Israel fürchtet Blairs Einfluss auf Bush
Blair trifft Bush, und schon fordert der US-Präsident die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaats innerhalb der nächsten drei Jahre. Israel vermutet dahinter den Einfluss von Tony Blair - und warnt, der britische Premierminister solle "nicht zu weit" gehen. Jerusalem - Es sei "besorgniserregend und empörend", auf welche Weise der britische Premierminister den Irak-Krieg mit der Situation in Israel in Verbindung bringe, sagte der Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, Yoav Biran dem britischen Botschafter Sherard Cowper-Coles.
Blair hatte den Nahost-Konflikt als Hauptgrund für das Auseinanderdriften der westlichen und islamischen Welt bezeichnet. Dessen Lösung sei der nächste Schritt für Amerikaner und Briten nach Ende des Irak-Kriegs. Langfristig könne nur die Schaffung eines palästinensischen Staates Frieden in Nahost garantieren.
Auch die Anschuldigungen des britischen Außenministers Jack Straw weise Israel entschieden zurück, sagte Biran. Straw hatte dem Westen vorgeworfen, sich heuchlerisch zu verhalten. Einerseits solle der Irak zur Umsetzung von Uno-Resolutionen gezwungen werden, Israel aber dürfe gegen ebensolche verstoßen, ohne dass die Staatengemeinschaft reagiere.
Israel fühlt sich in seiner Sorge um Blairs Einfluss auf Bush bestätigt durch die Aussage des US-Präsidenten, der Plan zu einem Frieden zwischen Israel und den Palästinensern werde bald veröffentlicht. Die USA, betonte Bush, hielten an den einmal gefassten Beschlüssen fest und forderten mit Nachdruck die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates innerhalb der nächsten drei Jahre, und zwar weitaus größer und eigenständiger, als der israelische Premierminister Ariel Scharon es plant.
Scharon, der auf die Unterstützung der Amerikaner angewiesen ist, kann sich einen Boykott der amerikanisch-britischen Pläne nicht leisten. Die israelische Regierung hatte jedoch in den vergangenen Monaten alles versucht, deren Umsetzung hinauszuzögern. Mit Erfolg: Dreimal haben die USA Israel Aufschub gewährt. Zudem hat Israel mehr als 100 Zusätze zum Abkommen eingereicht, von denen viele darauf zielen, Palästinensern keinen unabhängigen Staat zu garantieren, sondern nur eingeschränkte Souveränität zuzubilligen.
Bis vergangene Woche habe Scharon geglaubt, einen unabhängigen Staat Palästina auf diese Weise verhindern zu können, schreibt die britische Zeitung "The Guardian". Bushs jüngste Ankündigung aber habe ihn "vollkommen überrumpelt": Sobald ein palästinensischer Premierminister eingesetzt sei, stehe einem unabhängigen Staat nichts mehr im Wege. Eine deutlich härtere Haltung des amerikanischen Präsidenten, hinter der Israel den erstarkten Einfluss Blairs vermutet.
Der ehemalige israelische Botschafter in Washington, Zalman Schoval, warnte, Blair sei "realistisch genug, um einschätzen zu können, dass ein fester Zeitplan gefährlich ist". Immer wenn jemand versucht habe, einen solchen umzusetzen, habe sich die Lage in Israel wieder verschärft. "Blair wird wissen, wann er zu weit geht", meint Schoval.
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