FTD, 28.12.05 Morphosys dringt nach Japan vor von Thomas Fromm, München
Das Münchner Biotech-Unternehmen Morphosys will in den kommenden Jahren verstärkt auf den japanischen Markt drängen. "Wir sehen in Japan großes Wachstumspotenzial. Daher werden uns dort intensiv um Deals und neue Partner bemühen".
Dies kündigte Morphosys-Chef Simon Moroney im Gespräch mit der FTD an. Morphosys ist bereits seit September auf dem japanischen Markt vertreten, der im Biotechnologie-Bereich noch als rückständig gilt.
Bislang ist das 1992 von Moroney in Martinsried bei München gegründete Unternehmen mit der Forschung und Entwicklung therapeutischer Antikörper vor allem in Europa und den USA aktiv. Mit einer geografischen Ausweitung seines Partner-Portfolios will sich Morphosys nun stärker gegen Branchenkrisen wappnen.
Seitdem das Unternehmen im März 1999 erstmals am Neuen Markt notierte, hat es alle Höhen und Tiefen durchgemacht. Am 21. Februar 2000 notierte Morphosys für wenige Minuten bei 444 Euro. Ende 2002 war mit 4,77 Euro dann das historische Tief erreicht. "Da hatten alle Biotechnologie-Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten. Die Pharmafirmen gaben kein Geld mehr aus, alle Pläne wurden einfach zurückgeschraubt", erinnert sich Moroney heute. Damals entließ der Manager rund ein Viertel seines Personals. Inzwischen ist Morphosys wieder oben. Nach einer Reihe von lukrativen Pharma-Partnerschaften in diesem Jahr haben die Münchnner ihre Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr von 2,0 auf 3,5 Mio. Euro und ihre Umsatzerwartung von 30 auf 31,5 Mio. Euro hochgeschraubt.
Die erst kürzlich in der Antikörperforschung geschlossene Allianz mit dem japanischen Pharmaunternehmen Shionogi soll Moroney zufolge nun als Türöffner für weitere Projekte auf dem japanischen Markt dienen. "Die dortigen Firmen sind nicht unbedingt die ersten, die auf neue Technologien springen. In Japan ist es nicht so einfach wie in Europa oder den USA", stellte der Morphosys-Vorstandschef fest. "Daher hoffen wir, dass der Shionogi-Deal auch ein Signal an andere japanische Pharma-Unternehmen sendet."
Morphosys arbeitet heute mit der Hälfte der zehn weltweit größten Pharmaunternehmen zusammen, der wichtigste Partner ist Novartis. "Die Aufgabenteilung ist klar: Unsere Partner finanzieren und tragen das Risiko, wir kümmern uns um die Forschung und um die Ausgangsprodukte", erklärt Moroney sein Geschäftsmodell.
Morphosys produziert für seine Kooperationspartner künstliche Antikörper, die dann von den Pharmakonzernen als Basis für die Entwicklung neuer Medikamente gegen Krankheiten wie Krebs oder Virusinfektionen eingesetzt werden können. Eine im Jahre 1999 begonnene Antikörper-Partnerschaft mit dem Pharma- und Chemiekonzern Bayer wurde kürzlich um weitere fünf Jahre verlängert. In dieser Laufzeit sollen bis zu 25 neue therapeutische Antikörperprojekte angestoßen werden.
Für Morphosys ist Bayer einer der wichtigsten Großkunden: Für jedes therapeutische Antikörperprojekt erhält das Biotechnologie-Unternehmen Zahlungen für Lizenzen und erreichte Ziele in der Forschung sowie Tantiemen für sämtliche Produkte, die aus der Kooperation hervorgehen. Zuletzt hatte das Unternehmen erstmals auch eine fünfjährige Zusammenarbeit mit dem US-Pharmariesen Merck vereinbart.
"Wir haben zwei Möglichkeiten zu wachsen", sagt der geborene Neuseeländer Moroney. "Wir können zum einen existierende Partnerschaften ausbauen, zweitens können wir neue Partner gewinnen. Unser Ziel für 2006 ist, in beiden Bereichen zuzulegen."
Flankierend planen die Münchner weitere Übernahmen im Geschäftsfeld Forschungsantikörper. Vor gut einem Jahr hat Morphosys für etwa 7,4 Mio. Euro das britisch-amerikanische Unternehmen Biogenesis übernommen. "Für ein schnelles Wachstum im Forschungsbereich werden wir auch künftig Akquisitionen ins Auge fassen", sagte Moroney. Wechseljahre
Start-up - 1992 gründete der promovierte Biologe Simon Moroney das Biotech-Unternehmen Morphosys, sieben Jahre später schickte er es an die Börse.
Milliardenportfolio - Grundlage der Arbeit von Morphosys ist eine Bibliothek mit über zehn Milliarden unterschiedlichen menschlichen Antikörpern. Kunden sind die großen Pharmakonzerne.
Schmerzhafte Kur - Nach dem Börsenhype kam 2002 die Ernüchterung. Die Pharmaindustrie musste sparen, Morphosys-Aktien fielen ins Bodenlose, und Moroney entließ ein Viertel seiner Mitarbeiter.
Gesundes Jahr - 2005 war für das 170-Mann-Unternehmen aus Martinsried bei München ein gutes Jahr. Eine Partnerschaft mit Bayer wurde um fünf Jahre verlängert, der US-Konzern Merck kam als neuer Partner mit dazu. Kurz vor Jahresende korrigierte Morphosys seine Prognosen für Umsatz und Gewinn kräftig nach oben.
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