Windenergie Warten auf den Sturm[11:35, 20.09.10]Seite 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 Der Wind weht nicht, das Geld fließt nicht. Erstmals werden in der Windkraftbranche weniger neue Anlagen gebaut. Diese Krise verändert die Industrie – bedroht sind nicht zuletzt deutsche Firmen wie Nordex. Eine Eigenschaft von Naturgewalten ist, dass sie sich von Konjunkturkrisen nicht beeindrucken lassen. So traf es sich, dass das Abschwungjahr 2009 eine weitere Krise erlebte – eine Windkrise. Der Wind wollte kaum wehen. Und wenn er nicht weht, produzieren Windparks keinen Strom und verdienen kein Geld. Das macht Bankern nicht unbedingt Lust, neue Anlagen zu finanzieren. „So ein schlechtes Windjahr macht keine große Werbung“, sagt Nikolai Ulrich, der bei der HSH Nordbank für die Finanzierung von Windprojekten in Europa verantwortlich ist. „Das Risikobewusstsein der Banken ist im Moment sowieso höher, da hilft das natürlich nicht.“ Damit ist der jahrelange Windkraftboom erst einmal gestoppt: Für 2010 erwartet die Branche, dass weniger neue Anlagen gebaut werden als im Vorjahr – das gab es nie in der Geschichte der Windindustrie. Während die meisten Branchen den Aufschwung bejubeln, macht sich die Krise wegen des langen Vorlaufs bei den Aufträgen erst jetzt in den Zahlen der Windmühlenbauer und ihrer Zulieferer bemerkbar. Die Aktie von Marktführer Vestas hat dieses Jahr schon mehr als 30 Prozent an Wert verloren. 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Langfristig aber, da sind sich die Experten einig, wird der Markt wieder wachsen – vor allem, weil das politisch in vielen Teilen der Welt so gewollt ist und daher gefördert wird. Einer Studie der HSH Nordbank zufolge wird sich die Leistung von Onshore-Windparks an Land und Offshore-Anlagen im Meer weltweit von knapp 160 Gigawatt Ende 2009 in zehn Jahren mehr als verdreifachen. „Wir erwarten gute Wachstumsschübe von Offshore, aber es gibt auch Onshore noch genügend Wachstumsmärkte, zum Beispiel Skandinavien, Portugal, Frankreich und vor allem weiter Richtung Osten“, sagt Thomas Richterich, Chef des Anlagenbauers Nordex. Auch die USA würden irgendwann wieder ein wichtiger Markt. Die Frage ist, wer am künftigen Wachstum teilnimmt. Neben etablierten Herstellern wie Vestas, Nordex, Repower, Siemens und GE sind Dutzende kleinere Firmen entstanden. Vestas und Nordex haben große Fabriken in den USA und in Asien gebaut. Hinzu kommen die Kapazitäten neuer chinesischer Rivalen. Die Nachfrage ist geschrumpft, das Angebot wächst. Das führt zu einem grundlegenden Wandel des Marktes, heißt es in einer Studie der Beratungsfirma Roland Berger: Die Großkonzerne werden demnach profitieren, weil sie mehr produzieren und günstiger sind. Zudem helfe die Finanzkraft der Mutterkonzerne durch die Krise. Neben den Großkonzernen bleibe nur Platz für kleinere lokale Anbieter, vor allem in China. Für die Mittelgroßen – für Nordex, Gamesa, Repower – werde es schwer. Die Branche hofft, dass zumindest der Tiefpunkt der Nachfrageschwäche inzwischen überwunden ist: „Wir sehen jetzt wieder Licht am Ende des Tunnels“, sagt Stephan Ritter, Europachef des Geschäfts mit erneuerbaren Energien bei GE. „Projekte, die sich verzögert haben, nehmen jetzt wieder Schwung auf. Neue Projekte werden geplant, und wir bekommen wieder mehr Aufträge.“ Auch Nordex und Vestas vermelden mehr Neubestellungen. Allerdings hakt es noch immer bei den Banken, gerade in Europa: „Es gibt einige Kunden, die sich noch sehr schwertun, die Finanzierung zusammenzubekommen“, sagt Nordex-Chef Richterich. Und auch die Naturgewalt ist weiter störrisch – 2010 weht erneut weniger Wind als normal. Es gibt aber noch Hoffnung, sagt HSH-Banker Ulrich: „Wir brauchen eben einen stürmischen Herbst.