaft" genommen wurde. Der Vater und fast alle seiner jüdischen Verwandten wurden getötet. Da ist aber auch der Anblick von Männern "mit Glatzköpfen, Springerstiefeln, Bomberjacken und Hunden", die in letzter Zeit immer wieder an seinem Haus vorbeizogen und etwas schrien, das er als "Ausländer raus" verstand. Doch so bedrohlich wie an Neujahr war es seit 1945 nicht mehr: " 'Kommt raus, ihr Schweine, wir schlagen euch tot!', haben sie gebrüllt", berichtete der 72-Jährige. Von den Tätern fehlt jede Spur. Die Polizei ermittelt, aber Schutz bieten kann sie nicht. In Cottbus genauso wenig wie anderswo.
In Cottbus wurde für Hinweise auf die Täter vom Neujahrsmorgen jetzt eine Belohnung von 5.000 Mark ausgesetzt. Unterdessen wurde ein neuer Fall rechter Gewalt bekannt: Vier "einschlägig vorbestrafte" Männer brüllten am Mittwochabend in einer Cottbuser Straßenbahn erst "Sieg Heil" und "Ausländer raus", dann verprügelten sie einen Libanesen, einen Aussiedler aus der Ukraine und drei Deutsche. ( taz vom 05.01.2001 Copyright: Contrapress media GmbH ... ftp://majid.dyndns.org/gast/zeitungen/Taz/TAZ-2001/01_01_05.TXT)
Paul Spiegel ist 2006 gestorben, desillusioniert und unglücklich.
Auf meinem Tisch liegen viele Bücher, die die neue Rechte für maßgeblich hält, unter anderem der neue Sarrazin sowie das Buch von Akif Pirinçci . Letzterer hat es mir besonders angetan. Habe aber bisher nur die ersten Seiten gelesen - phantastisch. Er appelliert an meine konservative Seite - er will sein geliebtes altes Deutschland wieder haben, in dem er unbeschwert und glücklich aufwachsen konnte, unbespuckt, unbeschimpft, statt dessen in die Gemeinschaft integriert.
Glaubt mir, dafür habe ich volles Verständnis. Das möchte ich auch zurück haben.
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