Von Karsten Stumm
Der Bezahlfernsehsender Premiere ist zum Liebling der Anleger avanciert: Gleich am ersten Handelstag sind seine Aktien ungewöhnlich begehrt. Doch manche Experten bezweifeln, dass der Höhenflug lange weitergeht.
Frankfurt am Main - Der Bezahlfernsehsender Premiere Chart zeigen hat einen erfolgreichen Börseneinstand gegeben. Die Premiere-Aktie startete am Mittwoch mit 30,50 Euro in den Handel. Damit legte sie gegenüber dem hohen Ausgabepreis von 28 Euro noch einmal kräftig zu. "Mein geheimer Wunsch, dass der erste Kurs über 30 Euro liegt, ist in Erfüllung gegangen. Ich bin sehr glücklich. Das ist ein Traumstart", kommentierte Premiere-Chef Georg Kofler noch auf dem Frankfurter Parkett das Börsendebüt.
Die Aktie kletterte im weiteren Verlauf sogar bis auf 31,48 Euro, bröckelte dann jedoch wieder ab. Finanzexperten erhoffen sich von dem bislang größten Börsengang eines deutschen Medienunternehmens Signalwirkung für weitere Firmen, die an die Börse gehen wollen.
Karl Fickel beispielsweise glaubt, dass der Premiere-Börsengang den gesamten deutschen Aktienmarkt in Schwung bringt. "Dass überhaupt wieder ein größerer Börsengang bei uns klappt, ist bemerkenswert positiv", sagte der Partner der bankenunabhängigen Fondsgesellschaft Lupus Alpha zu manager-magazin.de. Und Heino Ruland, Marktanalyst beim Brokerhaus Steubing, ergänzt: "Man sieht, dass der Markt durchaus aufnahmefähig ist für Börsengänge. Das ist ein wichtiges Signal für die Erholung des Neuemissionen-Marktes." Mehr noch: Es scheint auch ein mächtiges Signal zu sein.
Der heutige Börsengang von Premiere ist mit seinem Volumen von knapp 1,8 Milliarden Euro der größte, seit sich die Postbank im Juni 2004 auf das Frankfurter Börsenparkett gewagt hatte. Und: Die Premiere-Aktien waren nach Angaben des Unternehmens mehr als zwölffach überzeichnet, obwohl der Ausgabepreis am oberen Ende der angekündigten Spanne von 24 bis 28 Euro pro Aktie gelegen hatte. Das allerdings lässt manche Experten an den Börsenaussichten speziell vieler Kleinanleger zweifeln, die sich heute für Premiere-Aktien entschieden haben.
"Es kommt einem schon etwas mulmig vor, wenn einzelne Werte, wie jetzt Premiere, zigfach überzeichnet sind", sagte der Finanzexperte Wolfgang Gerke. "Da ist wohl ein großes Brimborium um Premiere gemacht worden." Solche Ausreißer gäbe es aber immer wieder, und sie sind nach Meinung des Professors der Universität Erlangen-Nürnberg kein Zeichen für einen insgesamt überhitzten Markt. Im Gegensatz zur Börseneuphorie zur Jahrtausendwende etwa, gäbe es heute viel weniger Privatanleger. Auch bei Premiere macht der Anteil der Kleinanleger an den neuen Aktionären des Unternehmens gerade einmal 30 Prozent aus.
Premiere-Chef Kofler erwartet nach dem geglückten Börsengang des TV-Senders, dass seine Firma noch in diesem Jahr in den Nebenwerteindex MDax Chart zeigen aufgenommen wird. "Wir hoffen, dass wir in der zweiten Jahreshälfte reinkommen", sagte Kofler.
Bis dahin, im Juni, lässt sich nach Meinung von Lupus-Alpha-Partner Fickel womöglich auch schon mehr über die Geschäftsaussichten des Unternehmens sagen. "Es wird auch für den Börsenkurs des Unternehmens entscheidend sein, wie es bei Premiere Quartal für Quartal weitergeht", meint Fickel. Und da ist der Wertpapierexperte recht optimistisch.
"Man muss im Blick haben", sagt Fickel, "dass Premiere schon eine gewisse Historie hinter sich hat: vor 14 Jahren auf einer riesigen Euphoriewelle gestartet, zwischenzeitlich schon einmal fast pleite und jetzt wieder da." Mit dem Unterschied, dass sich womöglich das Umfeld für die Firma positiv gewandelt habe. "Digitalisierung ist jetzt überall ein Thema, und da gehört Premiere quasi zu den Vorkämpfern."
Doch hat sich das Umfeld für Premiere wirklich schon gewandelt? "Ich bin da skeptisch", kontert beispielsweise Marcus Stigler, Fondsmanager bei Deutschlands zweitgrößter Fondsgesellschaft Deka Investment. "In Deutschland hat inzwischen fast jeder Haushalt Kabel oder Satellit und damit ein vernünftiges Programmangebot. Ich weiß nicht, wie Premiere unter diesen Umständen langfristig ein Fünftel der deutschen Haushalte erreichen will". Und die braucht Premiere, um seine langfristigen Wachstumsziele zu erreichen.
Im Jahr 2004 hat der Sender immerhin erstmals in der 14-jährigen Unternehmensgeschichte operativ schwarze Zahlen geschrieben, unterm Strich blieb dennoch ein Millionenverlust. In diesem Jahr soll es besser werden. Premiere-Chef Kofler will die Umsatzgrenze von einer Milliarde Euro erreichen und die Verlustphase hinter sich lassen. Gleichzeitig soll mit 3,25 Millionen Premiere-Abonnenten zum Jahresende erstmals die Drei-Millionen-Kundenschwelle überschritten werden. Durch die Ausgabe von zwölf Millionen neuen Aktien fließen dem Sender nach eigenen Angaben netto mindestens 308 Millionen Euro zu, die Börsenkapitalisierung wird bei 2,3 Milliarden Euro liegen.
Ins Leben gerufen hatte das Abo-TV einst der Medienunternehmer Leo Kirch. Er investierte Milliardensummen in das Projekt. Die hohen Verluste im Bezahlfernsehen waren schließlich einer der Hauptgründe für den Zusammenbruch der Kirch-Gruppe.
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