“ Deutschland: Platzmangel und Offshore-Skepsis Der deutsche Markt ist nach Jahren des Booms inzwischen klein, liefert aber dank der gesetzlichen Vergütung für jede Kilowattstunde Windstrom sichere Erträge. Für das Jahr 2010 erwartet die Branche einen Zubau von Anlagen mit einer Leistung von rund 1800 Megawatt. Dass die Windkraft nicht schneller wächst, liegt vor allem am Offshore-Markt, der sehr schleppend anläuft. Es gibt erst einen Hochseepark, das Testfeld Alpha Ventus in der Nordsee. Banken und Betreiber sind skeptisch, ob die Einspeisevergütung für den Windstrom auf der See angesichts der aufwendigen Bedingungen hoch genug ist. Außerdem ist die Finanzierung für die meist rund 1 Mrd. Euro teuren Projekte sehr schwer. Das Angebot an guten Standorten an Land wird langsam rar. Die Branche setzt zwar auf das sogenannte Repowering, also den Ersatz alter Anlagen durch neue, bessere. Aber dabei hemmen rechtliche Hürden, etwa, dass jedes Mal eine neue Baugenehmigung eingeholt werden muss. Außerdem reicht Repowering nicht, um den abnehmenden Zubau Onshore zu kompensieren. Europa: Klimaziele kurbeln den Markt an Europa hat sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt und muss dazu die Energieversorgung umbauen. Bisher hat die Windkraft nur einen Anteil von 3,3 Prozent an der Stromerzeugung. Das soll mehr werden, weil die bislang im Energiemix dominante Wasserkraft kaum noch auszubauen ist. Bis 2020 werden laut dem europäischen Branchenverband EWEA Turbinen mit 40 Gigawatt Leistung Offshore installiert – und rund 190 GW an Land. Damit sollten dann bis zu 17 Prozent des europäischen Verbrauchs durch Wind erzeugt werden. Fast ein Viertel der 2009 in Europa neu installierten Kapazität wurde in Spanien realisiert. Offshore hat Großbritannien mittlerweile Dänemark den ersten Rang abgelaufen, etliche weitere Parks rund um die Insel sind schon genehmigt und werden zum Teil von deutschen Energieversorgern wie RWE gebaut. Große Hoffnungen machen sich die Windanlagenhersteller auch wegen der osteuropäischen Länder, etwa Polen. Die HSH Nordbank rechnet mit einem durchschnittlichen jährlichen Bestandswachstum von 38 Prozent in Polen. USA: Unsteter Hoffnungsträger In den USA war 2009 für die Windkraftbranche ein Rekordjahr. Anlagen mit einer Leistung von fast zehn Gigawatt gingen ans Netz. Mit 35 Gigawatt Gesamtleistung haben die USA Deutschland als Marktführer überholt. Damit sie ihr Ziel erreichen, bis 2030 20 Prozent des Stroms aus Wind zu erzeugen, müssen aber Anlagen mit einer Leistung von 300 Gigawatt stehen. Ein Großteil kann an Land gebaut werden, die Standorte sind längst nicht ausgeschöpft. 2010 verläuft aber äußert schleppend – was an der staatlichen Förderung liegt: Die USA haben anders als Deutschland keine Einspeisevergütung, sondern gewähren Steuergutschriften für Investitionen in erneuerbare Energien. Diese werden aber immer neu festgelegt, 2009 geschah das erst im Oktober. Weil die Investoren erst abwarten wollten, wie hoch die Gutschrift ist, verzögerten sich die Neubauprojekte 2010. Weil die USA von Öl- und Gasimporten unabhängiger werden wollen, ihr Energiebedarf aber immens ist, macht sich die Branche große Hoffnungen. Vestas und Nordex haben in riesige Fabriken investiert. China: Abgeschotteter Riesenmarkt Der chinesische Windmarkt boomt, weil die Regierung die Energieversorgung nicht komplett auf Kohle und Atom ausrichten möchte. 2009 hat das Land laut der Internationalen Energieagentur erstmals die USA als größter Energieverbraucher abgelöst – und mit 13,8 Gigawatt so viele Windanlagen gebaut wie sonst kein Land der Welt. Genaue Prognosen traut sich für China kaum jemand abzugeben, weil der Zubau so stark von der staatlichen Förderung abhängt. Allerdings rechnen fast alle Experten mit weiterem Wachstum. Zum Problem könnten die schlechten Stromnetze werden, die die schwankende Windstromeinspeisung bisher nicht aushalten können. Die Regierung plant, bis 2020 eine Reihe von Großprojekten zu realisieren, die größten sind 10.000 Megawatt-Parks unter anderem in der inneren Mongolei. Den Markt teilen die rund 80 chinesischen Anlagenbauer fast allein unter sich auf. Der Regierung ist wichtig, dass die Anlagen in China produziert werden. Nordex hat ein Joint Venture in dem Land, das meiste Geld wird jedoch von chinesischen Unternehmen verdient.
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